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Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Titel: Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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der von diesen wissenschaftlich bewiesenen Prinzipien ausgeht und sie magisch anzieht, daß sie an diese Gesetze eher glaubt, als sie in ihrer strengen Wissenschaftlichkeit wahrhaft zu begreifen. Ganz schwach keimt der Verdacht in ihr, daß es auch anderen Leuten so ergehen könnte, daß sie großartige Lehrsätze immer im Mund führen, weil sie lediglich wissen, daß deren Gesetzlichkeit in der Praxis bewiesen wurde, nicht aber bis ins letzte Detail begreifen, was es denn nun wirklich damit auf sich hat. Ergar zum Beispiel, der auf alles eine Antwort hat und so schöne Reden halten kann, ganz anders als der Generalorganisator, mit genau bemessener Leidenschaft, geistvoll und doch verständlich, wie es einem im ersten Moment scheint, und bei dem man immer erst später begreift, was er wirklich gesagt hat. Ob es Ergar ebenso geht?
    Oder dieser Hermel Goff – weshalb gibt er sich für Dinge her, über die ihre Freunde und Bekannten mit verächtlicher Miene sprechen? Hat er wirklich die tiefe Weisheit ewiger Lehren verstanden, oder motivieren ihn die Zusatzpunkte, die angeblich in beträchtlicher Höhe vergeben werden? Es kann ihm doch keine Genugtuung sein, kranke, bedauernswerte Menschen zu jagen…
    Weshalb überhaupt dieser Rummel um die Mungos, was ist daran so gefährlich, schneller zu leben als andere Menschen? Ergar wird ihr das bestimmt erklären können.
    Hendrikje konzentriert sich auf die Diagramme. Sie kann in ihnen lesen wie in einem Buch. Es ist eine prächtige Konstruktion, dieses Kollektiv des Drachenkreuzers Ikaros: Obwohl sie damals noch unerfahren und waghalsig war, als es galt, die Mannschaft zusammenzustellen – sie hatte eine glückliche Hand. Es ist wie ein Organismus, aus den unterschiedlichsten Elementen – jedes mit seinem Antagonisten – bestehend, aber in seiner Gesamtheit eine großartige, fehlerfreie Schöpfung. Die Daten belegen das: Nicht ein einziges Mal mußte sich das Büro zur Untersuchung abweichender Verhaltensweisen mit der Ikaros befassen. Normalerweise sind Raumflieger Stammkunden dieser Institution. Die Einseitigkeit der Arbeit, durch die notwendige strenge Spezialisierung hervorgerufen, die Einsamkeit, Eintönigkeit…
    Oft schon spürte Hendrikje die Verwandtschaft ihrer Arbeit im Zentrum für Sonnenforschung mit ihrer Sportarbeit. Auch jene ist wie ein großer Wettkampf, Strategisches und taktische Erwägungen spielen eine große Rolle, ebenso das Gespür für den Zusammenhang zwischen Allgemeinem und Besonderem… Tiefe Traurigkeit befällt sie beim Gedanken an das nahe Ende ihrer ersten wirklich gelungenen Kaderorganisation.
    “Was stümperst du denn noch an der Ikarosbesatzung herum?” Reinold Dirtiquanz reckt den Hals, um auf die Anzeigen schauen zu können. Das Mattocker auf seiner etwas vorgeschobenen Unterlippe glänzt wie Bernstein, und seine passend eingefärbten Augäpfel schillern neugierig und auch ein wenig neidisch, wie Hendrikje scheinen will. “An diesem Volltreffer würde ich aber nicht mehr rumfummeln, ein vorbildliches selbstregulierendes System – da kann der geringfügigste Eingriff alles total durcheinanderbringen, und du merkst es spätestens an deinen Kontoauszügen…” Hendrikje knurrt nur. Dann aber zwingt sie sich ein höfliches Grinsen ab. “Umsetzen muß ich die – alle auf einmal. Das bedeutet jahrelange Umschulung eines ganzen Kollektivs, die haben doch von der Oszillationsfliegerei nicht den blassesten Schimmer, und Sonnensegler wird es bald nicht mehr geben…”
    Reinold schielt sie mißtrauisch an. “Sag mal, Henni…, hast du etwa eine Qualle genommen? Dein emotionaler Pegel ist heute bemerkenswert hoch.”
    “Quatsch.” Aber mit einer seltsamen Mischung aus Mißbehagen und Erstaunen stellt Hendrikje fest, daß Dirtiquanz recht hat: Sie ist ganz emotional und gründlich verärgert. “Es ist nur…, ich kann doch aus Flakkes Schiff keinen Touristenliner machen! Das kann man denen nicht antun!”
    Reinolds gelbe Augen schillern noch intensiver, als er antwortet: “Wer sagt denn, daß du eine Blockumsetzung vornehmen sollst, du kannst sie doch aufteilen…”
    Hendrikje zuckt zusammen. Das ist der Gedanke, den sie die ganze Zeit verdrängt hat. Sie soll das Prachtstück eines Mosaiks demontieren, die einzelnen Steinchen in andere Bilder einfügen, dort, wo noch Platz ist, wo sie möglicherweise sogar häßliche Lücken füllen würden!
    “Denk an die Kennziffern, Henni. Mit einer Blockumsetzung wirst du sie nicht einmal

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