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Drachenmeister

Drachenmeister

Titel: Drachenmeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Doch im nächsten Moment erinnerte er sich, wo er war. Die Sonne hatte sich gesenkt und mit dem Abend kam eine kühle Brise durch die hochgeschlagenen Zeltbahnen. Es war niemand außer ihm hier; der Duft von Braten wehte herein. Piemur sprang hastig auf. So wie es aussah, kam er zu spät zum Abendessen, und er war sehr hungrig.
    Die Abendkühle hatte die Trägheit von den Besuchern genommen und in den Gängen wimmelte es nun von lebhaften, fröhlich plaudernden Menschen. Piemur hatte Mühe, sich einen Weg vom Festplatz zur Burg zu bahnen. Die Drachen auf der Steilklippe beobachteten mit großen, sanft leuchtenden Augen das Treiben in der Tiefe.
    Niemand hielt Piemur am Burgtor auf; er folgte dem Hauptstrom festlich gekleideter Besucher und stand unvermittelt vor dem Eingang zum Speisesaal.
    Baron Laudey war, wenn man den Gerüchten der Harfnerhalle glauben durfte, kein besonders herzlicher Charakter, aber
an einem Festtag tat jeder Burgherr sein Bestes. Die bedeutendsten Hofbesitzer und Gildemeister seines Herrschaftsbereiches waren mit ihren Familien zu einem Bankett geladen, ebenso alle Drachenreiter sowie die Barone und Gildemeister anderer Burgen, die sich zu dem Fest eingefunden hatten.
    Nach alter Sitte speisten die Harfner am ersten Tisch unterhalb der Ehrentafel. Piemur kannte Bantur, den Harfner der Burg, nicht persönlich, und er atmete erleichtert auf, als er sah, dass sich Sebell und Menolly bereits eingefunden hatten. Sie plauderten gut gelaunt mit Deece, der am selben Abend, als Menolly zur Gesellin ernannt worden war, seine Berufung als Banturs Stellvertreter erhalten hatte. Außerdem saß Strud bei ihnen; er hatte eine Stelle in Igen angetreten. Bantur, ein grauhaariger Mann mit strahlend blauen Augen, begrüßte den Harfnerlehrling so herzlich, dass Piemur ganz verlegen wurde. Er bestand darauf, dass eine Magd frisches Fleisch und Gemüse holte, und häufte den Teller so mit Leckerbissen voll, dass Piemur fast die Augen übergingen.
    Die übrigen Harfner unterhielten sich inzwischen, und als Piemur tapfer leer gegessen hatte, schlug Bantur vor, dass sie ihren Tisch für verspätete Gäste des Barons räumen sollten. Er fragte, ob Piemur auf dem Festpodium die Trommel oder Gitarre übernehmen könne, und als Sebell unauffällig nickte, entschied sich Piemur für die Gitarre.
    »Also, ich war überzeugt, dass du die Trommel wählen würdest«, meinte Menolly mit solcher Unschuldsmiene, dass Piemur um ein Haar angebissen und eine abfällige Bemerkung über seine Kollegen gemacht hätte.
    Er atmete tief durch und lächelte sie liebenswürdig an. »Du hast doch gehört, was die Trommler von mir halten«, entgegnete er so trocken, dass Menolly losprustete.
    Als die Harfner den Saal verließen, um wieder zum Festplatz hinunterzugehen, schlenderte Sebell ein Stück neben Piemur her.

    »Nun - ist dir irgendetwas von Interesse zu Ohren gekommen?«
    »Wer redet denn schon in dieser Hitze?«, fragte Piemur mit einem tiefen Seufzer. Er hegte den Verdacht, dass Sebell gewusst hatte, wie träge sich die Wüstenbewohner tagsüber benahmen.
    »Du wirst merken, dass sie jetzt wie umgewandelt sind. Pass auf, wir setzen dich nur bei den Tanzstücken ein. Wie ich die Leute kenne, werden sie ohnehin Menolly zum Singen auffordern, bis sie heiser ist.« Er deutete auf das schlanke, in Harfnerblau gekleidete Mädchen, das ein Stück vor ihnen ging. »Das war bisher immer so.«
    Piemur musterte Sebell von der Seite und fragte sich, ob dem Harfner bewusst war, dass er seine Gefühle für Menolly ziemlich offen zeigte.
    Der erste Tanz war der längste und temperamentvollste. Die frische Nachtluft regte die Gäste an, und Piemur konnte nicht fassen, dass die wild umherwirbelnden Paare noch bis vor Kurzem faul in der Hitze gedöst hatten. Die matten Gesten vom Nachmittag waren wie fortgeblasen. Dann, als Bantur, Deece, Strud und Menolly auf der Plattform blieben, um Balladen zu singen, gab Sebell ihm einen Wink, und Piemur bahnte sich einen Weg durch das dichte Gedränge der Umstehenden zu den kleineren Gruppen am Rande der Bühne, die sich mit Getränken zurückgezogen hatten und sich leise unterhielten.
    Der gedämpfte Tonfall drückte Respekt vor den Sängern aus, erschwerte Piemur jedoch das Lauschen. Er wollte eben aufgeben, als er eine Bemerkung über »die Alten« auffing. Er schlenderte näher und erkannte im schwachen Schein der Leuchtkörbe zwei Küstenbewohner, einen Bergwerksmeister, einen Schmied und einen Pächter

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