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Drachenklänge

Drachenklänge

Titel: Drachenklänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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vorging!«
    »Wenn die Meister diese Melodien im Unterricht
    verwenden und die Instrumentalisten sie spielen, kannst du nicht behaupten, irgendetwas wäre hinter deinem Rücken vorgegangen«, widersprach Merelan
    ruhig und nahm ihrem Mann die Notenblätter aus
    der Hand.
    »Er hat komponiert?«
    »Ja, dein Sohn hat komponiert. Lieder.« Sie erklärte nicht, dass es sich um die ersten Stücke handelte, die Robinton als kleines Kind geschrieben hatte, und hoffte, ihr Mann würde sich nicht erinnern, wie lange er diese reizenden, fröhlichen Weisen schon kannte.
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    »Wieso wundert dich das eigentlich? Er wird in einer Harfnerhalle groß und ist von früh bis spät von Musik umgeben. Natürlich versucht er sich da als Komponist.«
    Stumm blickte Petiron von Merelan zu Robie. Er sah zu, wie seine Frau die Blätter wieder fest zusammenrollte und energisch in den Karton stopfte.
    »Du hast vor mir verheimlicht, dass er das absolute Gehör hat, dass er einen perfekten Sopran singt und Lieder schreibt?«
    » Niemand hat auch nur die geringste Kleinigkeit vor dir verheimlicht, verdammt noch mal, Petiron! « zischte Merelan böse und stieß dabei einen Fluch aus, der Robinton und Petiron gleichermaßen schockierte. Angesichts ihrer geballten, ungezügelten Wut prallte Petiron zurück. »Du wolltest einfach nichts hören und nichts sehen, hast Augen und Ohren fest verschlos-sen! Und jetzt handele endlich einmal wie ein Vater und trage diesen Karton in die Lehrlingsunterkunft.
    Für Robie ist er viel zu schwer.« Sie deutete auf den Karton und dann aus dem Fenster in Richtung der
    Schlafsäle.
    Wortlos schnappte sich Petiron den Karton und
    stakste aus dem Zimmer.
    Robinton schulterte zwei Packsäcke und wollte sich auf den Weg machen, doch seine Mutter hielt ihn
    zurück.
    »Einen Augenblick noch, Robie.« Ihr Gesicht wirkte verhärmt vor Kummer und Verzweiflung. »Ich hätte das nicht sagen dürfen. Ich hätte mich besser in der Gewalt haben müssen. Aber ich bin es Leid, ständig auf diesen Mann Rücksicht zu nehmen, seine maßlose Ichbezogenheit zu tolerieren und dich dabei zu er-niedrigen. Es geht nicht, dass er seine schlechte Laune an dir auslässt.«
    »Schon gut, Mutter. Ich verstehe.«
    203
    Merelan streichelte seine Wange. Mittlerweile war Rob beinahe genauso groß wie sie. Bekümmert schüttelte sie den Kopf, und in ihren Augen schimmerten Tränen. »Nein, du kannst es nicht verstehen, Robie.
    Aber du beweist dein gutes Herz und einen groß-
    zügigen Charakter. Bewahre dir diese Eigenschaften, Robie, sie sind ein Segen und eine Gnade.«
    Dann durfte er gehen. Seinen Vater traf Robinton nicht im Schlafsaal, doch der Karton stand auf seinem Bett. Er begann mit dem Auspacken und hoffte, seine weinerliche Stimmung und das Gefühl, etwas Bedeutsames verloren zu haben, würden vergehen, ehe die anderen Lehrlinge eintrafen.
*
    In Robintons Klasse waren sechsundzwanzig Jungen, die in drei Räumen schliefen. Er hatte das Glück, in einem Zimmer mit nur sechs Betten untergebracht zu sein. Am Abend lernte er seine Kameraden kennen, und die älteren Lehrlinge machten die Neuzugänge mit der Rang-und Hackordnung vertraut. Robinton setzte eine gelassene Miene auf, als der Sprecher der Lehrlinge, ein hoch gewachsener, gut gebauter Bursche aus Keroon namens Shonagar, eine Liste ihrer Pflichten herunterhaspelte. Er putzte die Neuen nach Strich und Faden herunter, erklärte ihnen, dass sie in der Harfnerhalle den niedrigsten Stand einnahmen, und erläuterte ihnen gewisse Gepflogenheiten und Traditionen. Dazu gehörte, dass man von ihnen verlangte, eine Nacht allein im Weyr zu verbringen, um ihren Mut zu beweisen.
    »Harfner müssen mit allen möglichen Problemen
    und Schwierigkeiten fertig werden. Harfner zu sein bedeutet nicht nur, in einer gemütlichen und sicheren Burg des Abends Lieder vorzutragen. Ihr werdet erns-204
    ten Gefahren begegnen, und ihr müsst bereits jetzt zeigen, dass ihr den Risiken gewachsen seid.«
    »Aber der Weyr steht doch schon seit mehreren Planetenumläufen leer«, protestierte der schmächtigste der Knaben, Grodon, mit vor Angst geweiteten Augen. Er schluckte krampfhaft.
    »Wir waren alle oben, Bürschchen, und du gehst
    auch hin«, beschied ihm Shonagar resolut. Dann fiel sein Blick auf Robinton, und er hob die Brauen. »Das gilt ebenso für dich.«
    Robinton hatte oft mit Shonagar Duette gesungen –
    Shonagar war ein trefflicher zweiter Tenor. Darüber hinaus konnte man sich auf seine Fairness

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