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Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Titel: Drachenlanze - Die Stunde der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
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»Würde sagen, Ihr habt recht«, sagte er
kurz darauf, nachdem er einen weiteren Zug genommen hatte.
Einträchtig schweigend, saßen sie ein paar Minuten
beieinander und tranken.
»Warum seid Ihr denn jetzt nicht mehr Hofbarde bei
Wilhelmina?«
»Wo?« Bei Delbridge machte sich die Wirkung des Alkohols
bereits bemerkbar. »Ach, die. Ich war es leid, immer die
gleichen, alten Geschichten zu erzählen. Barden gehören auf
die Straße, finde ich, und müssen immer wieder mit dem Leben
in Berührung kommen.« Er sah sich verächtlich in dem
schlammigen Zelt unter den einfachen Gästen um. »Das hier ist
allerdings etwas… gewöhnlicher, als ich erwartet habe.«
Delbridge wischte sich einen Krümel von seinem Samtrevers
und rückte dann seine vielen Ringe zurecht. »Ich wette, ich
komme noch an einen Ort, wo sich nicht soviel Pöbel
herumtreibt.« Laut prustend, putzte er sich mit einem großen,
fadenscheinigen Seidentuch die Knollennase. »Ich sage Euch,
diese Stadt hier habe ich satt.«
»Ach, ich hatte hier heute richtig Glück«, sagte Gäsil und
nahm einen weiteren Schluck Bier. »Heute auf dem Markt habe
ich soviel Arbeit gehabt wie letztes Jahr höchstens an fünf
Tagen.« Der Kesselflicker hatte allmählich Schwierigkeiten,
sich auf seinem Stuhl zu halten. Aber vielleicht schwankte
auch der Tisch, er war sich gar nicht sicher.
»Scheiße«, murmelte Delbridge aus Versehen.
»Das kommt von dem Glücksarmband von dem Zwerg, wißt
Ihr.« Er sah zu den Beinen seines Stuhls hinunter und
klammerte sich an der Tischkante fest, um nicht umzukippen.
»Ist Euch schon aufgefallen, daß sich die Möbel hier
bewegen?«
»Glücksarmband?«
»Was? Oh, das Armband.« Er hob fast anklagend den Finger
vor dem Barden. »Ich war Zeuge, als es passiert ist!« Er schob
den Ärmel zurück und zeigte das Armband vor. »Viermal
wurde das Ding hier heute heiß, genau bevor ich diese
merkwürdigen Ahnungen hatte, richtige Visionen, und dann
tauchten Kunden auf!«
Delbridge sah sich das Schmuckstück genau an. »Ihr meint,
Ihr konntet die Zukunft vorhersehen?« fragte er mißtrauisch.
»So könnte man es wohl nennen.« Gäsil blickte ihn durch
glasige Augen an. »Das wäre doch eine tolle Geschichte, was?
Ob das ein Omen ist?« Rasch warf er hinter vorgehaltener
Hand das Auge. Er glaubte, Wasser zu sehen, das Zeichen für
Unglück, doch auch als er einmal blinzelte, um es besser
erkennen zu können, konnte er das Symbol in dem schwach
erleuchteten Zelt kaum richtig ausmachen.
Delbridge, der ihm zugesehen hatte, erhob sich lachend auf
seine stämmigen Beine. »Ihr habt wohl zuviel getrunken, und
Euer Verstand hat Euch Streiche gespielt. Vielleicht sollte ich
Euch nach Hause bringen.«
Der Kesselflicker schüttelte den Kopf, bis der schlaff
herunterbaumelte, und winkte ab. »Nicht nötig. Ich bleibe hier
auf dem Markt in meinem Karren und schaff das ganz gut
alleine.«
»Dann wünsche ich eine gute Nacht.« Der Barde tätschelte
seinen Wanst und schlug Gäsil gutmütig auf die Schulter.
»Danke für die Einladung und die Unterhaltung. Ich hoffe,
Euer Glück hält an, und ich habe morgen auch ein bißchen
mehr.« Damit klappte er seinen Kragen gegen den kalten
Frühlingswind hoch und verließ das laute Zelt.
Gäsil kippte den Rest von seinem Bier herunter und
beschloß, ebenfalls nach Hause zu gehen. Er fummelte in
seiner Geldbörse herum, zahlte und ließ aus reiner Gewohnheit
eine Kupfermünze für den unhöflichen Kellner liegen. Als er
aus dem Zelt trat, war er sich nicht ganz sicher, in welcher
Richtung sein Wagen stand. Nachdem er aber ein bekanntes
Schild an einem Stand neben seinem entdeckt hatte, taumelte er
heimwärts.
Im Wagen zog er sich gerade die Stiefel aus, als er ein
inzwischen schon bekanntes, warmes Gefühl auf der Haut
unter dem Armband wahrnahm. Zu beschwipst, um sich zu
konzentrieren, und zu müde, um sich darum zu kümmern,
machte er einfach die Augen fest zu. Doch die flogen wieder
auf, als er fühlte, wie das Kupferarmband von seinem schlaffen
Handgelenk gezogen wurde. Er fuhr entsetzt hoch, woraufhin
er merkte, daß etwas Hartes heftig auf seinem Schädel landete,
und er wußte nicht genau, ob das jetzt Vision oder Wirklichkeit
war. Dann war alles dunkel.
»Erstaunlich«, sagte Sir Delbridge Fidington neben Gäsils
zusammengesunkenem Körper. »Ich bin vielleicht kein guter
Erzähler, aber im Stehlen scheine ich recht gut zu sein.«
Kapitel 6
Die Dame wartet
    Ehrlich, Flint, ist nicht meine Schuld«,

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