Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix
ist die Stimme, die uns gewarnt hat, nicht wahr?«
»Ja. Du bist also auch der Meinung, daß es sich um einen Drachen handelt?« sagte er. Er war sicher gewesen, als er die Stimme zum ersten Mal hörte, aber was, wenn es ein Trick der Priestermagier war?
Lleld nickte. »Ja, es ist deutlich eine Drachenstimme – zumindest denke ich das«, meinte sie dann mit einer Unsicherheit, die ihr sonst vollkommen fremd war.
Also hatte auch sie befürchtet, daß man sie hinters Licht führen wollte.
Jekkanadar meinte: »Wie, bist du jetzt etwa vorsichtig geworden, Lady Unruh? Jetzt halte ich wirklich alles für möglich.« Er lächelte. »Aber ich muß dir zustimmen. Wir können nicht sicher sein.«
Lleld sah ihn nicht einmal an. »Aber was meint er mit den Schutzsteinen?« Sie schaute Ghulla an. »Weißt du es?«
Die Seherin nickte, immer noch lächelnd. »Sie sind eine Abscheulichkeit, ein Teil des Zauberbanns, der den Phönix gegen die natürliche Ordnung der Dinge gefangenhält. Es sind Steine, umgeben von Tempeln, in dreien der vier Viertel. Sie helfen, die Macht zu verankern, die den Phönix im Rivasha hält. Der Kernpunkt ist der Norddrache, der unter dem Kajhenral gefangen liegt. Das ist der Ort, den nur deine Seelengefährtin betreten kann, Linden Rathan. Aber die anderen sind ebenfalls wichtig; solange nicht alle zerstört sind, wird der Phönix sich nicht befreien können. Es wäre möglich, daß die Priestermagier genug Macht heraufbeschwören können, um sein Gefängnis aufrechtzuerhalten, wenn einer der Steine zerstört wird. Sie könnten den Phönix sogar einige Zeit weiter gefangenhalten, wenn drei Anker zerstört werden. Aber wahrscheinlich nur für kurze Zeit. All ihre Macht könnte den Phönix nicht mehr lange halten, wenn die Grundsteine seines Gefängnisses weggewischt werden.«
*Eilt euch! Ihr müßt euch beeilen! Wenn ihr zögert, gefährdet ihr Maurynna Kyrissaean. Es wird dauern , bis ihr die Steine erreicht – Zeit, die sie nicht hat*
Das goldene Licht explodierte und warf sie nach hinten. Sie schlug so fest mit dem Kopf auf den Boden, daß sie Sterne sah.
Es war Pirakos* Brüllen, das sie wieder zu sich brachte. Der Echtdrache warf sich mit erneuerter Wut gegen die Ketten. Für einen Augenblick, der beinahe ihr Herz stillstehen ließ, befürchtete Maurynna, die Fesseln würden nachgeben. Aber sie hielten, dank der lange verstorbenen Schmiede, die sie hergestellt hatten. Maurynna dankte ihnen in einem lautlosen Gebet.
Dann rannte sie zum nächsten Bannstein.
Er … er hatte wieder einen Körper! Aber was war mit ihm geschehen? Shima schüttelte den Kopf, dann hielt er inne. Ihm war schwindelig. Sein Hals war viel zu … in einem einzigen, blendenden Augenblick verstand er; die Antwort lag in den erschrockenen Gesichtern vor ihm. Brüllend schlug Shima mit einem klauenbewehrten Vorderfuß zu . Die Jehangli-Soldaten flogen durch die Luft wie Kieselsteine, die Kinder nach den Krähen warfen, um sie von den Maispflanzungen fernzuhalten. Keiner von ihnen rührte sich mehr.
Shima bäumte sich im heißen Sonnenlicht auf, breitete weit die Flügel aus, überwältigt von dem, was ihm geschehen war, von dem Wunder dieses Augenblicks. Er starrte nieder auf das, was seine Arme gewesen waren. Das Licht glitzerte auf schwarzen Schuppen.
Dann bemerkte er eine Bewegung. Shima sackte wieder auf alle viere, drehte den langgezogenen Kopf, bereit zum Kampf. Aber es waren Tefira und Raven, die den Abhang herunter auf ihn zugerannt kamen. Der Yerrin bückte sich und hob einen Speer vom Boden. Als wäre es Jahre zuvor geschehen, erinnerte sich Shima, daß dieselbe Waffe auf ihn gerichtet gewesen war. Die Geschichten seiner Mutter fielen ihm wieder ein, und er verstand, wie nahe er nicht nur dem Tod, sondern der vollkommenen Vernichtung gewesen war.
Und er wußte, wer ihn gerettet hatte. Danke, sagte er zu Raven. Er hielt inne, verblüfft darüber, daß er im Geist gesprochen hatte. Wie hatte er gewußt …?
Er mußte noch viel darüber lernen, ein Drachenlord zu sein.
»Gern geschehen«, sagte Raven. Er stützte sich auf den Speer. »Und jetzt? Und wo ist Rynna? Warum hast du sie allein gelassen?«
Sie hat mir befohlen, euch zu helfen. Befehl eines Drachenlords, sagte sie, erwiderte Shima.
Der Yerrin johlte. »An einen anderen Drachenlord? Das gefällt mir!« Dann wurde er wieder ernst. »Aber wir müssen sie finden.«
Ja, aber wo?
Haoro lag vor dem Abbild des Phönix, während der Chor sang. Er bemerkte
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