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Drachenkinder

Drachenkinder

Titel: Drachenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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kleine bunte Blumensträußchen auf Lehrerpulten standen.
    Ganz zu schweigen von den Witwen und Waisen: Vorher nacktes Elend auf dem kargen Wüstenboden des Flüchtlingslagers, verdreckte, traumatisierte Kinder, glanzlose Augen. Nachher eine Familie im Hof oder Garten eines einfachen, aber zweckmäßigen Hauses.
    Und dann natürlich die Brücke: Vorher ein reißender brauner Fluss, brachliegende Felder im Hintergrund. Nachher Bauern, die mit ihren Gerätschaften und Eselskarren hinübereilen.
    »Nur drei neu zugezogene Witwen mit ihren Kindern haben noch kein Dach über dem Kopf«, beendete ich unseren Vortrag. »Es wäre toll, wenn wir noch drei Paten für sie fänden.«
    Suchend sah ich mich um. Eine fein gekleidete Dame in der vorletzten Reihe hob die Hand, an der kostbare Ringe und Armbänder funkelten.
    »Ich würde gern für alle drei die Patenschaft übernehmen.«
    Dadgul und ich strahlten uns überrascht an. »Das würden Sie wirklich tun? Das wäre wirklich großartig, denn sie sitzen mit ihrem je ein Dutzend Kindern buchstäblich auf der Straße.«
    »Wissen Sie, der liebe Gott hat es immer gut mit mir gemeint«, sagte die Dame hörbar gerührt. »Ich möchte etwas davon zurückgeben.«
    »Ja, dann dürfen wir Sie nachher unter vier Augen …?«
    »Kommen Sie in meine Villa. Sie sind herzlich zum Tee eingeladen.«
    Die Dame hieß Frau Blank und war selbst Witwe. Sie gehörte der Religion der Bahai an und hatte ein sanftes, freundliches Gemüt. Ihr Mann, ein wohlhabender Gutsbesitzer und Pilot mit eigenem Flugzeug, war vor Kurzem gestorben. Die beiden hatten ein Leben im Luxus verbracht und waren kinderlos geblieben. Elfi Blank wusste gar nicht wohin mit ihrem Geld und ihrer Güte.
    »Das wäre auch in Christians Sinne gewesen«, sagte die nette Frau Blank und stellte uns in ihrer Villa einen Scheck über fünfzehntausend Mark aus. »Geben Sie den Witwen dort ein Dach über dem Kopf, und schicken Sie deren Kinder in die Schule!«
    Dadgul und ich tauschten einen verblüfften Blick. Dann fielen wir uns vor den Augen der netten Hausherrin in deren marmorvertäfeltem Flur um den Hals. Gemeinsam tanzten wir in ihrer Halle herum.
    »Ach, was freut mich das, wenn Sie sich so freuen!«, sagte die nette Elfi. »Sie können jederzeit auf mich bauen, wenn mal wieder Not am Mann ist!«
    »Mal wieder?«, fragte Dadgul, als wir später im Auto saßen.
    »Not am Mann?«, wiederholte ich im gleichen Ton.
    »In Afghanistan ist ständig Not am Mann«, sagte Dadgul kopfschüttelnd.
    »Und erst Recht Not an der Frau«, fügte ich hinzu.
    »Aber das wollen wir der Elfi lieber schonend beibringen.« Ich sah in den Rückspiegel.
    »Sie ist ja noch neu im Verein. Was zuckst du denn immer so zusammen, Dadgul?«
    »Ach, ich kann einfach nicht mit ansehen, wenn eine Frau Auto fährt …«
    Ich fuhr rechts ran, stieg aus und warf ihm den Schlüssel zu. »Da, du bist dran!«
    »Sag mal, Dadgul, wieso musst du schon wieder neue Unterhosen kaufen? Wir haben dir doch ein Dutzend Männerunterhosen mitgegeben beim letzten Mal!«
    Dadgul stand da etwas unschlüssig herum, kaute mit seinen wenigen verbliebenen Zähnen auf dem, was von seiner Lippe übrig geblieben war und sagte dann ziemlich verlegen: »Die hat Kandigol sich unter den Nagel gerissen.«
    »Deine Frau hat sich deine Unterhosen unter den Nagel …?«
    Dadgul verdrehte die Augen. »Wir KENNEN in Katachel keine Unterwäsche!«
    »Äh … Nein?«
    »Genau. Nein.«
    »Und die zwölf Herrenunterhosen von Schießer vom letzten Mal …«
    »… hat sie sich einverleibt. Also, angeleibt: angezogen.«
    »Aber es gibt doch Damenunterwäsche …«
    »Mama!« Dadgul hielt sich die Ohren zu. »Lalalalaaaa! Ich höre nichts!«
    Ich sah zu Boden. »Entschuldigung. Ich hatte vergessen, dass das nicht dein Lieblingsthema ist.«
    »Okay, Mama. Jedenfalls brauche ich jetzt neue Unterhosen.«
    Also fuhren wir los nach Wolfsburg. Dadgul parkte sehr geschickt in der Innenstadt ein. Na ja, für afghanische Verhältnisse sehr geschickt. Mein alter Golf quietschte am Bordstein.
    »Und was ist mit Bettwäsche?«, wollte ich wissen.
    Kopfschütteln.
    »Ihr habt keine …«
    »Nein. Wir haben nur Decken.«
    »Mensch, Scheiße, Dadgul. Dass ich daran nicht früher gedacht habe!«
    Wir betraten das Wäschegeschäft. »Soll ich jetzt von Vereinsgeldern zweihundert Garnituren Frottee-Bettwäsche bügelfrei mit Zipp …?«
    »Quatsch, Mama. Besser, du gibst mir zwei Garnituren mit …« Dadgul zupfte bereits an

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