DrachenKind: Gegen die Finsternis (German Edition)
himmelblauen Vorhang verschlossen werden konnte. Eric setzte sich auf die Kloschüssel und wartete, dass Jack fertig würde. Da entdeckte er auf dem Regal über dem riesigen Granitwaschbecken, welches fast einem Taufbecken ähnelte, zwei kleine Becher, in jedem steckte eine Zahnbürste. Er kicherte. Seath schien an alles zu denken. Bestimmt hatte sie die irgendwie aus der anderen Welt hergeschafft. Er ging hin und betrachtete sie eingehend. Seine rote und Jacks grüne, nur nagelneu. Irgendwie war hier alles so ähnlich wie in der normalen Welt, und gleichzeitig in vielerlei Hinsicht weiter davon entfernt als vieles, was Eric sich in dem Moment vorstellen konnte. Gedankenverloren nahm er sich die Tube Zahnpasta, welche neben den Bechern stand, und begann sich die Zähne zu putzen.
Jack summte hinter dem Vorhang irgendwelche Melodien, die keiner kannte. Er war ein grauenvoller Sänger, und Melodien erfinden war auch nicht seine Stärke. Dennoch gefiel es Eric, er freute sich immer wenn Jack glücklich war, und sein Gesang war ein deutliches Zeichen. Gerade als er fertig wurde, zog Jack den Vorhang zurück und winkte ihn heran. Als er die Zahnbürsten entdeckte, verdrehte er die Augen.
„Mist“, sagte er, „ich hatten hofft ich nicht müssen putzen…Keine Lust!“
Eric grinste.
„Ich bitte dich einfach es zu tun, sonst kommen Karius und Baktus, weißt du ja…“
Jack wusste genau, dass Eric Recht hatte, aber sein Kommentar brachte ihn leicht auf die Palme. Einmal war eine Zahnärztin in ihrem Heim gewesen und die hatte sich den kleinen Jack als Versuchsperson geschnappt und ihm minutenlang im Mund herumgewühlt, um den anderen Kindern alles zu zeigen, was man da so finden konnte. Und ständig laberte sie was von Karius und Baktus. Jack hasste diese Erinnerung so sehr wie die beiden Namen. Eric stieg in die Dusche und zog den Vorhang vor. Er hörte erleichtert, wie Jack sich wütend und innerlich protestierend die Zähne putzte. Dann drehte er an den alten Hähnen und das warme Wasser ergoss sich wohltuend über ihn. Die Seife, sie roch nach Zitrone, prickelte angenehm auf der Haut. Er wusch sich gründlich, immerhin hatte er das zwei Tage lang nicht getan. Als er fertig war, schüttelte er seine lange Mähne. Vielleicht mal zum Haareschneiden, oder jetzt wirklich einen Pferdeschwanz. Das wurde langsam zu viel. Die kleinen Wassertropfen prallten hundertfach gegen die Marmorplatten und Eric hörte jeden einzelnen von ihnen zerspringen, spürte die kurzen, weichen Vibrationen ihrer Kollisionen.
Jack riss schwungvoll den Vorhang beiseite und schmiss Eric sein Handtuch ins Gesicht. Dann wartete er, bis sein Freund sich abgetrocknet und angezogen hatte.
„Meinst du, dein Schwert sollen mit?“
„Nein, ich denke nicht…Sie wird ja wohl kaum in ihrem Büro mit uns trainieren wollen, oder?“
Eric rieb sich die Haare halbwegs trocken und hängte das Handtuch wie Jack über die Stange des Duschvorhangs.
Als sie nach kurzer Zeit vor der mittleren Tür in der Vorhalle standen, rupften Eric und Jack sich noch einmal ihre Gürtel zu Recht, dann marschierten sie gespielt wichtig durch den Gang zur letzen Tür. Eric klopfte, Mia öffnete. Seath saß schon am Tisch, eine Karte vor sich ausgebreitet. Als die beiden eintraten, sah sie kurz auf und lächelte.
„Schön, dass ihr so schnell seid. Wir werden heute einen kleinen Ausflug machen, mitten in den Ewigen Wald, zu den Kräuterwiesen. Bitte seht euch die Karte an.“
Mia wünschte ihnen einen guten Morgen, dann setzte sie sich neben Seath und studierte genau wie sie die Karte. Eric sah in ihren Gedanken, dass sie jeden Quadranten der Karte systematisch auswendig lernten. Er bewunderte ihre Disziplin und als er sich die Karte ansah verstand er, warum sie es taten. Sie zeigte in feinsten Zeichnungen den Wald, seine Hügel und Seen, jede Einzelheit, die man nur mit einer Feder zeichnen konnte. Eric schloss die Augen. Aus all den Blicken, die er mittlerweile hatte über die Karte schweifen lassen, musste sich doch ein Bild zusammensetzen lassen…er rief sich das Gesehene in Erinnerung, die Karte tauchte vor seinem inneren Auge auf, wurde immer schärfer, als würde er an einem Objektiv vor seinen Augen herumstellen. Die Karte war gespeichert.
„Nicht schlecht. Manchmal beneide ich die Drachen um ihre Gedächtnisse. Sie vergessen nichts, auch wenn sie es manchmal nicht merken. Es soll vorkommen, dass in ihren Erinnerungen Informationsschätze liegen, welche ihnen
Weitere Kostenlose Bücher