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Drachenmagier

Titel: Drachenmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis , Tracy Hickman
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stimmte
einen
melancholischen Sprechgesang an. Die Runen sanken durch die Balken aus
dem
Stamm eines Baumes, der einst in der Erde einer fremden, versunkenen
Welt
gewurzelt hatte, und trugen Alfred mit sich in das kühle
Halbdunkel der Bibliothek.
    Orla
wanderte ruhelos durch die Zimmer ihres Hauses. Sie
wünschte sich Samah herbei
und war gleichzeitig froh, allein zu sein. Die Stimme der
Vernunft riet ihr,
in den Garten zurückzukehren, zu Alfred, ihn um
Entschuldigung zu bitten, weil
sie sich wie eine Närrin benommen hatte, und den
Zwischenfall herunterzuspielen.
Sie hätte sich davon gar nicht erst so aus der
Fassung bringen lassen dürfen,
hätte sich von ihm nicht so aus der
Fassung bringen lassen dürfen!
    »Weshalb mußtest du kommen?«
warf sie dem Abwesenden vor.
»Die Zeit des Chaos, der Zweifel war
vorüber, ich glaubte, auf Frieden hoffen
zu dürfen. Weshalb bist du gekommen? Und wann gehst
du wieder?«
    An einer Schmalseite
des Zimmers angekommen, machte sie kehrt und setzte ihre Wanderung
fort. Die
Wohnungen der Sartan sind groß und geräumig,
bestimmt von geraden Linien,
präzisen Winkeln, hie und da aufgelockert von einem anmutig
geschwungenen
Bogen. Auch in Samahs Haus bestand die sparsame Einrichtung aus
Stücken von
erlesener Schlichtheit, bequem, aber funktionell, ohne rein dekoratives
Element.
Es blieb viel freier Raum, der es erlaubte, sich ungehindert zu
bewegen.
    Fast jedem erlaubte,
sich ungehindert zu bewegen, korrigierte Orla sich und rückte
einen Tisch
zurecht, den Alfred verschoben hatte.
    Sie tat es, weil Samah
sich ärgerte, wenn er ein Teil nicht am gehörigen
Platz fand, doch ihre Hand
verweilte auf der Platte, und sie mußte lächeln, als
ihr wieder vor Augen trat,
wie Alfred dagegen gestolpert war.
    Der Tisch stand neben
einem Sofa, außerhalb jeder Gefahrenzone. Alfred hatte sich
eigentlich in einem
ganz anderen Teil des Zimmers befunden und nicht im Mindesten die
Absicht gehegt,
sich dem fatalen Möbel zu nähern. Mit wachsendem
Staunen hatte Orla verfolgt,
wie diese übergroßen Füße
unaufhaltsam in die Richtung des Tisches strebten und
es scheinbar gar nicht erwarten konnten, endlich ein Malheur
anzurichten. Und
Alfred, der schicksalergeben zuschaute, wie eine Gouvernante mit einer
Horde
ungezogener Rangen. Und wie er Orla angesehen hatte, mit
diesem resignierten,
um Verständnis und Vergebung heischenden Ausdruck.
    Ich weiß, ich bin
schuld, sagten seine Augen, aber was kann ich tun? Meine
Füße gehorchen mir
einfach nicht!
    Warum rührte seine
Duldermiene ihr Herz? Warum sehnte sie sich danach, diese ungeschickten
Hände
zu umfassen, die Bürde tragen zu helfen, die auf diesen
gebeugten Schultern
lastete?
    »Ich bin die Frau eines
anderen Mannes«, ermahnte sie sich. »Samahs
Frau.«
    Sie mußten einander
geliebt haben, überlegte sie. Immerhin hatten sie einen Sohn,
also war es wohl
Liebe gewesen – vor langer Zeit.
    Doch sie erinnerte
sich an das Bild, das Alfred für sie heraufbeschworen hatte,
von Mann und Frau,
die einander liebten, leidenschaftlich, verzehrend, weil ihnen
nicht mehr
vergönnt war als diese Nacht, weil es nirgends Trost
gab, außer in den Armen
des anderen. Nein, erkannte sie betrübt, sie hatte niemals
wirklich geliebt.
    Sie empfand keinen
Schmerz, kein Sehnen, nichts. Nur eine große Leere, bestimmt
von klaren Linien,
präzisen Winkeln, gestützt von kerzengeraden
Säulen. Das sparsame Mobiliar war
akkurat, wurde ab und zu in ein anderes Licht gerückt, aber
nie von Grund auf
neu arrangiert. Bis zu dem Augenblick, als
übergroße Füße, ungeschickte
Hände
und diese bekümmerten, nachdenklichen Augen
auftauchten und ihr wohlgeordnetes
Seelenleben aus den Fugen geriet.
    »Samah würde
behaupten, es sei ein Mutterinstinkt, daß ich jemanden
brauche, den ich
bemuttern kann. Merkwürdig, aber habe ich je mein eigenes Kind
bemuttert?
Vermutlich schon. Ganz bestimmt sogar. Doch wenn ich
zurückdenke, scheine ich
mein ganzes Leben damit verbracht zu haben, in diesem stillen Haus von
einem
Zimmer ins andere zu gehen und die Möbel
abzustauben.«
    Allerdings waren ihre
Gefühle für Alfred nicht
mütterlicher Art. Orla erinnerte sich an seine
zaghafte Hand, seine scheuen Zärtlichkeiten und
errötete. Nein, ganz und gar
nicht mütterlich.
    »Was ist nur das
Besondere an ihm?« fragte sie sich laut.
    Ganz bestimmt nichts
an seiner äußeren

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