Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Titel: Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
Vom Netzwerk:
“Personalienkorrektur… Irmold Styx, Proximer auf Drachenkreuzer Ikaros.” Eine Winzigkeit hat sie gezögert, weil ihr so schnell kein Name einfiel. Der Name spielt in ihrem Plan keine Rolle, er darf nur nicht fiktiv sein. So nennt sie einfach den, der auf der Kladde vor ihr steht. Ihr nächster Fall, warum, weiß sie noch nicht, vielleicht nur eine Routinesache.
    “Beta”, flackert es auf dem Bildschirm. Bereit. Also dann, sie holt tief Luft und wischt die Bedenken beiseite. Sie ist im Begriff, einen schweren Vertrauensbruch zu begehen, der ihr mindestens fünf Jahre Bewährung in einem anderen Beruf einbringen kann. Den dürfte sie zwar frei wählen, aber sie hängt an ihrer Arbeit wie jeder Mensch, sei es die Tätigkeit als Kaderorganisator, ihr Beruf als Kreisstürmer in der Urbanidenmannschaft der Laserfechter, die wenigen Stunden als Inspirator im Nest oder die Qualifikation als Mäandergestalter in der Abteilung für suburbanide Architektur. Das sind die Eckpfeiler ihres Lebens, die das Zentrum in sich bergen. Hendrikje kratzt sich gedankenverloren den Nasenrücken, denn da hat sich plötzlich eine Frage in ihr Bewußtsein gemogelt, die sie sich noch nie gestellt hat: Was ist denn das Zentrum meines Lebens? Ergar? Wohl kaum. Der ist nicht mal Fundament oder beschützendes Dach in dieser Konstruktion, vielleicht eine sehr transparente Trennwand, oder nein, ich will ihm nicht unrecht tun, er ist ein überall anwesendes Diaphragma aus moralisch-ethischen Werten, die so kompliziert sind, daß er wohl selbst nicht so genau weiß, was er wovon warum scheidet.
    “Beta.” Die Stimme des Großen Gehirns klingt ungeduldig. Das akustische Signal ist eine Verwarnung. Zwar ohne unmittelbare Folgen, aberes erinnert an die Ökonomie der Zeit.
    “Genpool zwo-vier-neun Gamma Querstrich acht-drei, Antrag auf Optimierung der zu zeugenden Nachkommen auf römisch zwei, arabisch unterlegt”, haspelt sie die Antwort herunter. Hoffentlich geht es nicht, denkt sie und ärgert sich im selben Augenblick darüber, daß sie so schlecht vorbereitet an ihren Plan gegangen ist. Sie hätte einen Namen eingeben müssen, dessen Träger für diese Optimierung nicht geeignet ist.“Nicht stattgegeben.” Hendrikje jubelt im stillen. Jetzt hat sie das Große Gehirn gepackt! “Antragsteller willigt in Genkopplung ein. Bitte Kandidatenliste erstel
    len.” Unwillkürlich tastet sie nach der Dose mit den Quallen. Und zu ihrem größten Erstaunen formen ihre Lippen einen unhörbaren Fluch, als sie sich daran erinnert, das Behältnis abgegeben zu haben.
    “Ich weise auf die Datenschutzregelung siebenundzwanzig Delta III hin.” Das Große Gehirn spricht die Floskel wie eine Pflichtübung, eine Antwort erfordert das Reglement nicht.
    Jetzt flimmert eine endlose Reihe von Namen über den Bildschirm des Terminals.
    “Stopp!” Hendrikjes Ruf ist eine Spur zu laut und zu schrill.
    Ihr Kollege Reinold Dirtiquanz blickt kurz zu ihr herüber und spöttelt:“Wieder mal ganz bei der Sache, Henni, was? Übrigens, dein Quartausfall im Gegenangriff nach der Riposte des Freiraumläufers von Revolte null-null-acht war einmalig, du hast ihm auf einen Schlag acht Federn weggesengt, wenn ihr mehr solche Sportarbeiter hättet wie dich, würdet ihr nicht dauernd verlieren…” Hendrikje winkt nur unwirsch ab. Sie ärgert sich genug über die Serie von Niederlagen, aber jetzt gibt es Wichtigeres – dort steht der Name auf dem Bildschirm: Germelin Stotzner, Phänotyp römisch zwei, arabisch unterlegt, Genotyp acht-acht-fünf-dreineun-zwei, optimierbar.
    “Antrag auf Kopplungsgenehmigung.” Sie versucht so leidenschaftslos wie möglich zu sprechen. Es genügt, daß Reinold aufmerksam geworden ist.
    “Abgelehnt.” Die Antwort läßt sie lächeln, aber tief in ihrer Brust sticht es wieder und wird zu einem heißen Brennen. Abgelehnt! Das ist von dir geblieben, Germelin Stotzner, denkt sie wehmütig, aber du bist tot, und ich lebe, verzeih mir, Germelin, ich muß dich benutzen, und so bleibst du wenigstens einem Menschen in Erinnerung. “Begründung”, fordert sie sachlich.
    Das Große Gehirn zögert, und Hendrikje fragt sich, ob sie sich zu weit vorgewagt hat.“Zuständigkeit MOBS”, sagt das Große Gehirn schließlich. Na eben, dahinein will ich doch! denkt sie und holt Luft. Jetzt wird es mir nicht die volle Wahrheit sagen – es weiß nicht, daß ich es weiß. Ich werde das GG mit einer Riposte schlagen, aus der Defensive angreifen. Aber dazu muß

Weitere Kostenlose Bücher