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Drachenland: Roman (German Edition)

Drachenland: Roman (German Edition)

Titel: Drachenland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Reaves
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Überqueren der Straße von Balomar nicht innerhalb einer Stunde ertranken. Auch für einen Mann mit seiner Erfahrung waren die Gewässer zwischen Fandora und Simbala noch gefährlicher als die Zauberer. Er wünschte, Dayon wäre nach Kap Bage zurückgekehrt. Der junge Mann wusste mehr über die Meerenge als viele erfahrene Seeleute, weil er in seiner Unerfahrenheit den Mut gezeigt hatte, der nötig war für Fahrten in Gewässer, von denen es keine Seekarte gab. Aber Dayon war vor zwei Wochen ausgefahren und noch nicht zurückgekehrt. Tamark machte sich Sorgen.
    Die Ältesten suchten sich einen Weg durch verschlungene Bäume, Schilf, Binsen und Farn. Von Zeit zu Zeit sanken ihre Stiefel tief ein im rostfarbenem Sumpf. Nebel umgab sie und berührte sie in trägen, feuchten Liebkosungen an Kopf und Nacken. Vögel flogen plötzlich ganz in ihrer Nähe auf, und hin und wieder sahen sie etwas Großes, Undeutliches im Nebel, das sich langsam von ihnen entfernte.
    Mit Sensen durchschnitten sie Vorhänge aus Rohrkolben. Von allen Seiten umgaben sie die Geräusche des Fenns: brodelnd stiegen tückische Gase aus dem stillstehenden Wasser auf, Frösche quakten mit tiefer trauervoller Stimme, und manchmal hörten sie aus der Ferne ein solches Brüllen, dass sie die Hände mit hervorstehenden Knöcheln um die Schäfte ihrer derben Waffen ballten und stehen blieben. Je tiefer sie in den Sumpf eindrangen, uso dunkler wurde es, als sei dort im Herzen immer Abend. Sie sahen den kalten Schimmer phosphoreszierenden Lichts von faulen Holzstümpfen. Der Gestank wurde immer schlimmer, bis sie das Gefühl hatten, sie müssten sich erbrechen – widerliche, bösartige Gerüche von Zerstörung und Tod. Gelegentlich kamen sie an einem mit kleinen schwarzen Samenschoten bedeckten Busch vorbei, und als Lagow versehentlich eine dieser Schoten zwischen seiner Hand und einem Baumstamm zerdrückte, war er erstaunt über den erfrischenden scharfen Zitrusgeruch, den sie ausströmte. Danach trug jeder von ihnen eine Handvoll Schoten bei sich und zerdrückte sie, wenn die Gerüche aus dem Sumpf zu eindringlich wurden.
    Dies war das Alakan Fenn, ein ausgedehnter Sumpf, der das flache Land zwischen den Cirdulan-Bergen bedeckte. Sumpf und Berge verhinderten einen leichten Zugang vom Südland nach Fandora. Es gab eine gefährliche Handelsstraße über den Kamm der Berge, die schließlich durch den HochspitzPass ins Land herabführte. Davon abgesehen war Fandora völlig isoliert – und stolz darauf.
    Stundenlang, so schien es den Männern, kämpften sie sich auf das Innere des Sumpfes zu, schlugen nach Mücken und wischten sich immer wieder den kalten Schweiß vom Nacken. An einer Stelle biss eine rote Natter von einem umgestürzten Baumstamm aus nach Tenniel; ihre Giftzähne gruben sich in das Leder seines Stiefels, und er hüpfte erschrocken und furchtsam zurück. Tamark packte ihn an den Schultern, dann beugte er sich hinunter, ergriff die Natter direkt hinter dem Kopf und warf sie in hohem Bogen in den Sumpf.
    »Du scheinst keine Furcht zu kennen«, sagte Tenniel zu Tamark.
    »Ich habe das Gleiche mit Giftaalen gemacht, die in mein Boot gesprungen waren«, sagte Tamark. »Giftzähne erschrecken mich nicht.«
    Endlich lichtete sich der dichte Pflanzenwuchs. Der Boden stieg leicht an, und nach einer Weile befanden die vier Ältesten sich in einer öden, offenen Steppenlandschaft, die mit braunem Gras bedeckt war und übersät von kleinen stehenden Gewässern. Mitten in dieser Einöde stand eine kleine, aus Lehm, Schilf und Steinen errichtete Hütte. Vorsichtig näherten sie sich.
    Vor der Hütte schwelte ein Feuer, und daneben kauerte etwas, das wie ein Bündel aus Lumpen und Haar aussah. Nachdem er einen Augenblick lang hingestarrt hatte, erkannte Tenniel ungläubig, dass in dem schmutzigen, übel riechenden Haufen Leben war.
    Sie richtete sich aus ihrer kauernden Haltung auf und hob den Kopf, starrte die Männer an. Sie sah noch schlimmer aus, als sie erwartet hatten – verschrumpelt und alt, ihr Gesicht durchzogen von schmutzverkrusteten Runzeln und an einigen Stellen fleckig und geschwollen von irgendeiner Krankheit. Sie hob einen Arm, der wie ein in verwelkte Blätter gewickelter Stock wirkte, und richtete ihn auf die Männer.
    »Was wollt ihr?« Ihre Stimme überraschte sie. Etwas fehlte; die Hexe hatte den Ruf, allwissend und weise zu sein. Eine Andeutung davon hätte in der Stimme zu hören sein müssen – Sicherheit, Arroganz. Stattdessen war

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