Drachenland: Roman (German Edition)
irgendwelche Anzeichen von Leben durchsuchen.
Der letzte Feuerdrache war vor langer Zeit verschwunden – der letzte seiner Art, der im Eis der sich nähernden Kälte untergetaucht war. Aber die Frostdrachen würden sich den Anordnungen der ihnen überlegenen Feuerdrachen nicht widersetzen, solange eine Chance bestand, dass er, der letzte Drache, noch am Leben war. Wenn er jedoch nicht gefunden werden sollte, würde es an der Zeit sein, die Menschen zu prüfen, herauszufinden, wie gefährlich sie in Wirklichkeit waren. Das Land im Süden, das warme und goldene Land, wartete.
Der Düsterling ließ sich in die kalte Luft fallen und flog nach Süden.
17
Eine Kette von tausend Fackeln bewegte sich durch die Hügel Fandoras. Sie wand sich durch kleine Orte in Richtung Kap Bage. »Ältester Jondalrun!«, kam ein Ruf aus dem Kontingent von Tamberly. »Die Männer bitten um eine kurze Rast!«
»Nein!«, antwortete Jondalrun. »Wer es nicht bis zur Küste schafft, ist für die Invasion nicht geeignet.«
Jondalrun marschierte an der Spitze seiner Armee. Auch er war müde und hungrig, aber er war der letzte der Männer, der sich beklagen durfte. »Sie marschieren für Johan«, sagte er zu Dayon, der neben ihm ging. »Sie marschieren für Analinna und für alle Kinder Fandoras.«
Sein Sohn nickte stumm. Er sah mit Schrecken der bevorstehenden Seereise entgegen.
Die Armada – wenn man sie überhaupt so nennen konnte – wurde langsam und mühevoll zusammengestellt, aus jedem nur vorhandenen Schiff, Dingi, Segel-, Ruder- oder Weidengeflechtboot. Jeder Schiffseigner in Kap Bage wurde automatisch zum Kapitän ernannt. Gegen Mittag begannen die ersten Truppen der Armee einzutreffen, und es wurde bald klar, dass die Boote nicht alle Männer aufnehmen konnten. Zusätzliche Boote und Flöße wurden auf der Stelle gebaut, da man eingesehen hatte, dass zwei Überfahrten den am Ufer eines feindlichen Landes zurückgelassenen Teil der Armee demoralisieren würden. Zum Glück wuchsen in der Nähe Bäume, die das erforderliche Holz lieferten. Trotzdem waren Jondalruns düstere Vorahnungen gerechtfertigt. Es war nicht genügend Proviant vorhanden, was die Begeisterung seiner Armee für die Invasion erheblich dämpfte.
Die vier Ältesten hatten sich inmitten des lebhaften Treibens zusammengefunden. Fässer mit Pech brodelten über Feuerstellen, und kleine Gruppen von Männern kalfaterten planlos an beschädigten Booten herum. Dayon, der zwar zuletzt in Kap Bage gelebt hatte, jetzt aber zum Kontingent seines Vaters gehörte, beaufsichtigte den Neubau des Ruders eines großen Fischerbootes.
»Alles Gewinner!«, sagte Tamark zynisch, als er auf ein zerfallenes Boot klopfte und fühlte, wie der hölzerne Rumpf unter seiner Hand zerfiel.
»Dieser Bursche nicht«, sagte Lagow. »Dieses Ruderboot wird nicht einmal bis ans Wasser kommen!«
»Und es gehört nicht einmal zu den schlimmsten«, sagte Tamark. »Die Strömungen werden mehr Schaden anrichten, als Jondalrun sich vorstellen kann.« Er sah den Ältesten von Tamberly mit Tenniel über Vorräte sprechen.
Lagow lehnte sich beunruhigt gegen das Ruderboot. »Sag mir, Tamark, du warst so gegen den Krieg, bevor in der Ratsversammlung darüber diskutiert wurde. Wie kommt es, dass du dich jetzt so tief hast hineinziehen lassen?«
Tamark zog sich einen Splitter aus der Hand. »Die gleiche Frage kann ich dir stellen, Lagow. Du hast mich schließlich sofort unterstützt. Wir haben, glaube ich, beide denselben Grund.« Tamark zog bedeutungsvoll die Brauen hoch, bevor er weitersprach. »Wenn du auf See bist und spürst, wie der Wind zunimmt und die Wellen sich auf dich stürzen wie der Kopf eines Drachen, ist es töricht, Widerstand zu leisten. Das Beste ist, du suchst dir einen geschützten Platz, kümmerst dich um dein Schiff und betest.«
Lagow nickte. »Genau. Indem wir die Invasion anführen, können wir vielleicht eine Katastrophe verhindern.« Er runzelte die Stirn. »Aber ich würde immer noch umkehren. Ich fürchte, du nicht.«
Tamark trat einen Schritt zurück. »Es ist eine Entscheidung gefallen. Ich stelle die Weisheit dieser Entscheidung infrage, nicht aber die Gefühle, die dahinter stehen. Fandora muss geschützt werden. Ich glaube nicht, dass die Simbalesen wirklich ihren Einfluss über die Straße von Balomar hinaus ausdehnen wollen, aber aufzugeben, bevor wir begonnen haben, und dann festzustellen, dass Jondalrun recht hatte – das wäre unerträglich.«
»Die
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