Drachenlord-Saga 02 - Drachenherz
ist, müssen so rasch wie möglich nach Thalnia gelangen. Wir müssen dort sein, bevor die ersten Winterstürme beginnen – und Maurynna sagte, es wird nicht mehr lange dauern, bis das der Fall ist.«
»Wieso verwandelt Ihr Euch nicht und fliegt dorthin?« fragte Tyrian unschuldig.
Nur ein leises Keuchen von Maurynna brach die Stille. Aber Tyrian kannte sich aus; Linden sah, wie der Blick des Mannes von einem Drachenlord zum anderen wanderte und die Antwort auf eine ganz andere Frage suchte.
Dann erklärte Otter: »Weil wir zusammen reisen möchten, Herr, und weder mein Neffe noch ich, noch unser anderer Begleiter sind Drachenlords, die sich einfach verwandeln und übers Meer fliegen können. Außerdem dürfen wir die Pferde nicht vergessen.«
»Selbstverständlich«, meinte Tyrian angemessen schuldbewußt. »Wie dumm von mir, zu vergessen, daß Ihr ein Echtmensch seid.«
Otter lachte. Es klang echt, aber das war, wie Linden dachte, nur angemessen. Otter war Barde bis in die Fingerspitzen und daran gewöhnt, anderen etwas vorzumachen.
»Und das ist eine Schande«, meinte der Barde, »wenn ich mich recht an meine letzte Überfahrt von Thalnia hierher erinnere. Ich könnte auf eine weitere Seereise verzichten. Aber zumindest werde ich diesmal nicht der Gnade eines gewissen verrückten Kapitäns ausgeliefert sein.« Er warf Maurynna eine Kußhand zu und zwinkerte.
Ihr Lächeln war ein wenig angespannt, aber recht überzeugend. Dennoch, Tyrian wirkte ein wenig … mißtrauisch? Beunruhigt? Linden schob Rann auf seinem Schoß zurecht, als wappnete er sich für unangenehme Fragen.
Aber Tyrian schwieg einfach weiter und verfolgte mit dem Zeigefinger ein Muster auf dem Tisch. Linden entspannte sich wieder. Abrupt sagte der Cassorianer: »Darf ich Euer Gnaden fragen, wie es zu dieser hastigen Reise kommt, wieso solche Geheimhaltung notwendig ist?« Wieder wanderte sein Blick von Drachenlord zu Drachenlord und suchte eine Antwort, die über ihre bisherigen Worte hinausging.
Aber wenn Otter schon daran gewöhnt war, anderen etwas vorzumachen, hatte ihm Lleld Jahrhunderte der Übung voraus. Sie lächelte Tyrian strahlend an und legte ihre kleine, bleiche Hand auf die dunklere ihres Seelengefährten. »Manchmal, Euer Gnaden, werden selbst Drachenlords des Drachenhorts müde. Um ehrlich zu sein, Jekkanadar und ich, wir haben uns gelangweilt. Fügt außerdem hinzu, daß Maurynna und Linden Rynnas Familie in Thalnia besuchen wollten und daß Otter und sein Verwandter Raven – gute Freunde von uns allen – ebenfalls in diese Richtung unterwegs sind, und wir haben eine gute Ausrede, uns herumzutreiben.« Sie blickte lächelnd zu Jekkanadar auf, bevor sie fortfuhr. »Und was die Geheimhaltung angeht, nun, das hier ist kein Staatsbesuch, und wir möchten einfach unnötige Umstände vermeiden. Ich weiß, daß Linden das letzte Mal hier Aufruhr genug entfacht hat.«
Tyrian gab ein Hüsteln von sich, das verdächtig nach einem leisen Lachen klang.
Maurynna fügte hinzu: »Und was die Eile angeht, Euer Lordschaft, nun, wir haben uns leider ein wenig spät entschieden, nach Thalnia zu fahren. Bevor ich Drachenlord wurde, war ich Kapitän; ich erinnere mich nur zu gut daran, wie es ist, von einem Wintersturm auf See erwischt zu werden. Diese Erfahrung möchte ich nicht gerne wiederholen. Ich möchte so bald wie möglich unterwegs sein.«
Gut gemacht, sagte Linden, und seine Geistesstimme sagte deutlich, wie amüsiert er war. Du warst ebenso überzeugend wie Otter und Lleld.
Der beste Weg, eine falsche Spur zu legen, besteht immer noch darin, die Wahrheit zu erzählen, erwiderte Maurynna. Und alles, was ich gesagt habe, ist nichts anderes als das. Die Herrin hat uns erst spät gehenlassen. Tyrian muß nicht wissen, wer diese Entscheidung gefällt hat. Und diese Stürme sind wirklich kein Witz … Sie rieb sich über die Stirn und verzog schmerzlich das Gesicht. Ich kann nicht … weitermachen … Ihre Geistesstimme wurde leiser. Kyrissaean …
Linden hatte schon bei Maurynnas ersten Worten die Anwesenheit der Drachenseele wie einen Schwärm zorniger Wespen gehört. Ihr Kopf mußte sich anfühlen, als bräche er gleich auseinander.
Immer mit der Ruhe, Liebste, sagte er besorgt, während sie kreidebleich wurde.
»Maurynna Kyrissaean?« flüsterte Prinz Rann und regte sich unbehaglich auf Lindens Schoß. Als niemand etwas sagte, wandte der Junge dem Drachenlord sein besorgtes Gesicht zu. »Geht es ihr gut?«
»Sie ist nur sehr
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