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Drachenland: Roman (German Edition)

Drachenland: Roman (German Edition)

Titel: Drachenland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Reaves
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und mit Einschnitten versehen, an denen die Bergleute einen Halt für Hände und Füße finden konnten. Es hatte auch eine Winde gegeben und einen Eimer, um die Ausbeute eines Tages nach oben zu befördern. An jenem Tag vor Jahren waren Falkenwind und eine Gruppe von Bergleuten den Schacht hinunter und in die neu entdeckten Höhlen gegangen, mit Fackeln und Waffen ausgerüstet.
    Sie waren noch nicht weit gekommen, als sie den Leichnam der jungen Witwe entdeckten – verstümmelt und teilweise verzehrt. Gleich darauf strömte hinter jedem Felsblock hervor und aus jeder Spalte und jedem Riss eine Horde von abgezehrten, abstoßenden Kreaturen: die Kuln. Sie hatten eine fleckige, leichenblasse Haut und waren klein und gedrungen, mit fassartigem Körper und muskulösen Gliedern. Ihre breiten, flachen Gesichter hatten dünnlippige Mäuler mit scharfen Fangzähnen. Sie hatten große Augen und offensichtlich überhaupt keine Ohren an den Seiten ihrer kahlen Köpfe. Begleitet wurden sie von schleichenden, wolfartigen Wesen, die ebenfalls eine kahle, leichenartige Haut und große Augen hatten.
    Mit schnatternden Lauten näherten sie sich den Bergleuten. Falkenwind und die anderen erkannten in ihnen sofort die lebendigen Figuren aus einem Gruselmärchen: Höhlenwölfe. Geschichten über sie hatte manch ein Bergmannskind zu Gehorsam erzogen.
    Falkenwind schickte die Bergleute zurück in den Schacht, aber sie zogen sich nicht schnell genug zurück, um einen Kampf zu vermeiden. Die Bergleute waren bewaffnet, aber an Zahl weit unterlegen, und die Kuln und ihre widerwärtigen Anhänger griffen auch dann an, wenn sie dabei Glieder verloren oder Wunden davontrugen, die einen Mann getötet hätten.
    Falkenwind schwang an jenem Tag sein Schwert, wie wenige Männer je ein Schwert geschwungen haben; er überwältigte fünfzehn Kuln und acht Höhlenwölfe, aber fünf Bergleute fanden den Tod.
    »Klettert den Schacht hinauf!«, hatte Falkenwind befohlen. »Eine Zeit lang kann ein Mann sie aufhalten.«
    »Aber wie wirst du ihnen entkommen?«, rief einer der Bergleute. »Wir lassen dich nicht im Stich!«
    »Beeilt euch!«, schrie Falkenwind wieder. »Ich befehle es euch!« Die Bergleute kletterten einer nach dem andern hinauf, und die zurückbleibenden Männer kämpften gegen die unterirdische Horde, bis schließlich Falkenwind den Kuln allein gegenüberstand. Mit einem Schwert in der einen und einer Axt in der anderen Hand kämpfte er, bis die Leichen der Kuln und der Höhlenwölfe den Boden des Schachts fast bedeckten. Am Ende blockierten die Leichen den Eingang zum Schacht in einem solchen Ausmaß, dass die Kreaturen einige davon zurück in die Höhle ziehen mussten, bevor sie sich wieder auf Falkenwind stürzen konnten. Falkenwind, dem vor Erschöpfung jeder Knochen wehtat, schleuderte sein Schwert und seine Axt auf sie; dann ergriff er einen Pickel und hieb auf die Wand ein. Er löste einen großen Felsbrocken, aber sonst geschah nichts. Er schlug noch einmal zu, wobei der Pickel sich tief in die Wand des Schachtes grub. Er zerrte ihn heraus – wieder nichts. Ein Geräusch hinter ihm zeigte ihm an, dass die Kuln sich durchgearbeitet hatten. Falkenwind schwang den Pickel zum dritten Mal. Diesmal traf er: Ein roter Strom flüssigen Taniums, wie das Blut der Welt, schoss in einem breiten Strahl hervor, schneller als ein Armbrustpfeil. Falkenwind hatte kaum Zeit, sich in Sicherheit zu bringen – der Strom des flüssigen Metalls riss ihm den Pickel aus den Händen. Dann packte das Tanium den ersten Kuln hinter der Öffnung zum Schacht, riss ihn mit sich und schleuderte ihn gegen die Wand. Die Wand ächzte und bebte, als Tonnen des flüssigen Metalls ausströmten und die kreischenden Kuln und die Höhlenwölfe in ihr unterirdisches Lager zurückschleuderten. Schon begann das Metall, mit ohrenbetäubendem Donnern den Schacht zu füllen. Falkenwind kämpfte sich mühevoll zur geneigten Wand durch und begann, sich hochzuziehen. An seinen Stiefeln haftete das schwere Tanium; er streifte sie ab und kletterte weiter, die kalte metallische Flut dicht auf den Fersen. Über ihm spornten die Bergleute ihn an. Das Tanium stieg an ihm hoch. Doch als er kaum mehr vorwärtskam, ging es langsam und zähflüssig zurück; es hatte seinen höchsten Stand erreicht. Falkenwind zog sich hoch und kletterte aus dem Schacht.
    Er hatte dann angeordnet, dass dieser Schacht mit einem Felsblock abgedeckt wurde, den zu bewegen zwanzig Männer erforderlich gewesen waren.

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