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Drachenlord-Saga 02 - Drachenherz

Drachenlord-Saga 02 - Drachenherz

Titel: Drachenlord-Saga 02 - Drachenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Bertin
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sich niemals dazu herablassen würde, solche Wege zu benutzen. Sie waren nur für die niedrigsten Sklaven. Selbst er, Hodai, hatte das Recht, die Hauptflure durch den Tempel zu benutzen.
    Aber er hatte geglaubt, hier sicherer zu sein …
    Haoros Hand schoß so rasch vor wie eine zuschlagende Schlange. Lange, kühle Finger griffen nach Hodais Kinn, kippten seinen Kopf nach oben, um ihm in die Augen zu sehen. Ein Teil von Hodai war überrascht, daß die Hand des Priesters mit Haut bedeckt war, wie die jedes anderen Menschen; er hatte beinahe erwartet, rauhe Schuppen an seinem Kinn zu spüren.
    Der Rest von ihm war nur noch verängstigt.
    »Nun?« sagte Haoro. »Hast du mir nichts zu sagen, Junge?«
    Hodai schüttelte hektisch den Kopf. Oder er versuchte es zumindest; die Finger des Priesters hielten ihn wie ein Schraubstock. Er bewegte erschrocken die Hände.
    »Ich weiß, daß er die Regeln des Phönix in Frage stellt, Junge. Ich spüre es. Weshalb sonst gibt es so viele Botschaften, die zwischen ihm und den Sehern der Zharmatianer und der Tah’nehsieh hin- und hergeschickt werden? Ich glaube nicht, daß es nur darum geht, zu lernen, wie dein Herr sagt. Aber Pah-ko ist schlau; er erzählt uns geringeren Priestern nicht, was er wirklich denkt oder was in seinem Herzen vorgeht. Aber du … ich weiß, daß er dir Dinge sagt, die er sonst niemandem anvertrauen würde. Wem solltest du es schon berichten? Nur wenige kennen die Fingersprache der Orakel.« Er lächelte, kaum ein Verziehen der Lippen, und senkte die Stimme, weich wie Seide und kalt wie Jade. Der Priester fuhr fort: »Wie ich sie kenne. Ah – das wußtest du nicht, kleines Orakel? Aber ich kenne sie. So erzähle es mir; sag mir alles.«
    Hodai zwang seine zitternden Finger, sich zu bewegen. Nichts. Der Herr hat nichts Schlechtes gesagt.
    Haoros Fingernägel bissen in Hodais Gesicht; Tränen traten dem Jungen in die Augen. Er drückte die Augen fest zu.
    »Sieh mich an!« forderte der Priester.
    Mit einem leisen Wimmern begegnete Hodai dem Blick der schwarzen Augen, der sich tief in seine Augen bohrte. Haoros Blick brannte mit einer Kälte, die Geist und Seele versengte, die ihn zerriß, als sie durch jede Faser seines Wesens raste.
    Nach einer Ewigkeit ließ Haoro ihn gehen. Hodai ließ sich keuchend gegen die Mauer fallen. In seinem Schrecken hatte er vergessen, Luft zu holen. Die Welt tanzte grau und trüb vor seinen Augen. Seine schmale Brust hob sich, als er tief einatmete.
    »Du hast nicht gelogen«, meinte der Priester. »Pah-ko hat dir nichts gesagt. Aber er wird es tun, Orakel. Er wird. Und wenn er es tut …«
    Haoro wandte dem Stummen sein strahlendes Lächeln zu. »Wenn er das tut und du mir davon erzählt hast, dann sollst du deine Belohnung haben, tapferer kleiner Hodai. Dann sollst du singen. Hör hin.«
    Wie aus dem Nichts kam geisterhafter Gesang. Die Stimme war leise und klar und schöner selbst als die Stimme, die das Lied anführte. Hodai zitterte bei diesem Klang und streckte die Hände aus, als könnte er ihn aus der Luft holen.
    Ohne ein weiteres Wort verschwand der Priester in dem Schatten, aus dem er gekommen war. Der Gesang verstummte. Hodai sackte am Boden zusammen. Er weinte.
    Wie konnte er den Mann verraten, der für ihn Vater und Mutter gewesen war?
    Dann erinnerte er sich an die Stimme, die man ihm versprochen hatte.
    Wie konnte er es nicht tun?
    Das Anwesen ihres Onkels war riesig, dachte Nama, als sie hinter ihm hereilte. Es gab das Haupthaus und eine ganze Anzahl kleinerer Häuser, viele von ihnen umgeben von eigenen Gärten. Häuser für Gäste? Begünstigte Diener? Sie hatte nicht die Zeit, stehenzubleiben und sich alles genau anzuschauen.
    Sie wollte es auch nicht. Jemand hätte sie sehen können. Denn sie wagte es nicht, ihren Schleier wieder vorzuziehen; ihr Gesicht war immer noch unbedeckt. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, wie Diener stehenblieben und sie anstarrten. Zu ihrer äußersten Erniedrigung glotzten einige der Männer sie gierig an, sobald Jhanun vorübergegangen war. Der Phönix sollte ihr helfen, glaubten sie denn, sie sei eine von Jhanuns Kurtisanen? Sie wünschte sich, der Boden würde sie verschlingen. Sie wünschte sich, der Phönix würde sie mit seinem heiligen Feuer treffen und ihr die Schande ersparen. Aber sie konnte nichts anderes tun, als mit gesenktem Kopf und tränenfeuchten Augen hinter ihrem Onkel herzueilen. Zu weinen wagte sie nicht.
    Zumindest war Moya bei ihr. Sie konnte hören, daß die

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