Drachenland: Roman (German Edition)
sich jenseits des Flusses fort, so weit Amsel ihnen mit den Augen folgen konnte. Ganz im Norden sah er eine weiße, glitzernde Wand.
»Es sieht anders aus, als ich erwartet hatte«, sagte Amsel, »aber eigentlich hatte ich ja überhaupt keine Vorstellung.« Er fragte sich, wohin der Frostdrache ihn führte. Es bestand nicht die geringste Aussicht, dass das Windschiff eine Landung zwischen den sägezahnscharfen Graten dort unten überstehen würde.
Als ob seine Überlegungen den Frostdrachen lenkten, begann dieser, sich etwas mehr nach Osten zu wenden. Amsel veränderte die Stellung der Ruderpinne und folgte ihm. Gleichzeitig verminderte er den Zustrom von Sindril-Gas und brachte das Windschiff nach unten, heraus aus den heftigen Luftströmungen. Der Drache flog jetzt langsamer. Amsel hatte nicht die Absicht, ihn zu überholen.
Langsam flogen sie weiter nach Norden. Amsel hatte die Ruderpinne fest im Griff. Die Landschaft blieb auf bedrückende Weise unverändert, bis Amsel in der Ferne einen hohen schlanken Gipfel aus schwarzem Basalt entdeckte. Der Fuß des Berges war in Dunst getaucht, der vermutlich von heißen Quellen ausging; dies war zweifellos vulkanisches Gebiet. Die Spitze des Gipfels war von Wolken umhüllt. Der Frostdrache flog auf den Gipfel zu; dies musste das Ziel sein. Jetzt glaubte Amsel, in dem Dunst etwas zu erspähen, was sich bewegte. Das Windschiff glitt in die lauwarmen Dämpfe, und mit zunehmender Luftfeuchtigkeit glühten die Sindril-Edelsteine heller auf. Dann hob sich der Nebel plötzlich – und was Amsel vor sich hatte, war ein Land, von dem keine Legende je berichtet hatte.
Der gewaltige Berggipfel war durchlöchert von Höhleneingängen, und in offenbar jedem einzelnen von ihnen lag, zusammengerollt wie eine Schlange, ein Frostdrache. Als Amsel näher herankam, drang ein Zischen wie aus einem Schlangennest zu ihm; er war sich nicht sicher, ob das Geräusch von den heißen Quellen kam oder von den Hunderten von Drachen, die ihn alle zu beobachten schienen. Einige kauerten auf Felsenvorsprüngen und zerrten an den Kadavern von Tieren. Andere flogen mit langsamen Flügelschlägen durch den Dunst und krächzten einander düster an.
Amsel hatte noch nie etwas so Furchterregendes gesehen; es war schrecklicher als jeder Albtraum. Ihm schauderte bei der Vorstellung, er könnte in ihre Mitte stürzen, aber er zwang sich dazu, wachsam zu sein.
Das Zischen wurde lauter. Stolz, wie in stillem Einverständnis, hoben die Frostdrachen die Köpfe. Dann entfalteten sich Hunderte von Flügeln, und die gefleckten grauen Körper stiegen in einem riesigen Schwarm von den Klippen auf.
Amsel schrie. Die Wesen waren über ihm mit einem mörderischen Gekreisch, das den Wind übertönte. Er sah entsetzt, wie sie begannen, das Windschiff zu umkreisen, aber dann erblickte er hinter ihnen etwas anderes. Als der Nebel sich über der äußersten Spitze des Berges hob, entdeckte er dort oben einen weiteren Frostdrachen, doppelt so groß wie die anderen. Seine gelben Augen waren direkt auf Amsel gerichtet.
Amsel starrte in diese Augen, gelähmt vor Furcht. Dieser Frostdrache, schwarz wie der Basalt, auf dem er saß, war nicht nur größer als die anderen. Er schien Amsel mit einer Intelligenz zu beobachten, die den anderen fehlte. Amsel vermutete, dass der dunkle Drache über die anderen herrschte. Er hörte, wie er den anderen Drachen unter ihm etwas zuschrie. Der Schrei wurde von den um das Windschiff kreisenden Ungeheuern erwidert. Amsel begann, vor Entsetzen zu weinen, als der Kreis dunkler Flügel den Segeln des Windschiffs immer näher kam.
Dann hörte das Kreischen plötzlich auf, und der größte Frostdrache erhob sich in die Lüfte. Seine Flügel waren länger und dunkler als die seiner Brüder, und während er sich vom Gipfel entfernte, kehrten die anderen in ihre Höhlen zurück.
Amsel sprang zum Ruder; die von den vielen Flügeln verursachten Luftbewegungen hatten das Windschiff zum Schaukeln gebracht. Er wollte das Schiff wenden und versuchte zu lavieren, aber die Segel wurden von den Aufwinden aus der heißen Quelle unter ihm getragen.
Amsel blickte nach oben. Der Himmel schien plötzlich leer zu sein, aber ein leises Pfeifen drang durch die Luft. Und dann griff der Frostdrache an, aus einer Höhe, in der Amsel ihn wegen der Segel nicht sehen konnte. Seine riesigen Krallen durchschnitten im Nu das zarte Gewebe eines Ballonsegels, und das Gas strömte aus.
Amsel schrie auf, als das Schiff zu
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