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Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Titel: Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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mehr funktionieren, wenn nur ein winziges Rädchen dieser komplizierten Maschinerie die Verschleißgrenze erreicht! So also haben Ergar und Goff es gemeint. Wir werden selbst zu Mungos… Und auf einmal beruhigt es sie ein wenig, zu wissen, daß es da Leute gibt, die das Problem längst erkannt haben, und sie denkt: Vielleicht ist etwas dran an dieser Spinnerei von der Moralischen oder Psychischen Optimierung, vielleicht ist das der Weg für die Menschheit, um dem gesellschaftlichen Mungoismus zu entgehen. Aber wo ist ein Weg für Leute wie Germelin Stotzner?
    Als Hendrikje plötzlich vor dem Terminal ihres Arbeitsplatzes im Urbanidum Universum sitzt, erwacht sie wie aus einer tiefen Ohnmacht, und für Sekunden erwägt sie, sich beim Büro zur Untersuchung abweichender Verhaltensweisen zu melden, denn sie kann sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, auf welchem Weg sie ihre Arbeitsstelle erreicht hat. Doch als der mit Havariemeldungen gespickte Rapport der ersten Schicht über ihren Bildschirm flackert, verfliegt diese seltsame Anwandlung. Sieben Psychogramme der Ikarosbesatzung weisen schwere normative Defekte auf! In einem Fall besteht sogar der Verdacht, daß ein vermeintlicher Unfall tatsächlich ein Selbstmordversuch war. Sie kann es kaum fassen.
    “Beim Großen Sirius!” stöhnt Hendrikje auf. Hastig überfliegt sie die Kurven. Bei drei Besatzungsmitgliedern ließen sich die Kennziffern möglicherweise mit einem Kurzurlaub und anschließender Intensivkonditionierung ins Lot bringen, bei einem würde sogar ein simpler Datenausgleich genügen – eine harmlose und geringfügige Schwindelei, die in allen Kaderabteilungen gang und gäbe ist. Aber je mehr sich Hendrikje in die übrigen Diagramme vertieft, desto deutlicher wird ihr bewußt, daß ihr erstes Meisterwerk eine Seifenblase ist, die in Kürze zu zerplatzen droht. Ein Selbstmordversuch in der Ikarosmannschaft!
    Hendrikje ist dem Heulen nahe. Sollte sie denn wirklich so total versagt haben? Die Parameter korrelierten doch ideal, ein harmonischeres Datengefüge war kaum denkbar – und jetzt?
    Ausgerechnet in diesem Moment wünscht der Generalorganisator sie zu sprechen.
    Hendrikje spürt den Boden unter ihren Füßen förmlich zerbröckeln und weiß, daß nur noch ein kühner Sprung Rettung vor dem drohenden Absturz bringen kann. Aberschwenz empfängt sie mit unwirscher Höflichkeit. Für sie, die sie ein grauenvolles Donnerwetter erwartet hat, ist es wie eine Begrüßung mit Bruderkuß.
    “Da ist eine verdammte Schlamperei passiert, Kaderorganisator!” sagt Aberschwenz und nickt, wie um seine eigenen unklaren Worte zu bekräftigen.
    Hendrikje rutscht in sich zusammen wie ein schmelzender Zuckerhut. Es ist nur die Bö vor dem Sturm, denkt sie verängstigt.
    “Sie wissen Bescheid?” Ein wäßriger Blick trifft sie, und Hendrikje sieht, daß die Zwiebeltürmchen auf dem Schädel des Generalorganisators heute stahlblau glänzen.
    “Jawohl, General”, haucht sie kleinlaut.
    “Haltung, Hendrikje Greiff, Haltung!” fordert Aberschwenz knurrig. “Ich weiß ja, daß es nun besonders schwer für Sie wird, aber Sie werden das schon geradebiegen!” Und nach einer Weile unheilvollen Schweigens fährt er fort: “Wer konnte auch ahnen, daß irgend so ein Esel aus dem Rat für Kooperation den Ikarosleuten steckt, was wir vorhaben! Kein Wunder, daß sie durchdrehen…”
    Hendrikje atmet unwillkürlich auf. Also ist es nicht ihre Schuld! Leichter wird es dadurch zwar nicht, aber wenigstens kann man ihr nichts vorwerfen.
    “Wenn ich herausfinde, welcher Idiot… Na, lassen wir das. Haben Sie schon eine Idee, Hendrikje?” Auf einmal klingt die Stimme ihres Vorgesetzten ganz natürlich und menschlich.
    “Jetzt muß es schnell gehen”, redet er weiter, “das ist Ihnen doch klar. Wer weiß, was noch alles geschieht, wenn wir nicht bald eine Lösung finden!”
    Aberschwenz blickt sie voller Hoffnung an, und verwundert stellt sie fest, daß die scharfen Fältchen in seinen Augenwinkeln seinem Gesicht sogar den Anflug von Gutmütigkeit geben.
    “Ich habe schon eine Modifikation der Kennziffern beantragt”, sagtAberschwenz seufzend, “in dieser Situation kann man von einer Übererfüllung wohl nicht mehr sprechen…” Da wird er vom Summton der Rufanlage unterbrochen, was er mit einem zornigen Stirnrunzeln quittiert, denn der salbungsvolle Ton der letzten Worte ließ darauf schließen, daß er zu einer längeren rhetorischen Sequenz anhob.
    Hendrikje

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