Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix
seine Brust fiel, das ihn aufs Bett niederpreßte. Er wehrte sich, aber es hatte keinen Sinn; seine Angewohnheit, die seidenen Laken wie einen Kokon um sich zu wickeln, bedeutete, daß er weder um sich schlagen noch treten konnte. Panik ergriff ihn.
Er spürte Lippen an seinem Ohr. Einen Augenblick später verstand er die Worte, die sie flüsterten: »Ich komme vom Kaiser! Der Zeitpunkt, für den Ihr Euch bereits verabschiedet habt, ist gekommen.«
Yesuin wurde schlaff, um seinem Besucher zu zeigen, daß er verstanden hatte. Sofort wurde die Hand von seinem Mund gezogen, und das Gewicht verschwand. Zitternd setzte er sich aufrecht hin und schob die Laken mit einem geflüsterten Fluch weg.
Es war dunkel im Zimmer; er sah Xianes Boten nur als tieferes Dunkel vor den Schatten. Als er aus dem Fenster schaute, bemerkte er, daß dort immer noch Sterne zu sehen waren. Er blickte zu dem Sternbild auf, das als Leuchtende Prinzessin bekannt war; sie befand sich halb zwischen Zenit und Untergang. Es war immer noch Zeit bis zur Morgendämmerung.
Ein winziges Licht flackerte auf. Yesuin hob die Hand, um seine Augen abzuschirmen. Als er an die Helligkeit gewöhnt war, schaute er wieder hin. Ein Mann beobachtete ihn, eine kleine Lampe in der Hand.
Yesuin erkannte ihn sofort. »Ihr seid derjenige, der dem Kaiser an diesem Tag die Botschaft gebracht hat!«
Der junge Offizier nickte. »Ja. Seit seine kaiserliche Majestät mich befördert hat, hatte ich nichts als Glück. Ich würde alles für ihn tun. Aber Ihr müßt Euch beeilen. Auf dem Weg hierher hörte ich, daß einige höhere Offiziere schon Eure Verhaftung planen. Alles, was sie noch zurückhält, ist die Angst, den Kaiser so spät in der Nacht zu stören – sie wissen, daß Eure Räume in der Nähe von seinen Gemächern liegen. Dennoch, ich fürchte, sie werden bald hier auftauchen.«
Er bückte sich, hob ein Bündel auf, das zu seinen Füßen lag, und warf es neben Yesuin aufs Bett. Es fiel schwer dort nieder. »Die Kleidung eines kaiserlichen Boten«, erklärte der Mann, als Yesuin das Bündel öffnete, »zusammen mit Pässen für die Außenposten, Münzen für Pferde, Geld für Vorräte, sobald Ihr die Grenzstädte erreicht – alles, was Ihr braucht. An einem geheimen Ort wartet ein Pferd auf Euch.«
Er beschrieb den Ort; Yesuin kannte ihn. Mehr als einmal hatte Xiane einen vertraulichen Boten von dort aus abgeschickt. Und durch die Geheimgänge führte ein Weg dorthin …
Nun, da seine erste Angst vergangen war, war Yesuin seltsam ruhig. Das überraschte ihn. Er zog die schlichten Kniehosen und das einfache Gewand über, dann die dicken Filz- und Lederstiefel. »Weiß Xiane Bescheid?«
»Ja. An dem Tag, als er mich beförderte, gab er mir die Erlaubnis, mich Tag und Nacht zu nähern, sobald wir Nachricht erhalten, daß Euer Bruder den Vertrag gebrochen hat.«
Die Hand des Offiziers glitt in seinen Ärmel und kam wieder heraus. Yesuin konnte einen kurzen Blick auf ein Abzeichen werfen, das nur wenige zuvor erhalten hatten. Er war beinahe fertig. Er drückte sich die Filzmütze in die Stirn. Endlich richtete er sich auf und zog sich den Träger des Botschaftsbeutels, der seine Verkleidung vervollständigte, über den Kopf, so daß er ihm quer über die Brust hing. Der Beutel lag schwer an seiner Hüfte; Xiane war großzügig gewesen.
Wie er es immer gewesen ist.
»Ich bin bereit«, sagte er schließlich. Dann fiel ihm etwas ein. »Ihr sagtet, Offiziere wollten mich verhaften.«
»Genau. Der Bote ging zuerst zu General Guanli. Er ist derjenige, der solche Angst hat, den Kaiser zu stören.« Die angewiderte Miene des Mannes sagte Yesuin, wer damals dafür verantwortlich gewesen war, den Mann mit der Botschaft für Xiane in den Garten zu senden.
»Wenn sie mich suchen, könnt Ihr sie dann ablenken, sie in die falsche Richtung schicken?«
Laß ihn bitte ja sagen …
Der Offizier nickte. »Kein Problem. Ich werde ihnen erzählen, ein Eunuch hätte mir berichtet, Ihr wäret bei einer Sklavin oder einer Zofe – es wird funktionieren. Guanli will auf keinen Fall einen Fuß in diesen Teil des Palastes setzen, wenn er es vermeiden kann. Aber wie werdet Ihr …«
»Ich habe einen Weg«, warf Yesuin ein. Was er vorhatte, war dumm – reine Idiotie –, aber er mußte es versuchen. »Geht. Setzt sie auf eine falsche Fährte.«
Der Offizier nickte. Er ging zur Tür, dann hielt er inne. »Also gut. Aber beeilt Euch, und geht mit dem Segen des Kaisers; ich soll Euch
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