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Drachenlanze - Ungleiche Freunde

Drachenlanze - Ungleiche Freunde

Titel: Drachenlanze - Ungleiche Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
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ging langsam zu seinem Laden zurück, machte die Tür
zu und warf den leeren Sack in den Schrank. Irgendwie war
ihm der Appetit vergangen.
    Kapitel 4
Eine Lektion
AC.288, Frühherbst
    Tanis schlurfte über die blau-weißen Pflastersteine in der
Straße vor Flints Geschäft. Er verfluchte sich für seine
Dämlichkeit. Warum war er so kurz angebunden gewesen?
Flint Feuerschmied hatte gewiß die besten Absichten gehabt;
warum hatte der Halbelf nicht angemessen reagiert?
    Tanis hatte nicht auf den Weg geachtet und stellte
irgendwann fest, daß er durch den Himmelssaal in der Mitte
von Qualinost lief. In den Pflastersteinen des offenen Platzes
sah man auch jetzt in der Dämmerung noch das Mosaik, das
den Teil von Ansalon zeigte, der die Elfenstadt umgab. Die
Karte stellte
alle Länder von Solace und dem Krystallmirsee im
    Nordwesten, über Que-Shu im Nordosten und Pax Tarkas im
Süden dar. Der Halbelf jedoch starrte nur auf einen Punkt auf
der Karte: Solace, die Wahrheit des Zwergs. Was für ein Ort
mochte das sein?
    »Stell dir bloß vor, in einem Baumhaus zu leben«, sagte er.
Sein Flüstern verklang in der Stille, die über dem verlassenen
Platz lag. Er dachte an die Steinhäuser der Elfen, die nie ganz
ihre Kälte verloren. Würde ein Holzhaus in einem Baum richtig
warm sein?
    Er trat gegen einen losen Stein, der den Ort Torweg
zwischen Qualinost und Solace markierte. Verlegen und in der
Hoffnung, daß niemand mitbekommen hatte, wie er die
geheiligte Karte behandelte, sprang er dem Steinchen hinterher
und kniete sich hin, um es wieder einzusetzen. Dann hockte er
sich hin und sah über den offenen Platz.
    Die kühle Luft der Dämmerung trug köstliche Essensdüfte
und Gesprächsfetzen heran. Tanis stand langsam auf und sah
sich im Himmelssaal um. Um ihn herum stachen die lila
Quarzspitzen der Elfenhäuser mit erleuchteten Rechtecken in
den abgerundeten Seiten wie die Schnäbel junger Vögelchen
aus den runden Baumkronen hervor. Von den Brückenbögen
umgeben und mit dem hohen Sonnenturm in der Mitte, dessen
Gold immer noch die abendlichen Sonnenstrahlen zurückwarf,
war die Stadt wirklich ein beeindruckender Anblick. Wie
verständlich, daß die Qualinesti-Elfen sie für die schönste Stadt
der Welt hielten. Aber daß die Elfen es aushalten konnten, am
selben Platz geboren zu werden und zu sterben?
    Tanis fragte sich, ob seine Unzufriedenheit von seinem Vater
stammte. Von seiner menschlichen Seite.
Er erhob seinen Blick zum Abendhimmel. Es wurde
zusehends dunkler, und direkt über ihm tauchten die ersten
Sterne auf. Er dachte über die Legende nach, daß der
Himmelssaal einst ein richtiges Gebäude gewesen sein sollte,
in dem ein seltener, kostbarer Gegenstand gehütet wurde.
Angeblich hatte Kith-Kanan Haus und Gegenstand auf
magische Weise in den Himmel gehoben, um beides zu
verstecken, und nur die Karte zurückgelassen, die den
Fußboden des Hauses gebildet hatte. Als er klein war, hatten
ihm die anderen Elfenkinder erzählt, daß der genaue
Mittelpunkt der Karte ein »Glückspunkt« sei. Wenn man dort
steht und sich etwas ganz fest wünscht, dann bekommt man es
auch, hatten sie behauptet.
»Ich möchte gern an jenen Ort und das Versteck am Himmel
sehen«, flüsterte er jetzt inbrünstig. »Ich möchte ganz Ansalon
sehen. Ich möchte reisen, wie Flint... und Abenteuer erleben ...
und Freunde finden ...«
Peinlich berührt sah er sich um und hoffte, daß ihn niemand
beobachtet hatte. Insgeheim wartete Tanis auf ein magisches
Wesen, das plötzlich erschien und ihm seinen Wunsch erfüllte obwohl er kaum ernsthaft daran glaubte. Selbstverständlich
nicht, sagte er sich. Das war ein Kindertraum, nicht der eines
jungen Mannes. Dennoch wartete er noch ein paar Minuten, bis
der Wind zwischen den Birnbäumen ihm eine Gänsehaut auf
den Armen verursachte und ihn nach Hause trieb.
Wo auch immer das sein mochte, dachte er.
    »Geschichte«, erklärte Meister Miral Tanis am nächsten
Morgen, »ist wie ein breiter Strom.«
Der Halbelf sah auf. Er wußte, es hatte keinen Sinn, den
Lehrer zu fragen, was er meinte. Miral würde seine
Feststellung entweder erklären oder Tanis auffordern, es selbst
herauszufinden. Auf jeden Fall würden Fragen dem Halbelf nur
eine abwiegelnde Handbewegung einbringen.
Heute jedoch war der Zauberer in seinen dämmrigen
Räumen im Palast der Stimme zum Reden aufgelegt.
»Ein breiter Strom«, wiederholte er. »Es fängt mit kleinen,
klaren Bächen an, einzelnen Stimmen, die rasch am Ufer
entlangspringen,

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