Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix
gerettet hat, sein Freund – tot ist. Sie sagt, er müsse erst Zhantse in Nisayeh finden.«
Linden schaute hinüber zu Yesuin, der jetzt mit den anderen lachte.
»Armer Kerl«, sagte er.
Es geschah, als er über einen kleinen Riß im trockenen Boden sprang. Shimas Fuß setzte auf einem lockeren Stein auf, und er rutschte zusammen mit einem Haufen kleiner, spitzer Steine und Sand die Böschung hinunter. Der Aufprall im Talboden drückte ihm den Wind aus den Lungen. Ihm war schwindlig.
Er setzte sich, schüttelte den Kopf, überprüfte seinen Körper. Blaue Flecken, ja; Schürfwunden, ja – selbst ein oder zwei tiefere Schnitte. Und eine Beule am Kopf, die verflucht weh tat, aber nichts gebrochen oder verrenkt.
»Ha!« sagte er, als er auf die Beine kam und weiterhinkte. »Ich hatte – autsch!« Er hatte eine weitere Prellung gefunden.
Er huschte so schnell wie möglich über den Talboden und hatte vor, den gegenüberliegenden Kamm zu erreichen, bevor die Jehangli-Soldaten ihn entdecken konnten.
Aber das Tal war weiter, als er gedacht hatte, und der Weg so uneben, daß er den anderen Abhang erst zur Hälfte erklettert hatte, als er Rüstungen klirren hörte. Vor ihm lag eine winzige »Höhle«, die von ein paar Felsen gebildet wurde. Shima warf sich hinein und zwängte sich nach innen, wobei er nur hoffen konnte, daß sich hier keine Schlangen vor der Sonne verbargen.
Er rollte sich zusammen und drehte sich, so daß er zurückschauen konnte; die Öffnung zeichnete sich leuchtend gegen die Dunkelheit ab, die ihn umgab. Sofort begann sein Körper sich zu beschweren. Shima ignorierte es und konzentrierte sich darauf, nur leicht zu atmen, damit er die Soldaten hören konnte.
Bitte laß sie den Weg nehmen! betete er wieder und wieder.
Zunächst hörte er nur entferntes Stimmengemurmel.
Dann wieder diese extreme Hellhörigkeit.
»HIER! EIN WEG!«
Die Worte dröhnten in seinem Kopf. Einen Augenblick lang befürchtete er, sein Schädel würde bersten. Stöhnend drückte er die Hände an den Kopf.
»WAS, WENN ER INS TAL GEKLETTERT IST?«
Dann überfiel es ihn wieder, und schlimmer als je zuvor. Das Gefühl drosch gegen seine Brust, wie ein Falke sich gegen die Stäbe eines Käfigs wirft.
Raus, raus, raus, raus, raus!
Und obwohl er wußte, daß es der Tod war, der ihn trieb, kroch Shima rasch auf die Öffnung zu.
Knochen. Der Boden der Höhle war bedeckt mit zerbrochenen und zersplitterten Knochen, wie Maurynna feststellte, als sie nun unwillkürlich begann, um sich zu tasten. Ihr Kopf drehte sich; hatten die Priester-Magier Pirakos mit Verbrechern gefüttert und mit jenen, die sie verdächtigten, eine Drachenseele zu haben? Sie leckte sich die trockenen Lippen.
Ihr Götter, was mußte es Pirakos angetan haben, daß man ihn zwang, Menschenfleisch zu essen! Und sie betete, daß die Unseligen tot gewesen waren, bevor man sie hier hereingeworfen hatte. Sie wollte nicht daran denken, welchen Schrecken sie sich sonst gegenübergefunden hatten.
Dann wurde ihr klar: Das hier waren diejenigen, die entkommen waren, nur um im Dunkeln einen qualvolleren Tod zu finden.
Sie mußte unbedingt Licht haben. Bisher hatte sie Glück gehabt. Einige der Knochenfragmente, die sie berührt hatte, waren spitz wie Speere gewesen. Wenn sie auf die falsche Stelle gefallen wäre …
Maurynna bog die Handflächen zusammen und beschwor ein winziges Flackern von Kaltfeuer herauf, kaum mehr als eine Kerzenflamme. Es warf einen schwachen Lichtschein.
Aber es genügte, um ihrer Drachensicht zu enthüllen, daß eine Gewölbeöffnung vor ihr lag und die Höhle, der sie gefolgt war, sich hinter ihr erstreckte.
Abermals stand sie auf und hielt dabei das Kaltfeuer zwischen den Händen. Was sie suchte, lag hinter diesem Bogen, und es blieb ihr nichts anderes übrig, als weiterzugehen.
Aus dem Nichts zischte eine Stimme durch ihren Geist wie ein kalter Wind.
*Echtmensch.*
Sie ging durch den Torbogen, als stünde sie unter einem Zauberbann.
Shima taumelte, als das grelle Wüstenlicht auf ihn niederbrannte, Die Helligkeit drang in seine Augen, als hätte jemand eine Fackel hineingestoßen. Er tastete sich über den felsigen Boden, und das Gefühl trieb ihn weiter aus seiner Zuflucht heraus. Er hörte die triumphierenden Rufe der Soldaten, aber nur wie aus der Ferne, als hätten sie nichts mit ihm zu tun.
Aber so war es nicht, und ein Teil von ihm wußte es und kämpfte darum, fliehen zu können. Der Kampf tobte in seinem Kopf, aber seine
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