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Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Titel: Drachenlanze - Die Stunde der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
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hast
mich schließlich gefragt, stimmt’s?« Tolpan lehnte sich nach
vorne, schnappte sich die Locke und stopfte sie wieder in seine
Tasche. »Wenn du keine traurigen Geschichten hören willst,
solltest du mich nicht bitten, welche zu erzählen.«
Flint verdrehte die Augen und verschränkte seine kräftigen
Arme vor der Brust.
Tanis, der sich auf die Ellenbogen stützte, war allmählich
fasziniert von dem verwirrenden Sortiment hingekritzelter
Karten vor sich. Er nahm eins von den Rindenstücken, um es
näher zu untersuchen. Es sah überhaupt nicht wie eine Karte
aus, sondern war mit komischen, verdrehten Kratzern bedeckt.
»Was ist denn das?«
Tolpan kam näher und versuchte blinzelnd, das Gekritzel zu
entziffern. »Das ist ein Hilferuf«, stellte er fest, »in
zhakarischer Schrift.«
»Ob man fragen darf?« murmelte Flint in seinen Bart.
»Es ist nichts Trauriges, wenn du das meinst. Ich wurde in
einem Zaubererschloß gefangengenommen…«
»Natürlich nachdem du dort eingebrochen bist«, unterbrach
Flint.
»Nein, ich bin nicht eingebrochen. Ich bin einfach
reingegangen.«
»Warst du eingeladen?«
»Nein, aber es hat mir auch keiner gesagt, daß ich draußen
bleiben soll. Wenn diesem Zauberer seine Privatsphäre so
wichtig ist, sollte er die Tür abschließen. Darum bin ich
reingegangen, um mich ein bißchen umzusehen, weil ich doch
vorher noch nie in einem Zaubererschloß war, und dieser
verschrumpelte, alte Knochen von Mensch hat sich furchtbar
aufgeregt und ließ mich von seinen Wachen – den häßlichsten,
dreibeinigen Dingern, die ich je gesehen habe – in eine Zelle
sperren.
Da bin ich dann ein paar Tage geblieben, weil ich dachte, der
Zauberer würde sich beruhigen und mich freilassen, aber er
schien nicht von der gutmütigen Sorte zu sein. Darum habe ich
schließlich diesen Hilferuf auf ein Stück Rinde gekratzt, weil
ich dachte, ich könnte es vielleicht einem von den
Einheimischen zustecken und gerettet werden.«
»Gute Idee«, sagte Tanis. »Hat anscheinend funktioniert.«
Tolpan schüttelte den Kopf. »Es kamen nie irgendwelche
Einheimischen vorbei. Ich mußte mich mit einem Trick
befreien.
Eines Tages sah der Zauberer nach mir, weil er etwas
zerlassenes Hobgoblinfett brauchte und Schwierigkeiten hatte,
es zu bekommen. Ich fürchte, er hat sich gefragt, ob
zerlassenes Kenderfett es nicht auch tun würde. Weil ich darauf
nicht so erpicht war, habe ich ihn überzeugt, daß ich wüßte, wo
ich etwas davon kriegen könnte – und zwar von einem richtig
dicken Burschen. Deshalb ließ er mich frei, unter der
Bedingung, daß ich so schnell wie möglich mit dem Fett
wiederkäme. Ich glaube, er hat versucht, mich irgendwie zu
verzaubern, damit ich auch wirklich wiederkomme, aber das
hat nicht geklappt.«
»Da fällt mir ein«, fügte er hinzu, während er ein kleines,
blaues Glasfläschchen mit einem Korken im Hals hochhielt,
»macht das hier bloß nie in einem geschlossenen Raum auf. Es
ist ein scheußlich stinkendes Zeug.«
Tanis und Flint wechselten wieder Blicke, und Flint bestellte
eine neue Runde.
»Hier ist sie!« verkündete Tolpan. Triumphierend breitete er
ein mitgenommenes Stück Zeichenpapier aus, das an den
Rändern ausgefranst war und in der Mitte Flecken hatte. »Ich
hatte befürchtet, mir würde das Kartenmaterial ausgehen, als
ich die gemacht habe. Aber man kann sie trotzdem sehr gut
lesen.«
Tanis legte den Kopf schief, dann auf die andere Seite, dann
drehte er die Karte ein bißchen, dann etwas weiter. Zuletzt
drehte er sie ganz um, war aber immer noch verwirrt. »Ohne
daß es sich allzu blöd anhört, Tolpan, aber – was ist das?«
»Das ist Abanasinia.« Tolpan breitete die Hände aus, als
wollte er sagen: »Was sonst?« Tanis konnte immer noch nichts
erkennen. Tolpan griff nach der Karte und drehte sie um etwa
siebzig Grad. »Siehst du? Das ist das Ostwall-Gebirge.«
Tanis kratzte sich am Kopf.
»Und die Küste. Da im Norden ist die Straße von Schallmeer
und im Osten das Neumeer.«
Endlich dämmerte es Tanis. »Ach so. Das hier ist die Küste.
Ich dachte, das gehört zu dem Fleck.«
»Tut es auch«, stellte Tolpan richtig und zeigte mit seinem
dünnen Finger daneben. »Das hier ist die Küste.«
»Aha«, sagte Tanis. »Jetzt seh ich sie.«
»Ich hab dir ja gesagt, das gibt nur Probleme«, flötete Flint.
Tanis ignorierte den Zwerg, während er mit dem Gesicht nah
an die Karte heranging und nur hin und wieder aufsah, um
einen Schluck Bier zu trinken. Tolpan saß gelassen da

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