Drachenland: Roman (German Edition)
der Vergangenheit gegeben haben. Die Steine enthalten nur die Erinnerungen einzelner Drachen, die acht Drachenperlen aber darüber hinaus die gesamte Geschichte der Drachenwelt. Es sind Zeugen der Vergangenheit, Ceria, und die acht Perlen sind menschlichem Denken zugänglich; durch sie können wir auch erfahren, wie sie heute leben.«
»Wie kann das sein, König Ephrion? Sind denn die Drachenperlen nicht älter als der Palast?«
»Ja«, erwiderte Ephrion, »das trifft zu für die acht, von deren Existenz wir wissen. Wenn es aber heute noch einen Herrscher der Drachen gibt, sind die acht Drachenperlen nicht untätig. Viel von ihrem Wissen ist miteinander verknüpft. Gedanken eines lebenden Drachenherrschers könnten in jeder der Drachenperlen entdeckt werden.«
Ephrion blickte auf die Schriftrolle. »Wenn Euer Traum wahr ist, Ceria, müssen wir den Stein hierherbringen. Sollte es sich um eine Drachenperle handeln, so enthält sie vielleicht die Informationen, die wir brauchen, um diesem Krieg ein Ende zu setzen.«
Ephrion stand wieder auf und ging zu einem Schränkchen in der Nähe der gewölbten Tür. Er goss aus einer Karaffe ein Getränk in ein Glas. »Ihr braucht etwas Belebendes«, schlug er vor. »Wir dürfen keine Zeit verlieren. Ihr wisst, wie schwierig Falkenwinds …«
Ephrion drehte sich um und sah, dass Ceria die Couch verlassen hatte und am Schreibtisch die Landkarten betrachtete.
»Bringt sie nicht durcheinander«, bat er.
Ceria lächelte. »Nein, ich suche nur eine Karte von der Valian-Ebene. Es ist lange her, seit ich zuletzt zu Hause war, und ich muss so schnell wie möglich hin.«
Sie nahm das Getränk entgegen und hob das Glas zu einem Trinkspruch.
»Auf dass wir die Drachenperle finden!«, sagte sie.
»Auf den Frieden«, entgegnete Ephrion leise.
Ceria nickte und leerte das Glas. Dann zog sie ihren roten Umhang enger um sich und verließ mit einer ehrerbietigen Abschiedsgeste Ephrions Zimmer, um sich auf ihre Reise vorzubereiten.
25
Die Menschen auf den Straßen in der Nähe des »Monarchenmarsches« brachen in Rufe des Erstaunens aus, als die Ebenholzkutsche der königlichen Familie vorbeifuhr – die Prinzessin saß vorn neben dem Kutscher! Evirae hielt in der Menschenmenge Ausschau nach einem kleinen Mann mit weißem Wuschelkopf.
»Einem Dutzend Männern«, rief sie, »gebe ich den Auftrag, den Fandoraner zu suchen, und keiner schafft es!« Sie warf den Kopf zurück und blickte in die Baumkronen. »Wir müssen den Fandoraner finden, bevor er den Palast erreicht!«
Hinten in der Kutsche tupfte Baron Tolchin sich mit einem kleinen blauen Seidentuch den Schweiß von der Stirn. Er blickte finster vor sich hin. »Die ganze Zeit an den Fandoraner verschwendet! Wir sollten uns mit Falkenwind befassen!«
Alora seufzte. »Es gefällt mir nicht. Sie verfolgt den Fandoraner, als handele es sich um den Rubin.«
Tolchin nickte. »Mit gutem Grund! Du hast ihn als Hindernis auf dem Weg zum Thron dargestellt!«
»Ich?« Alora versuchte, überrascht zu erscheinen.
»Kannst du dich etwa nicht erinnern? Du hast zu ihr gesagt: ›Vielleicht solltest du den Spion suchen, bevor du den Palast renovierst!‹«
Alora schüttelte den Kopf. »Ich wollte die junge Frau nur darauf hinweisen, dass zu viele Dinge noch nicht geklärt waren. Es ist sinnlos, Falkenwinds Amtsenthebung anzustreben, wenn allein die Tatsache gegen ihn spricht, dass er die Warnung vor einem Spion nicht beachtet hat.«
»Evirae interessiert sich eh kaum für deine diskreten Hinweise, meine Liebe. Sie will nur im Palast sitzen und Befehle austeilen.«
»Seit wann bist du gegen Evirae?«
»Ich bin für die Amtsenthebung Falkenwinds und dafür, dass wieder ein Mitglied der königlichen Familie den Thron besteigt. Die Prinzessin mag ihre Fehler haben, aber man kann sie lenken.«
Alora blickte ihren Gemahl vorwurfsvoll an. »Du kennst Evirae nicht. Sie wird Simbala führen, wie sie ihr eigenes Leben führt – eigensinnig und kindisch. Und im ganzen Land werden kleinliche Rivalitäten und chaotische Zustände herrschen.«
Tolchin zog den Vorhang an der Seite Aloras zurück. »Sieh dich um!«, wandte er ein. »Die Armee führt Krieg. Die Nordweldener beschuldigen uns, ihre Forderungen zu missachten. Die Fandoraner warten in den Hügeln nahe dem Wald … und im Hof des Palastes taucht ein Drache auf! Ist diese Situation unter dem Bergmann so erstrebenswert, dass du es nicht riskieren würdest, ihn durch eine Frau aus der
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