Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix
Ich werde heute abend nicht weiterreiten. Vielen Dank«, fauchte Maurynna.
Ihr nächster, beißender Kommentar erstickte in einem verwirrten Keuchen. Mit offenem Mund starrten sie den Fremden an.
Hier, mitten in Jehanglan, hatte jemand Yerrin gesprochen. Sie wandte sich Raven zu; er war ebenso verblüfft wie sie.
»Dann sind eure Pferde klüger als ihr«, erwiderte der Fremde immer noch in derselben Sprache. Er zeigte auf die drei Gipfel des Berges. »Wenn die Sturmböen da in den Bergen tanzen, ist es tödlich, sich in einem Bachbett aufzuhalten.«
Raven erholte sich, bevor Maurynna es tat. Er fragte: »Wieso sprichst du Yerrin?«
Der Fremde machte eine ungeduldige Geste. »Das sage ich euch, wenn ihr Dummköpfe aus dem Bachbett kommt. Es kann sich jetzt jederzeit in einen reißenden Fluß verwandeln, nachdem der Regen auf den Drei Schwestern, den D’sah’nii’joos, begonnen hat.«
Maurynna blickte zu dem Berg mit den drei Gipfeln auf. Ja, Drei Schwestern wäre ein guter Name. Und sie verstand, wovon der Fremde sprach. Selbst von hier aus konnte sie den Donner hören. Sie nickte Raven zu. Eilig sammelten sie den Rest ihrer Besitztümer auf. Die Llysanyaner rutschten wieder das Ufer herunter.
Maurynna band das kleine Holzbündel mit einem Stück Schnur aus Boreais Satteltasche zusammen. Es wäre dumm, es zu verschwenden; wie Raven schon gesagt hatte, gab es hier nicht viel Holz. Raven sattelte die Llysanyaner schnell. Sie warf ihm das Bündel zu, und er band das Holz an Sturmwinds Sattel.
Sie stiegen auf die Pferde – Maurynna mit einem Ächzen - und lenkten die Llysanyaner zum Ufer. Die kräftigen Pferde kletterten ein zweites Mal nach oben.
Der Fremde glitt von seiner kleinen, zottigen Stute und warf ihnen ihre Satteltaschen hoch, bevor er selbst wieder in den Sattel sprang.
»Und jetzt weg hier«, befahl er. »Manchmal stürzen die Ufer ein, wenn es Hochwasser gibt.« Er wendete sein Pferd und galoppierte los. Boreal und Sturmwind folgten.
Sie waren noch nicht weit entfernt, als ein Rumpeln Maurynnas Aufmerksamkeit erregte. Es kam näher und wurde mit jedem Herzschlag lauter. Sie zügelte Boreal und spähte neugierig zurück zum Bachbett.
Mit einem Tosen donnerte eine Mauer von Wasser durch das Bachbett und überschwemmte die Ufer. Entsetzt und fasziniert zugleich sah Maurynna zu, wie das Ufer, an dem sie noch vor so kurzer Zeit gestanden hatte, mit der tobenden Flut verschmolz. Der plötzliche Fluß hatte ein neues, breiteres Bett gewonnen.
Ihr wurde kalt. Wir wären umgekommen, Sie mochte zur See gefahren sein, aber der Gedanke an das Ertrinken entsetzte sie.
Boreal drehte sich und trabte hinter Raven und dem Fremden her. Sie versuchte nicht, ihn zurückzuhalten. Statt dessen klammerte sie sich so gut wie möglich an ihre Satteltasche, ließ die Zügel auf Boreais Hals fallen und konzentrierte sich darauf, ihren schmerzenden Körper im Sattel zu halten.
Kurze Zeit darauf holte sie Raven und den Fremden ein. Sie hatten angehalten und warteten auf sie. Boreal blieb vor dem zottigen Pferd des Fremden stehen.
Gefangen zwischen Angst und Neugier betrachtete Maurynna den Mann; er tat dasselbe mit ihr.
Schließlich sagte sie: »Danke. Wir sind Fremde in diesem Land und hätten dort festgesessen wie Kaninchen in der Schlinge.«
»Gern geschehen, Maurynna Kyrissaean.« Er lachte über ihr überraschtes Zusammenzucken. »Ja, ich kenne Eure Namen. Ein … Freund hat mir von Euch erzählt und mich gebeten, nach Euch Ausschau zu halten.« In seinen Augen glitzerte der Schalk.
»Ein Freund?« sagte Maurynna verwirrt; ihr Herz klopfte immer noch entsetzt, weil er sie mit ihrem vollen Namen angesprochen hatte. Dann lachte sie. Er mußte den jungen Wasserdrachen meinen; wer sonst in Jehanglan kannte ihren Namen?
Der Fremde lächelte ein freundliches, strahlendes Lächeln, das so ansteckend war, daß sie ebenfalls lächeln mußte. »Ich sehe, Ihr versteht, von wem ich spreche. Ich bin Shima, Geistertrommler für Zhantse, den Schamanen der Tah’nehsieh.«
»Das erklärt immer noch nicht, wieso Ihr Yerrin sprecht«, sagte Raven barsch.
»Verzeiht, ich hätte mich auf Eure Weise vorstellen müssen. Ich bin Shima Lerchesohn vom Wolfsklan.«
»Euer Vater« – nun schüttelte Raven den Kopf – »Eure Mutter ist Yerrin? Wie kommt das?« fragte Maurynna.
»Ja … wie ist eine Yerrin hierhergekommen?« fragte Raven stirnrunzelnd und mißtrauisch. Er sah Maurynna an. »Und wer ist dieser Freund, den ihr
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