Drachenklänge
war indessen nicht seine Mutter, und als Falloner sich wie gewohnt neben Robinton setzte, flüsterte er ihm zu, Carola könne S'loners Weyrlinge nicht leiden.
»Sind Weyrlinge denn nicht junge Drachen?«
»Ja«, bestätigte Falloner und zog die Nase hoch.
»Aber uns nennt sie so. Und es ist nicht als Kompliment gemeint. Carola kann nur Mädchen in die Welt setzen. Sie hat noch keinen einzigen Knaben geboren.«
Robinton nickte und verzichtete wohlweislich darauf, weitere Fragen über den Weyr zu stellen. Außerdem wurde ein vorzügliches Essen serviert. Selbst für die Kinder gab es besondere Leckereien, frisches Obst und andere Delikatessen, von Nerat mit Drachen eingeflogen.
In ehrfurchtsvollem Staunen hatte Robinton zuge—
schaut, wie die gewaltigen Kreaturen zuerst ihre Reiter mitsamt dem Gepäck im Burghof abluden und sich 153
dann erneut in die Lüfte schwangen. Auf den höchsten Klippen der Felsenfestung, den Feuerhöhen, ließen sie sich mit majestätischer Gemessenheit nieder.
Feyrith, die goldene Königin, spreizte sich genau in der Mitte der zehn anderen Drachen, die sie wie Wächter flankierten. Einen praktischen Zweck erfüllte diese Sitzordnung nicht, denn auf dem gesamten Planeten existierte kein Geschöpf, das es gewagt hätte, eine Drachenkönigin anzugreifen, geschweige denn sich mit einem kompletten Geschwader anzulegen.
Robinton fand, sie seien die schönsten Wesen, die er je zu Gesicht bekommen hatte. Aufmerksam spähten sie zur Burg hinab, und ihre Facettenaugen funkelten im Glast der untergehenden Sonne. Er hatte gar nicht gewusst, wie viele Farbnuancen von »Bronze« es unter den Drachen gab.
» Cortath? Kilminth? Spakinth? « dachte er wagemutig.
Er erhielt keine Antwort. Nun ja, vielleicht befand sich keiner von den Drachen, die früher zu ihm gesprochen hatten, auf den Feuerhöhen. Aus dieser Entfernung vermochte er die einzelnen Tiere nicht zu erkennen.
Möglicherweise unterhielten sie sich auch nicht mit kleinen Jungen, derweil sie ihre Königin bewachten.
Das abendliche Unterhaltungsprogramm war fast
noch anspruchsvoller als das vorangegangene Bankett.
Akrobaten traten auf, und ein Mann konnte verschiedene Dinge herbeizaubern und wieder verschwinden lassen – zum Beispiel holte er etwas hinter Raids Ohr-muscheln oder aus Maizellas Kleiderärmeln hervor.
Aus seinem weiten Umhang zog er den kleinsten
Hund der Welt, und unter der Kappe auf seinem Kopf kringelte sich eine winzige Tunnelschlange.
Als nach dieser turbulenten Einlage wieder Ruhe
eingekehrt war, ließ Merelan eine Gruppe von Sängern und Musikanten auftreten. Robinton gehörte dazu.
Das Lied von den Pflichten, eine der wichtigsten Lehr-154
balladen, die auf jedem Stundenplan stand, sollte zu Ehren der Gäste gesungen werden.
An den Mienen der Weyrleute sah er, dass sie mit nichts anderem rechneten. Doch über die perfekte ins-trumentale Begleitung würden sie sich wundern, desgleichen über die Qualität der Solisten.
Robinton wartete darauf, dass seine Mutter ihm ein Zeichen gab und sang die erste Strophe. Ihm entging nicht der verblüffte Ausdruck auf S'loners Gesicht. Vor diesem speziellen Publikum legte Robinton all seine Emotionen in seine Stimme.
S'loner strahlte und klopfte mit den Fingern den Takt mit, als der Chor den Refrain losschmetterte:
»Oh, preist die starken Drachenschwingen, die Mut und neue Hoffnung bringen.« Als nach dem Ende des Liedes ein donnernder Applaus ertönte, klatschte der Weyrführer am lautesten.
Danach trat Maizella ein paar Schritte vor. Robinton hörte das Geraune und Getuschel. Das Mädchen erfreute sich keiner großen Beliebtheit. Doch die Zuhö-
rer wurden angenehm überrascht. Merelan hatte mit ihrer Ausbildung ganze Arbeit geleistet. Anstatt sich herausfordernd in Pose zu stellen, wie um anzudeuten: Jetzt singe ich, und wehe, ihr hört mir nicht zu!, nahm sie bescheiden ihren Platz neben Merelan ein, die sie auf der Gitarre begleitete.
Robinton entging nicht, wie die Weyrherrin Carola in einem Zeichen von Überdruss die Augen verdrehte, bis Maizella zu singen begann. Selbst S'loner betrachtete das Mädchen wohlwollend und flüsterte Maidir etwas zu, der lächelte und mit dem Kopf nickte.
Merelan stimmte in den Refrain des vierstrophigen Liedes ein. Die Vorstellung wurde ein voller Erfolg.
Nun kam der gesamte Chor wieder zum Einsatz,
mit einem Stück, das neu war und dabei einen so mitreißenden Rhythmus besaß, dass bald die ganze Zu-155
hörerschaft im
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