Drachenland: Roman (German Edition)
dich mit Gewalt festhalten würde. Ich habe ihn nur angewiesen, dich zu bitten, an diesem abgeschiedenen Ort auf mich zu warten. Ich möchte über eine dringende Staatsangelegenheit mit dir sprechen, Willen aus Nordwelden.«
Trotz der Jahre, die er als Jäger verbracht hatte, stand Willen den Methoden Oberwalds völlig naiv gegenüber.
Die Schönheit und sanfte, zarte Art dieser Frau bewegten ihn tief und weckten seine Beschützerinstinkte; gleichzeitig kam er sich selbst tölpelhaft vor. Sie führte ihn anmutig in den Schatten des jungen Baums, und sie setzten sich nieder. Mesor hatte eine Decke ausgebreitet und zog sich diskret zurück.
Willen konnte Eviraes Parfüm riechen, fühlte sich ungewaschen und hoffte, dass der Wind zu seinen Gunsten wehen würde.
»Ich brauche dein Vertrauen, Willen«, sagte Evirae ernsthaft. »Was ich dir sage, sage ich unter dem Siegel der Verschwiegenheit. Es könnte die Zukunft Simbalas bedeuten. Versprichst du mir, niemandem etwas zu enthüllen?«
Willen zögerte. »Ja?«, fragte Evirae. »Sprich offen – wir sollten diese Sache nicht mit diplomatischer Etikette belasten.«
»Hoheit, ich muss von vornherein sagen, wenn Ihr versuchen wollt, mich zu überreden, das Ultimatum zurückzuziehen, das ich Falkenwind gestellt habe …«
»Aber auf keinen Fall!«, sagte Evirae. »Ich bin im Gegenteil der Ansicht, dass Nordwelden im Recht ist. Wirst du mir jetzt zuhören?«
»Wie Ihr wünscht«, sagte Willen, völlig gefesselt von ihrem geschickten Verhalten. »Aber«, fügte er hinzu, »wenn ich bis zum Sonnenuntergang nicht zurück bin, wird die Handelssperre in Kraft treten.«
»Ich werde mich kurz fassen. Der Tod eines Kindes ist etwas Tragisches. Wenn es wirklich die Schuld der Fandoraner war …«
»Mein eigener Sohn hat die Leiche am Strand gefunden.«
»Dann sind wir in großer Gefahr«, sagte Evirae. »Ich bezweifle, dass Oberwald im Augenblick die richtige Führung hat, um mit dieser Krise fertig zu werden. Die Regierung ist durchsetzt von Leuten, die sie für ihre eigenen Zwecke benutzen wollen.«
»Was meint Ihr damit?«, fragte Willen.
»Ich meine dieses: Falkenwind und Ceria beabsichtigen, mit der Hilfe von General Vora, Simbala zu ihrem eigenen Vorteil zu benutzen, vielleicht im Bunde mit dem Südland.«
Willen starrte sie ungläubig an.
»König Ephrion«, fuhr Evirae fort, »hat schwer gelitten. Er war krank, als er Falkenwind auswählte. Er wird allmählich senil, hat weder Ehefrau noch Kinder, und Lady Morgengrau, seine geliebte jüngere Schwester, bleibt in ihrem selbst gewählten Exil in Nordwelden. Falkenwind sieht diese Dinge. Ephrion hat ihn für seinen Mut in den Minen ausgezeichnet, und er nutzte die Gelegenheit, um sich einzuschmeicheln. Nachdem sie erst im Palast waren, stand Ephrion völlig unter dem Einfluss von Falkenwind und dessen Rayanerliebchen Ceria.
Obwohl ich ein Mitglied der königlichen Familie bin, war ich zuerst nicht gegen Falkenwind, aber ich merke mehr und mehr, dass er schwach ist. Er regiert Simbala nicht, er ist eine Marionette und spricht selten zum Volk. Es ist Ceria, die die Fäden zieht, unterstützt vom General. Ein erschreckender Plan beginnt sich abzuzeichnen, Willen. Falkenwind hat zum Beispiel nichts bei früheren Auseinandersetzungen mit Fandora unternommen …«
»Verzeihung, Hoheit«, sagte Willen zögernd. »Aber … frühere Auseinandersetzungen?«
»Das ist zu kompliziert, um jetzt darauf einzugehen – du hast selbst gesagt, dass wir nicht genug Zeit haben. Ich bat dich, mir zu vertrauen, nicht wahr?«, sagte Evirae mit einem entwaffnenden Lächeln. Ohne auf eine Antwort zu warten, fuhr sie fort: »Falkenwind ist Cerias Marionette. Niemand kennt ihre genaue Herkunft, außer dass sie eine Rayanerin ist. In Nordwelden hat man schon häufiger Probleme mit Rayanern gehabt, oder nicht?«
»Das kann man wohl sagen!«, erwiderte Willen erregt. »Diebe und Vagabunden, alle zusammen! Nie für ehrliche Arbeit zu haben …«
»Genau«, sagte Evirae, ihn geschickt unterbrechend, »aber sie sind schlau, sehr schlau. Ceria hat Pläne, die durch Falkenwinds Aktionen unterstützt werden, und ich muss herausfinden, um was es geht. Und dafür werde ich Hilfe brauchen, die Hilfe eines Volkes, das sich nicht fürchtet, sein Recht zu fordern, und sei es beim Monarchen von Simbala.«
»Ich verstehe«, sagte Willen.
»Gut, gut. Denke bitte daran, dass diese Unterhaltung geheim ist, aber wenn du mit ein paar Leuten deines Vertrauens
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