Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenland: Roman (German Edition)

Drachenland: Roman (German Edition)

Titel: Drachenland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Reaves
Vom Netzwerk:
eine rundliche Frau, offensichtlich seine Gemahlin. Amsel hatte das Gefühl, dass ihm diese Leute unter anderen Umständen gefallen hätten. Im Augenblick aber waren sie wohl nicht auf Freundschaft aus. Dem letzten Mitglied der Gruppe misstraute Amsel auf den ersten Blick: Es war ein geckenhafter junger Mann mit einem blasierten, selbstgefälligen Ausdruck. Ein Aufsteiger, würde man in Fandora sagen.
    Trotz seiner Unsicherheit war Amsel immer noch zornig. »Ich bin kein Spion!«, protestierte er. »Ich bin ein Abgesandter Fandoras!«
    Die große Frau funkelte ihn an. »Du wirst sprechen, wenn du dazu aufgefordert wirst, und nicht vorher, Fandoraner!«
    »Ich heiße Amsel«, erwiderte er. Wenigstens, dachte er, ist es eine Frau, die Autorität besitzt.
    »Dein Name spielt keine Rolle«, sagte die Frau. »Du bist ein Spion – und vielleicht auch ein Mörder!«
    Diese letzte Bemerkung, besonders dramatisch hervorgebracht, erschreckte Amsel, der einen Augenblick lang dachte, Jondalrun sei in Simbala angekommen, um Gerüchte über ihn zu verbreiten. Plötzlich schwindelig vor Erschöpfung und Erregung, setzte Amsel sich auf den Holzhocker.
    »Was bedeuten diese Anschuldigungen, Evirae?«
    Der Mann mit dem weißen Bart war zutiefst beunruhigt. Seine Gemahlin trat ein Stück von den anderen zurück und beobachtete Evirae. Der wohlbeleibte Mann fuhr fort: »Der Akzent dieses Mannes ist ebenso barbarisch wie seine Kleidung! Er kann unmöglich ein fandoranischer Soldat sein! Wenn er etwas mit der Geschichte des Mannes aus Nordwelden zu tun hat, schlage ich vor …«
    »Ich bin in einer Friedensmission hierhergekommen!«, rief Amsel dem Mann zu.
    Evirae wandte sich rasch zu ihm und zeigte mit einem ihrer spitzen Fingernägel auf seine Kehle. »Unter meinem Volk geht das Gerücht um«, sagte sie, »dass die Spitzen meiner Fingernägel mit Gift lackiert sind. Wenn du nicht unbedingt feststellen möchtest, ob das stimmt, empfehle ich dir zu schweigen, bis man mit dir spricht.«
    Amsel nickte und schluckte. Die Frau nahm ihren Fingernagel von seinem Hals. »Gut«, sagte sie. »Und jetzt berichte mir, Fandoraner, ob es stimmt, dass man dich vor der nördlichen Küste gefunden hat.«
    »Ja«, sagte Amsel. »Ich war auf dem Weg von …«
    »Das Ja genügt, Fandoraner.«
    »Aber einen Augenblick«, sagte Amsel. »Ich …«
    Evirae hob bedeutungsvoll den Finger.
    Amsel wartete, gleichzeitig zornig und eingeschüchtert. Die Drohung der Frau erschien ihm weniger wichtig als die Tatsache, dass es ihr Spaß zu machen schien. Wenn sie wirklich eine einflussreiche Persönlichkeit in Simbala war, saß er in der Patsche.
    Mesor beobachtete Eviraes Verhalten mit Unbehagen. Wenn die Prinzessin nicht vorsichtig ist, dachte er, wird sie Aloras Misstrauen wecken.
    Evirae fuhr fort: »Du sagst, du hast unsere Ufer betreten, um uns um Frieden zu bitten, Fandoraner? Warum? Welchen Grund solltest du haben, anzunehmen, dass ein Krieg droht?«
    Der Mann mit dem weißen Bart fragte: »Bist du aus Furcht vor einem Handelskrieg hergekommen?«
    »Nein«, sagte Amsel. »Ich bin gekommen, weil Fandora Simbala den Krieg erklärt hat.« Im gleichen Augenblick, da er die Worte sprach, bedauerte Amsel seine Aufrichtigkeit.
    »Nein!«, sagte Tolchin.
    Amsel spürte eine plötzliche Erregung bei der Frau, die Evirae genannt wurde, und dem Mann neben ihr. Er verstand es nicht, aber es beunruhigte ihn stärker als das Gefühl, dass die Dinge außer Kontrolle geraten waren.
    »Es ist noch Zeit, einen Krieg zu verhüten!«, rief er in dem Bemühen, seinen Fehler wiedergutzumachen. »Ihr braucht nur den Grund für die Handlungen meines Volkes zu verstehen! Ein Kind ist getötet worden, und in Fandora hält man einen eurer Windsegler für den Täter.«
    »Lächerlich!«, sagte Alora von der Tür her.
    »Lügen!«, sagte Tolchin.
    »Für solche Anschuldigungen kannst du mit dem Tode bestraft werden!«, drohte Evirae. »Jetzt sage uns die Wahrheit. Du bist ein Spion aus Fandora, und du bist mit einem Auftrag an unsere Küsten gekommen. Wenn dir dein Leben lieb ist, wirst du uns sagen, wie dein Auftrag lautet. Nimm dich zusammen, Fandoraner! Du spricht mit der Prinzessin von Simbala!«
    Die Prinzessin von Simbala! Amsel erhob sich von seinem Hocker. Er reichte Evirae kaum bis zur Taille, aber seine Stimme, verstärkt durch die Dringlichkeit seiner Mission, füllte den Raum. »Prinzessin, meine Leute sind ein gutes und einfaches Volk. Es sind keine Krieger, es sind

Weitere Kostenlose Bücher