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Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Titel: Drachenlanze - Die Stunde der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
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wünschen«, sagte
Balkom mit ungerührtem Blick in leisem, gleichgültigem Ton.
»Die werde ich Euch mit Vergnügen bieten«, sagte
Delbridge. »Allerdings solltet Ihr wissen, daß meine Gabe ihre
Eigenarten hat. Ich muß mich auf ein spezielles Ereignis oder
eine Person konzentrieren, und wenn irgend etwas
Ungewöhnliches oder Interessantes in ihrer Zukunft geschehen
wird, bekomme ich eine entsprechende Vision. Wenn es nichts
Interessantes gibt – « Er zuckte mit den Achseln.
»Wie einfach und bequem«, sagte Balkom. »Meint Ihr, daß
Seine Lordschaft Eure Worte einfach glaubt und Euch in
Dienst und Brot nimmt?«
»Er hat gesagt, er würde es versuchen«, sagte Rostrevor.
Balkom neigte leicht den Kopf.
Mit neuerlichem Stirnrunzeln sah Lord Curston von
Rostrevor zum Balkom. »Ich wünschte wie immer, daß mein
geliebter Sohn und mein engster Berater nicht ständig
aneinander geraten würden«, seufzte er.
»Wir geraten gar nicht aneinander, Herr«, sagte der Magier.
»Wir wünschen beide eine Demonstration der angeblichen
Macht dieses Mannes. Wir sind bloß nicht einer Meinung
darüber, wie streng eine solche Prüfung sein sollte.«
Gespannte Stille machte sich breit. Weil er spürte, daß diese
Spannung seinen Chancen nur schaden konnte, sagte
Delbridge: »Mit Eurer Erlaubnis werde ich so viel zeigen, wie
mir in diesem Moment möglich ist, und Ihr könnt hinterher
beschließen, ob vielleicht eine zusätzliche Probe
wünschenswert wäre.«
Also schloß Delbridge die Augen und streichelte
unwillkürlich das Armband mit den Fingern seiner linken
Hand, während er sich nacheinander auf die Menschen vor ihm
konzentrierte. Zuerst nahm er den Ritter. Plötzlich drehte sich
ihm der Magen um, und sein Kopf tat weh. Er kam sich vor, als
würde er durch unglaublich dichten Nebel waten. Dann war es,
als wäre der Nebel wie weggehext. Dieses Gefühl wich einer
Vision von dem alten Ritter, der in einem Zimmer der Burg
kniete. Dunkle Vorhänge hingen an den Wänden. Der einst
stoische Mann weinte und schluchzte vor grenzenloser
Verzweiflung bei etwas, was wie eine Beerdigung aussah,
obwohl es weder eine Totenbahre noch einen Leichnam gab.
Das tragische Bild versetzte Delbridge einen solchen
Schrecken, daß ihm ein leiser Aufschrei von den Lippen kam
und seine Augen aufflogen. Ohne Ankündigung fand die
Vision ihr Ende.
»Was war das?« fragte der Ritter und lehnte sich nach vorne.
Der unsichere, mitleidige Ausdruck in Delbridges Augen
wunderte ihn. »Was habt Ihr gesehen?«
»Ich – nichts«, sagte Delbridge rasch verlegen. Er konnte
doch einem Herrscher und Ritter von Solamnia schlecht
erzählen, daß er gesehen hatte, wie dieser heulte wie ein Baby!
»Ich habe gar nichts gesehen.«
Schnell wechselte er das Thema. »Als nächstes konzentriere
ich mich auf den jungen Knappen.«
Delbridge dachte an Rostrevors sommersprossenübersätes,
jungenhaftes Gesicht mit den blaßgelben Haaren darüber.
Wieder umschloß ihn der Nebel und huschte vorbei. Ihm kam
die Galle hoch, und er kämpfte gegen das Gefühl, sich
erbrechen zu müssen, als der Nebel sich auflöste.
Was er sah, ließ ihn zurücktaumeln. Wieder sah er statt des
Audienzsaals einen kerzenerhellten Raum irgendwo im Schloß.
Der Sohn des Ritters, Rostrevor, lag in seinem Bett. Aber
plötzlich erschien über ihm ein rotes, wirbelndes Licht, das
solange wuchs, bis es den jungen Mann einschließen konnte.
Dann fiel er. Schreiend, entsetzt und voller Schmerzen wurde
er ins Zentrum des Lichts gesogen. Schließlich kauerte der
Knappe an einer pochenden, roten Wand, wo er vor etwas
zurückschrak, das Delbridge nicht sehen konnte. Er fühlte nur,
daß es vor Bosheit loderte.
Delbridge riß die Augen auf und schnappte nach Luft. Auf
der Stelle verschwand die Vision, doch sein Herz klopfte
immer noch wie wild, und ihm rann beißender Schweiß in die
Augen. Vergeblich versuchte er, seine zitternden Finger zu
beugen, wobei er allerdings mitbekam, daß das Armband
unerträglich heiß geworden war. Vor Ärger und Furcht schlug
er die brennende Hand gegen seine Hüfte. Wie Nadelstiche lief
der Schmerz seinen Arm hoch und ließ ihn einen Jammerlaut
ausstoßen.
Rasch wurde ihm klar, daß Rostrevor vor ihm stand, ihn an
den Schultern festhielt und sachte schüttelte. »Ist mit Euch
alles in Ordnung? Jetzt reißt Euch zusammen und faßt Euch
wieder.«
Delbridge wischte sich mit dem Ärmel seiner Robe das
Gesicht ab, atmete mehrmals tief durch und fing an, seine Hand
zu massieren.

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