Drachenlord-Saga 02 - Drachenherz
Yesuin neben ihr auf den Knien. »Shei – was ist los?«
Staunen nahm ihr die Worte. Unter ihren Händen war es, als glühte die Sonne einen Augenblick lang in ihrem Leib, und sie wußte es. Freude stieg in ihr auf.
»Yesuin«, flüsterte sie, vor reinem Entzücken kaum in der Lage zu sprechen, »ich bin wieder schwanger. Es ist gerade jetzt geschehen – ich weiß es!«
»Bist du sicher? Kann denn so etwas …«
Ein drängendes Klopfen an der Tür unterbrach ihn. »Herrin«, rief Murohshei leise, »jemand kommt!«
Sofort war Yesuin aus dem Bett gesprungen. Er griff nach den Kleidern, die er am Abend zuvor auf den Boden geworfen hatte, und rannte zum Eingang des Geheimgangs, bevor sie noch ein Wort sagen konnte. Sie sah, wie die rote und goldene Lacktäfelung unter seinen Fingern zurückglitt, beobachtete schweigend, wie Yesuin im Dunkeln dahinter verschwand und die Täfelung sich wieder an ihren Platz bewegte.
Geblieben war nur das Wissen darüber, was unter ihren Händen lag und was es ihr bringen mochte.
Endlich verstand Morien, was ihnen gegenüberstand. Dies war nicht der Phönix selbst. Dies war ein Bild aus Magie, aus gemeinsamer Anstrengung von einer Art, die er für unmöglich gehalten hatte und die die magischen Kräfte sowohl des Phönix als auch Pirakos’ benutzte. Sein Herz wurde eiskalt. Magier schlössen sich doch nicht auf diese Weise zusammen und arbeiteten im Einklang! Das war unmöglich, das konnten sie nicht!
Aber der tödliche Beweis hing vor ihm am Himmel. Der geisterhafte Vogel wendete, und das Feuer sprühte abermals. Wieder versuchten die Drachen zu flüchten. Ein paar mehr wurden erfaßt Sie stürzten nieder, verbrannten zu Tode wie andere vor ihnen. Der Phönix wandte sich der größten Gruppe Überlebender zu. Sie flohen. Es war hoffnungslos. Die Drachen waren zum Untergang verurteilt. Verzweiflung überfiel Morien. Sie könnten nichts gegen einen Feind erreichen, den sie nicht einmal berühren konnten. Ihre einzige Hoffnung lag in einem Rückzug hinter eine Entfernung, die die Priester mit dieser Erscheinung nicht erreichen konnten.
*Rückzug! Sofort! Hinter die Berge* brüllte Morien seinen Verwandten zu. Denn er wußte plötzlich, wenn die Drachen das rote Land erreichen konnten, das sie zuvor überquert hatten, wären sie in Sicherheit. Er erinnerte sich an das angenehme Gefühl, das dieses Land ausgestrahlt hatte, und übermittelte es den anderen.
Einer nach dem anderen reagierten sie, gaben das erschrockene, fruchtlose Ausweichen auf und rasten, so schnell sie konnten auf die Berge zu. Einige waren kaum mehr imstande zu fliegen. Andere eilten zu Hilfe, achteten nicht auf ihre eigene Sicherheit und begaben sich in Todesgefahr, als der Phönix erneut angriff.
Er wählte zwei Drachen aus; mit einem verzweifelten Schrei erkannte Morien, daß es sich um Lurione handelte, einen der jüngsten Drachen, schwer verwundet … und Talassaene, deren amethystfarbene Schuppen im Licht der Morgensonne wie Edelsteine glitzerten. Er strengte sich an, sie zu erreichen; was er dann tun wollte, wußte er nicht. Aber er war zu alt, zu müde und außerdem verwundet.
Und es gab ohnehin nichts, was er tun konnte. Dieses Wissen schmerzte am meisten.
Aber irgendwie gelang es Talassaene, die Krallen in den jüngeren Drachen zu schlagen, sich in der Luft zu drehen und in Sturzflug zu gehen. Das Feuer des Phönix verfehlte sie nur um ein paar Zoll. Einen Augenblick lang glaubte Morien, sie könnte entkommen; dann traf sie das Feuer auf Rücken und Flügeln.
Sie schrie auf, konnte Lurione aber festhalten, und durch ein Wunder blieben sie in der Luft. In taumelndem Flug entkam Talassaene der Reichweite des Phönix und flog, immer noch Lurione tragend, auf die Berge zu.
Erleichterung überflutete Morien; sie würden in Sicherheit gelangen. Er wandte seine Aufmerksamkeit den anderen Drachen zu und drängte sie, sich zu beeilen. Sie gehorchten und flogen, so rasch sie konnten, auf den Bergkamm zu, hinter dem das rote Land lag.
Abermals setzte der Phönix zur Verfolgung an. Die letzten Nachzügler flatterten hektisch, was Morien für einen vergeblichen Versuch hielt. Er stieß einen Warnschrei aus, als der Phönix über sie hinwegflog; einer der Drachen schaute über die Schulter, als der Phönix sich näherte, Verzweiflung in den rubinroten Augen. Aber gerade, als das Feuer von seinen Flügeln sich nach dem Drachen ausstreckte, verschwand der riesige Vogel. Wie Dunst über einem Feuer verschwand er
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