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Drachenland: Roman (German Edition)

Drachenland: Roman (German Edition)

Titel: Drachenland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Reaves
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Kontinente aufgetaucht und wieder untergegangen, kleinere Arten von Lebewesen entstanden und wieder verschwunden waren. Doch diese Kreaturen näherten sich nun langsam dem Untergang, und sie fürchteten sich.
    Tief im Innern dieses Landes erhob sich über weißen Gletschern und schwarzem Basalt ein steiler Gipfel aus Stein. In seinem Innern war ein Labyrinth aus Tunneln und Höhlen entstanden: die Lagerstätten der Frostdrachen. Seit weit über Menschengedenken hausten sie hier. Jahrhundertelanges Scheuern von großen schuppigen Leibern über den Fels hatte wurmartige Vertiefungen in den nackten Stein gehöhlt. Nebel und Dampf, die von den heißen Quellen und Geysiren am Fuß des Gipfels aufstiegen, verhüllten einen Wald gebleichter Knochen. Die Frostdrachen hatten seit Jahrhunderten hier gelebt, weit über die Zeit hinaus, da andere Lebewesen dieses Land verlassen hatten, aber es würde nicht mehr lange ihre Heimat bleiben.
    Über dem Gipfel kreiste ein einzelner Frostdrache. Er war größer als die anderen, und seine Schuppen waren eher schwarz glänzend als von einem gefleckten Grau. Seine breiten, mit Rippen versehenen Flügel senkten sich, und er spürte, wie kalter Wind ihm entgegenschlug und seinen Abstieg bremste. Die Kälte entlockte ihm ein Zischen voller Unbehagen und hilflosem Zorn. Der Kampf gegen den schneidenden Wind, den beißenden Schnee war jetzt ein Teil seiner selbst; eine Pein, die nie mehr verschwand. Wut quälte ihn und die dunklere Schwester der Wut, Furcht.
    Die Nacht zog herauf – die lange, kalte Nacht. Der Sonnenuntergang tönte die elfenbein- und ebenholzfarbene Landschaft leuchtend rot. Der Frostdrache, eine dunkle Silhouette, ließ sich auf der äußersten Spitze des Gipfels nieder, die Flügel ausgebreitet, um das Gleichgewicht zu halten. Von diesem Punkt konnte er in alle Richtungen blicken. Es war ein Ausblick, der seiner Stellung unter den Frostdrachen entsprach. Die anderen respektierten seine Position willig; verschwommen war ihnen klar, dass seine Intelligenz der ihren weit überlegen war. Er war stärker und schneller, und er unterschied sich von ihnen auch auf andere Art, aber das wussten sie nicht.
    Der Wind wurde stärker und stieß ihn hin und her. Der Frostdrache zischte vor Wut. Unten zitterten die anderen Frostdrachen in ihren dunklen Höhlen. Seine ungestüme Wut – das Zischen, das donnernde Dröhnen seiner Flügel – machte ihnen Angst. Sie verstanden seinen Zorn nicht. Sie wussten nicht, was die Wächterin ihm berichtet hatte, vor vielen Nächten, von ihrem Erkundungsflug in den Süden. Sie wussten nicht, was die Menschen getan hatten, was für eine Bedrohung sie jetzt bedeuteten. Sie wussten nur, dass der Düsterling, der Stärkste unter ihnen, sich fürchtete – darum musste die Gefahr wirklich groß sein.
    Der Düsterling hatte lange gegrübelt über das, was die Wächterin gesagt hatte. Sie hatte ihm berichtet, dass die Menschen fliegen konnten, ebenso wie sie, die Frostdrachen. Was sie getan hatten, bewies zweifellos, dass sie gefährlich und feindselig waren. Der Düsterling hob seinen gehörnten Kopf und schrie vor Wut und Hilflosigkeit, ein Geräusch, als würde ein Berg auseinandergerissen. In diesem Augenblick beneidete er die, die unter ihm in ihren Höhlen kauerten, um ihre Einfalt. Sie verstanden nicht, wie groß die Probleme waren, die sie bedrängten. Die Kälte, die von Jahr zu Jahr zugenommen hatte, die Nahrungsknappheit – diese Dinge machten ihnen Angst, aber sie konnten von ihnen nicht auf den Untergang ihrer Art schließen. In ihrem Geist brannte nicht wie bei dem Düsterling das schreckliche klare Licht, das ihrer aller künftiges Schicksal so grausam beleuchtete, ihm aber nicht zeigte, wie es zu verhindern sei.
    Wenn er sich von seinem Zorn leiten ließe, würde er sie jetzt in das warme Land im Süden führen, um gegen die Menschen zu kämpfen. Aber etwas, das stärker war, zwang ihn, zu warten. Der Zugang zu den warmen südlichen Ländern war den Frostdrachen schon lange vor dem Schlüpfen des Düsterlings von den Feuerdrachen verboten worden. Doch der Düsterling wusste, dass etwas geschehen musste. Die Kälte drang immer weiter vor; die Frostdrachen schienen nicht mehr fähig, ihr so wie früher zu widerstehen. Die Wärme der heißen Quellen und der Geysire konnte die Kälte nicht zurückhalten. Sie durften nicht hierbleiben, um zu verhungern oder zu erfrieren.
    Der Düsterling wollte noch einmal die Höhlen nördlich des Meeres auf

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