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Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert

Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert

Titel: Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
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sehniger als Ursa und hatte
obsidianschwarze Haut. Seine Haare fielen ihm schwarz über
die Schultern und waren so lockig, daß es aussah, als wäre sein
Kopf von zischelnden Schlangen bedeckt. Im Mondlicht
erschrak Kit vor den blendend weißen Zähnen in seinem breit
grinsenden Mund und dem einzelnen Goldring, der an seinem
rechten Ohr baumelte. Seine Hautfarbe und seine gestreiften
Pluderhosen ließen sie vermuten, daß er von der fernen Insel
Karnuth stammen mußte. Sie erinnerte sich, es hieß, jene Rasse
verfüge über ganz besondere Kräfte.
Die Karnuthier sah man allerdings hierzulande nur selten,
weil sie angeblich lange Seereisen scheuten.
»Autsch!« rief Kit aus, vor allem, um zu sehen, wie sie
reagieren würden, weniger vor echtem Schmerz.
»He, du tust ihr weh«, sagte der Karnuthier etwas
mitfühlend. Kit erkannte seine Stimme wieder; sie hatte sie auf
dem Markt des Roten Mondes schon gehört – tief und weich,
aber mit dem Hauch einer Drohung.
»Ist mir egal«, erwiderte Ursa, der noch fester zupackte. Er
lächelte nicht.
»Wer ist das, El-Navar?« fragte eine andere Stimme. »Wen
haben wir erwischt?«
Die anderen beiden Söldner eilten herbei, um einen Blick auf
Kit zu werfen. Der Karnuthier mit dem Namen El-Navar hatte
das Messer in ihrem Stiefel gefunden und hielt es mit einem
vielsagenden Blick zu Ursa hoch, ehe er es beiläufig in seinen
Gürtel steckte. Sein Grinsen war seltsam trügerisch für
jemanden mit einem so wilden Äußeren.
»Großartige Vorstellung, Radisson«, sagte El-Navar zu dem
mit dem Wieselgesicht. »In deiner Zeit als Wanderschauspieler
hast du scheinbar wirklich etwas gelernt.«
»Wer ist sie?« zischte Radisson. Der Ausdruck auf seinem
bleichen, zerfurchten Gesicht war ausgesprochen feindselig.
»Hab’ ich euch nicht gesagt, daß uns jemand folgt?« prahlte
El-Navar. Bei jeder seiner Bewegungen glitzerte der goldene
Ohrring im Mondlicht. Die anderen nickten zustimmend.
Ursa hatte Kit auf den Boden gestellt, ihr Bündel aufgeknotet
und den Inhalt auf dem Boden ausgeleert. Nachdem er darin
nichts Interessantes gefunden hatte, legte er ihre Sachen zurück
und gab Kits Tasche dem großen, gebeugten Gefährten mit
dem traurigen Gesicht, der sie gleichmütig entgegennahm.
Dieser Mann hatte noch kein einziges Wort gesprochen.
Danach stieß Ursa Kit zum Lagerplatz voran. Als sie sich
wehrte, griff er nach dem Seil um ihre Handgelenke und zerrte
grob daran, so daß ihre Schulterblätter sich verrenkten. Sie
stolperte praktisch über ihre eigenen Füße, als sie nach hinten
gezogen wurde, doch sie protestierte nicht. Diese Blöße würde
sich Kitiara nicht geben.
Die drei anderen folgten ihnen, wobei ihre Mienen so
unterschiedlich waren wie ihre Persönlichkeiten: El-Navar
neugierig und sogar etwas amüsiert; Radisson kalt und
mißtrauisch; der mit dem traurigen Gesicht bestürzt. Als Ursa
das Lager erreichte, versetzte er Kit einen Stoß, der sie kläglich
auf dem Boden landen ließ. Sie rollte über den Boden und
schob sich dann mühsam an einem Baumstumpf zum Sitzen
hoch. Als sie sich umsah, bemerkte Kit die Zweige und das
Buschwerk, womit die Decken vor dem Feuer ausstaffiert
waren. Blöd, dieser uralte Trick! Aus ihren Augen sprühte die
Wut auf sich selbst und auf ihre Häscher.
Ursa setzte sich auf einen Stein neben ihr. Radisson und der
große Mürrische folgten seinem Beispiel etwas weiter abseits.
Mißtrauisch musterten sie Kitiara.
»Ihr Pferd steht schätzungsweise eine Meile zurück«, sagte
Ursa.
Sein Ton war gleichmütiger und beiläufiger geworden,
verriet aber keinerlei Wärme. Nachdenklich pfiff er vor sich
hin, während er die Glut des Feuers schürte. Fast unmerklich
glitt sein Blick über die Baumkronen.
»Ich bin ziemlich sicher, daß sie allein ist«, sagte er,
nachdem er die Umgebung des Lagers eingehend abgesucht
hatte.
Die andern Beiden warteten offenbar darauf, daß Ursa oder
El-Navar eine Entscheidung über Kits Schicksal trafen. Aber
Ursa sagte nichts weiter, und El-Navar, der sich am Feuer die
Hände wärmte, schien sich für die ganze Sache kaum noch zu
interessieren. Jeder wartete anscheinend, daß der andere
handelte.
»Was machen wir mit ihr?« jammerte Radisson, der nach
einigen Minuten des Schweigens überdrüssig war.
»Sie weiß überhaupt nichts«, sagte Ursa mit Nachdruck.
»Warum ist sie uns dann gefolgt?« wollte Radisson wissen.
Der Wind frischte auf und trieb die Blätter um das Lagerfeuer
kreisförmig auseinander.

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