Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix

Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix

Titel: Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Bertin
Vom Netzwerk:

    Mit der Geschwindigkeit eines Tigers fuhr Jhanun herum und verließ den Schreinraum.
    *Komm näher, Mädchen*, lockte die Stimme. *Komm näher, damit ich dich sehen kann.*
    Maurynna drückte die Hände an den Kopf. Die zuckersüße Stimme drängte sich in ihren Geist, brachte mit sich Andeutungen von Blut und Gewalt, Verzweiflung über alle Maßen, einen Hauch Wahnsinn und krankhafte Freude an allem. Nein, sagte sie, ich traue dir nicht.
    Dennoch mußte sie näher herangehen; wie sonst sollte sie ihn befreien? Sie schlich weiter vorwärts.
    *Komm näher, ich verspreche, daß … * Pirakos warf den Kopf zurück und heulte, als er gegen die Ketten ankämpfte. Das Geräusch drosch körperlich auf Maurynna ein, als es in der Höhle aufstieg und widerhallte. Sie fiel auf die Knie und schrie laut über den Schmerz in ihren Ohren.
    * … ich deine Leber essen werde! * schrillte Pirakos in ihrem Kopf.* Ich will dich Stück für Stück zerreißen und den Echtmenschendreck verstreuen, so daß er verfault Ich werde alle Echtmenschen töten*, tobte er und warf sich herum, soweit seine Ketten es gestatteten. Die Fesseln gruben sich tief in das Fleisch, das unter ihnen schwärte. Ein süßlicher, ekelerregender Gestank stieg auf.
    Maurynna übergab sich. Elend und zitternd wischte sie sich mit dem Handrücken den Mund und hockte auf dem Weg, während ein Strudel von Gedanken und Bildern und Gefühlen durch ihren Kopf tobte … das Streicheln des Sonnenlichts auf ihren Flügeln, der Geschmack des Windes …
    Maurynna begann weiterzukriechen.
    *Ich habe gerne Kaninchen gejagt, als ich noch jung war, das solltest du wissen. Ich habe sie gefangen, wenn sie aus ihren Höhlen kamen.*
    Die Stimme glitt um ihren Geist, kicherte wahnsinnig, schubste sie, zupfte, heulte vor Schmerz und trug die Saat des Wahnsinns in sich. Das schrecklichste von allem war der Geist, den sie dahinter spürte – nur Spuren davon, aber anwesend –, ein Geist, der gefangen war und verzweifelt heulte. Sie konzentrierte sich darauf, die entgegengesetzten Hände und Knie zu bewegen, und arbeitete sich weiter über den Weg. Scharfkantige Steine schnitten sie, während sie kroch; sie begrüßte die Ablenkung, die sie ihr von dieser Gedankenstimme verschafften, die in ihrem Kopf schwatzte.
    *Aber nun verstecken sie sich drinnen – siehst du sie? – und ich kann nicht mehr hineinkommen, und sie warten auf mich. Sie warten und warten, ihre Reißzähne lang und vor Gift triefend. Warten darauf, mich zu zerreißen, wie ich – HASS, HASS, HASS, HASS – dich zerreißen werde!*
    Er kann dich nicht erreichen, sagte sie sich immer und immer wieder, die Ketten werden ihn festhalten, sie sind zu kurz. Geh zu den Bannsteinen.
    Und wenn sie den Zauber löste? Was dann?
    Es war gleich. Sie durfte nicht darüber nachdenken; sie würde an überhaupt nichts denken, außer an den Boden direkt vor ihr und wie sie die schlimmsten Steine vermeiden konnte. Das war der einzige Weg. Sie kroch weiter, Zoll für Zoll, während der tobende Pirakos sich gegen die Ketten warf, und sie verschloß ihren Geist vor allem außer der Last, ihren unwilligen Körper vorwärts zu zwingen.
    Weiter und weiter ging es; dann kniete Mauiynna so plötzlich, daß es sie verblüffte, vor dem ersten Bannstein. Es war der, der Pirakos’ rechtes Vorderbein band.
    Goldenes Licht fiel auf sie. Sie hob ihr Gesicht der sanften Wärme entgegen, erinnerte sich daran, wie es sich anfühlte, in der Sonne zu stehen. Bevor sie darüber nachdenken konnte, ob sie das jemals wieder tun würde, zog Maurynna das kurze Schwert aus der Scheide. Sie packte den Griff so fest sie konnte in ihren blutenden Händen und schlug in den Lichtschein hinein.
    *Es ist Zeit! Ihr müßt die Schutzsteine niederwerfen!*
    Linden zügelte Shan erschrocken. Die seltsame Stimme, die sie vor Tarens Verrat gewarnt hatte, war wieder in seinem Kopf. Er fragte sich, ob er sie sich wohl nur eingebildet hatte oder ob er den Verstand verlor.
    Aber nein, das war nicht möglich; Lleld und Jekkanadar hatten ebenfalls innegehalten, und beide hatten dieselbe verblüffte Miene. Otter, Dzeduin und Yesuin andererseits hatten offensichtlich nichts gehört. Sie ritten ein paar Schritte weiter, bevor sie ihre Pferde zügelten und überrascht zurückblickten.
    Aber auch Ghulla war stehengeblieben und beobachtete die Drachenlords mit einem dünnen Lächeln.
    »Was ist das?« fragte Otter.
    »Wer …«, sagte Jekkanadar zur selben Zeit, als Lleld fragte: »Das

Weitere Kostenlose Bücher