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Drachenlied

Drachenlied

Titel: Drachenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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des Haushalts zu kennen glaubte. Er hatte sich lange mit der Familie befasst, mit den Kindern im Kleinen Saal, mit den Fischern, mit den alten Leutchen, die sich nach den Plagen des Lebens die wohlverdiente Ruhe gönnten.
    Er versuchte, sich zu erinnern, wann er einem Mädchen mit einer verletzten Hand begegnet war, und sah flüchtig das Bild einer hochgeschossenen, schmalen Gestalt vor sich, die eines Abends, während er spielte, aus dem Saal gelaufen war. Er hatte damals ihr Gesicht nicht beobachten können, aber er würde die gebeugte, schlaksige Gestalt wiedererkennen.
    Leider war die Halbkreis-Bucht so abgelegen, dass man Nachrichten nicht einmal durch Trommeln verbreiten konnte. Nun, wenn er die Signalflagge hisste, brachte vielleicht ein Drachenreiter die Botschaft zum Benden-Weyr. Die Patrouillereiter konnten nach dem Mädchen Ausschau halten und die anderen Burgen jenseits der Sümpfe verständigen. Elgion glaubte zwar nicht, dass sich Menolly in einer Zeit der unberechenbaren Sporeneinfälle so weit von der Halbkreis-Bucht entfernt hatte - aber er wollte nichts unversucht lassen.
    Niedergeschlagenheit erfasste ihn. Er hatte auch nichts unversucht gelassen, um den Namen jenes unbekannten jungen Barden zu erfahren - ohne Erfolg. Dabei drängte der Meisterharfner, den Jungen in seine Gilde aufzunehmen und zu erziehen. Begabte Liederschreiber waren eine Seltenheit. Man musste solche Talente unter allen Umständen fördern.
    Inzwischen glaubte Elgion zu wissen, weshalb der alte Harfner den Namen des Jungen mit keiner Silbe erwähnt hatte. Der Burgherr dachte nur an seine Flotte; jeder Mann, jede Frau und jedes Kind seines Haushalts hatten einen festen Platz und eine feste Aufgabe im Fischereibetrieb. Sie waren
alle hervorragend ausgebildet. Yanus wäre sicher nicht erfreut gewesen, wenn einer der Halbwüchsigen, anstatt kräftig mit anzupacken, seine Zeit mit Musik verplempert hätte. Es gab in der Tat nicht einen Einzigen, der Elgion abends beim Musizieren helfen konnte. Ein Junge besaß ein gewisses Rhythmusgefühl, und der Harfner hatte begonnen, ihn an den Trommeln auszubilden, aber die Mehrzahl seiner Schüler hatte plumpe Finger. Oh, sie kannten ihre Lehrballaden auswendig - aber sie blieben passiv. Kein Wunder, dass Petiron so von dem begabten Kind geschwärmt hatte. Und schade, dass der alte Mann gestorben war, ehe er Robintons Botschaft erhielt. Auf diese Weise hätte der Junge erfahren, dass man in der Harfnergilde sehnsüchtig auf ihn wartete.
    Elgion sah die Flotte auslaufen. Er trommelte die Kinder zusammen, ließ sich in der Küche von einer der alten Frauen Fleisch und Brote mitgeben und zog dann mit seiner Schar los, angeblich, um Gräser und Kräuter zu sammeln.
    Die Halbwüchsigen kannten den Harfner inzwischen gut vom Unterricht, aber sie blieben scheu und hielten einen respektvollen Abstand ein. Als er sie dann bat, unterwegs nach Menollys Gürtelmesser oder sonstigen Habseligkeiten Ausschau zu halten, vertiefte sich die Kluft noch mehr. Sie schienen zu zögern und gaben keine vernünftigen Antworten auf die Frage, in welcher Gegend die Suche am ehesten Erfolg haben könnte. So erklärte ihnen Elgion, dass Yanus selbst angeordnet habe, jeder, der die Burg verließ, solle nach dem vermissten Mädchen suchen. Allerdings gelang es ihm kaum, das Vertrauen der Kinder wiederzugewinnen.
    Er kehrte mit seinen Schützlingen in die Burg zurück, beladen mit Beeren, Gräsern und auch einigen Spinnenklauen. Die einzige Information, die er im Laufe des ganzen Vormittags erhalten hatte, war, dass Menolly jeden Fleck kannte, an dem es Spinnenklauen gab. Wie sich herausstellte, musste der
Harfner die Signalflagge nicht mehr hissen. Schon am nächsten Tag landete ein Geschwaderführer mit seinem Bronzetier am Strand der Halbkreis-Bucht, begrüßte Yanus liebenswürdig und fragte, ob er ein paar Worte mit dem Harfner wechseln könne.
    »Sie sind sicher Elgion«, sagte der junge Mann und winkte ihm zur Begrüßung. »Ich heiße N’ton und das hier ist Lioth. Ich hörte, dass Sie sich allmählich eingewöhnen.«
    »Was kann ich für Sie tun, N’ton?«, fragte Elgion und ging mit dem Bronzereiter den Strand entlang, bis sie außer Hörweite waren.
    »Sie haben von den Feuerechsen gehört?«
    Elgion starrte N’ton einen Moment lang überrascht an und lachte dann. »Dieses alte Ammenmärchen?«
    »Kein Ammenmärchen, mein Freund«, erklärte N’ton. In seinen Augen blitzte der Schalk, aber seine Stimme klang

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