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Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow

Titel: Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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ganzen hochgestochenen Gerede wusste er nicht mehr, wo ihm der Kopf stand. »Es gibt so viele Doppelgänger auf der Welt!«
    »Stimmt«, nickte Tel. »Vielleicht ist es reiner Zufall. Aber vielleicht ist es tatsächlich das Porträt eines deiner Ahnen. Vielleicht deines Großvaters oder Urgroßvaters.«
    »Schön.« Viktor hielt es nicht aus. »Aber warum wollen diese Typen vom Clan des Wassers mich töten?«
    »Warum? Weil sie wissen, wer dein Großvater war«, erklärte Tel energisch. »Oder sie meinen, dass sie es wissen … das reicht schon.«
    »Heißt das, dass sie das Medaillon gesehen haben?«, fragte Viktor dumpf.
    Tel verschränkte die zierlichen Arme.
    »Es stimmt also: Wenn ein Mann seinen Zorn unterdrückt, dann vergiftet der all seine Gedanken. Ich hätte wahrscheinlich doch die Hosen runterlassen sollen, damit du mir eine Tracht Prügel verpasst. Vielleicht könntest du dann besser nachdenken. Natürlich haben sie kein Medaillon gesehen. Sie sind mir gefolgt, haben versucht, mich am Übergang zu überfallen … aber als sie dich dann sahen, waren sie voll und ganz überzeugt. Und die Jagd begann. Das ist alles ganz einfach. Aber du musst wissen, Viktor, dass du Gotor nicht so einfach überwinden kannst. Er ist ein starker Magier.«
    »Was soll ich tun?«
    »Was glaubst du denn? Kämpfen natürlich.« Plötzlich hob sie das Kinn und sah einen Augenblick aus wie ein
Laubsänger, der nach etwas lauschte. »Schluss mit der Unterhaltung.« Tel formte die Worte nur mit den Lippen. »Gotor versucht uns zu belauschen. Bisher ist er noch nicht zu uns durchgedrungen … Komm, ich werde stöhnen, und du quietschst mit dem Sofa. Soll er doch denken, dass du eine minderjährige Prostituierte am Bahnhof aufgegabelt hast. Die meisten, die in einem eigenen Abteil reisen, tun das …«
    Viktor brach kalter Schweiß aus. Das Ganze wirkte wie eine Art Perversion.
    »Los jetzt!«, flüsterte Tel.
    Er musste ihrem Vorschlag folgen. Das Mädchen machte sich daran »zu stöhnen«, was ihr so überzeugend gelang, dass Viktor augenblicklich die Röte ins Gesicht schoss.
    »Gut, das ist erst mal genug«, wies Tel ihn an. »Das reicht für eine Weile. Jetzt können wir uns wieder unterhalten. Obwohl es natürlich besser wäre, nicht zu reden. Bis Rjansk ist es noch ewig. Dort könnte es heiß werden. Ruh dich bis dahin am besten aus.«
    »Tel, sag mir noch, was bist du für eine? Jaroslaw – also der Sohn des toten Grenzers – hat gesagt, dass es vier Elementare Clans gibt und außerdem jede Menge Tierclans. Und du? Wozu gehörst du?«
    Tel blickte Viktor streng an.
    Jetzt wird sie gleich wieder sagen, das brauche ich nicht zu wissen, dachte Viktor bedrückt. Aber es kam anders. Tel seufzte leise und legte ihr Kinn auf die verschränkten Finger ihrer Hände. Es sah aus, als warte sie darauf, dass er von sich aus Abstand von seiner Frage nahm.
    Aber Viktor spürte nichts Beunruhigendes. Fürs Erste.
    »Woher ich bin … nicht von den vier Elementen, Viktor. Und auch nicht von den Totemistischen Clans, den Tierclans, wie die einfachen Leute sie nennen.«

    Tels Art zu sprechen passte auf einmal überhaupt nicht mehr zu einem dreizehn- oder vierzehnjährigen Mädchen. So konnte nur eine Frau sprechen, die durch die Jahre und ihre Sorgen weise geworden war. Eine, die viel erlebt und gesehen hatte.
    »Du wirst ohnehin bald schon alles erfahren. Ich habe große Angst, etwas zu verdrehen, dich zu beeinflussen … Du stehst jetzt praktisch auf einem Hügel … du kannst den Weg nach rechts oder nach links, geradeaus oder zurück nehmen. Und wovon das abhängt, wohin du dich wendest, das wissen nur die wenigsten. Ritor weiß es vermutlich. Und Torn. Und noch zwei, drei andere Magier …«
    »Ritor, wer ist das?« Viktor fühlte sich plötzlich nicht mehr wohl. Der Name hatte etwas Erschreckendes an sich, wie das Pfeifen eines tödlichen Windes über einer verbrannten Wüste. »Und wer ist Torn?«
    »Ritor ist der mächtigste Zauberer des Clans der Luft. Und wahrscheinlich der stärkste Magier der ganzen Mittelwelt, wenn man mal vom Hüter absieht. Torn ist sein ewiger Kontrahent, der beste Zauberer des Wassers …« Sie blickte Viktor durchdringend an, als wollte sie prüfen, wie er ihre Worte aufnahm.
    Ritor … Ritor … nein, in diesem Namen kommt weit mehr zum Klingen als eine besondere Lautfolge. Ritor, Ritor, Ritor, das Pfeifen eines kämpferischen Windes, das Rauschen geöffneter Flügel, unbarmherziger Zorn, ein mit schwerem

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