DrachenKind: Gegen die Finsternis (German Edition)
mich dann verteidigen?“
„Du musst dich innerlich verwandeln, aber du kannst nicht seine Gestalt annehmen. Was hast du gefühlt?“
Eric überlegte kurz und sah die Haustür an. Es war immer noch da und es kam wieder näher. Er konnte etwas hören, es war wie eine leichte Brise, kühl und lebendig. Er sah einen Schatten hinter dem Glasfenster der dicken Holztür.
„Könnt ihr es nicht sehen?“ „Nein“, keuchte Mia, „aber wir können es jetzt auch merken, er hat eine Gestalt angenommen…Ich befürchte, diesmal ist es ein echter Wächter. Bleibt von der Tür weg!“
Erics Knie begannen zu zittern. Wie sollte er sich denn verteidigen, wenn er ihn weder ansehen noch sich verwandeln durfte? Mia und Jack wurden immer steifer. Erics Herz raste. Es gefiel ihm nicht wirklich, dass vielleicht er daran schuld sein könnte, wenn sie starben. Mias Gedanken verstummten. Der eben noch warme Sommerwind blieb stehen und die Kälte stieg in ihm hoch. Zu langsam. Er war zu langsam. Vielleicht sollte er sich jetzt besser entscheiden, ob er trotz Mias Warnung auch die Gestalt des Drachen annehmen sollte, immerhin konnte er sie beide dann von hier fortschaffen. Doch in genau dem Augenblick wurde der Schatten hinter der Tür immer dunkler und Erics Inneres begann sich zu verkrampfen. Er entschloss sich die Augen offen zu halten. Er konzentrierte sich wieder auf seine Mitte, auf den tiefblauen Drachen in sich, auf die wallenden Hitzewellen nach der Verwandlung. Er stellte sich vor, wie er die Eigenschaften des Tieres übernahm, ohne seine Gestalt anzunehmen, auch wenn er sich so kaum körperlich wehren konnte. Deutlich langsamer als letztes Mal, breitete sich wieder die Blaue Feuerkugel in seinem Inneren aus. Sie vertrieb mit einer Urgewalt die Kälte aus Seinen Gliedern und er konnte sich wieder bewegen. Seine Sinne schärften sich wieder, noch mehr als sie es nach der ersten Begegnung mit sich selbst schon getan hatten. Er fühlte sich sicherer, beschützt von der angenehmen Hitze, die ihn mit ungeahnter Energie füllte.
Die Haustür blieb verschlossen, stattdessen glitt der Schatten einfach durch sie hindurch. Eric erkannte, dass es wenig Sinn gemacht hätte, sich zu verwandeln. Nicht einmal ein Drache wie er hätte etwas mit einem in der Luft schwebenden Haufen Rauch anfangen können. Der Wächter sah wie eine schwarzbraune, dichte Wolke aus, die sich stetig veränderte und einem förmlich das Licht aus den Augen riss. Alles in seiner unmittelbaren Nähe verschwamm zu dunklen Formen, als würde es plötzlich nicht mehr vom Licht der Umgebung getroffen. Dann verbreitete sich das Gebilde plötzlich und schloss sie alle drei ein wie ein lautloser Sandsturm. Doch von den Augen des Wächters war nichts zu sehen. Mit einem Mal formten sich in Erics Gedanken die Bilder zweier Augenpaare, die fast einen Meter über ihnen nebeneinander in der Luft schwebten. Eric schloss die Augen, um sich besser konzentrieren zu können. Er musste sich anstrengen, um nicht von den beiden Wächtern eingefangen zu werden, ihre roten Augen blendeten ihn wie Scheinwerfer in einer Disco und in ihrer Mitte die winzigen Pupillen, die so klein waren, dass sie fast mit dem stechenden rot drum herum verschwammen.
Eric verschloss seine Gedanken. Ihm wurde schlecht. Die Wächter manipulierten ihn. Sie zeigten ihm Bilder von Jack und von Mia, wie sie beide sich auflösten und sich vor Todesqualen die Seele aus dem Leib brüllten. Jack wurde von einem der Wächter eingehüllt und Eric sah ihn wachsen und immer größer werden, seine Augen lösten sich gewaltsam aus seinem Kopf und verschwanden, bis er sich zu einer Wolke auflöste und selbst zu einem dieser Wesen wurde. Mia hingegen wehrte sich, sie versuchte ihre Gedanken zu verschließen, damit die Wächter nicht an ihre tiefsten Ängste und Geheimnisse herankamen. Eric sah Mias Gedanken aufleuchten, das Heim mitsamt allen Angestellten und Einwohnern in Flammen aufgehen. Er konnte jeden einzelnen bei lebendigem Leibe verbrennen sehen und spürte ihre Schmerzen, ohne Ausnahme. Er war kurz davor sich zu vergessen.
Die Wächter ließen ihn irgendwie wissen, dass er die Wahl zwischen seinem eigenen Leben und dem der gesamten Einwohner des Heims hätte. Entweder er opferte sich selbst, oder sie alle würden noch viel langsamer und grausamer sterben, als sie es ihm gezeigt hatten. Eric kämpfte gegen den Drang an, sein Leben jetzt auf der Stelle zu beenden, ganz gleich wie. Er konnte die tiefe und kräftige
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