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Drachenreiter

Titel: Drachenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Funke
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schneide ich dir womöglich aus Versehen einen Finger ab. Und wenn du noch einmal so schreist, frisst Schwefelfell dich zum Frühstück.«
    Kiesbart klappte den Mund wieder zu. »Kobolde fressen keine Zwerge!«, knurrte er.
    »Manchmal schon«, sagte Fliegenbein und zerschnitt die letzte Fessel. »Ich habe sogar einmal einen von ihnen sagen hören, dass Zwerge schön knackig sind.«
    »Knackig?« Beunruhigt rappelte Kiesbart sich auf. Er lauschte, aber es war nichts zu hören. Nichts außer dem Wispern der Steine.
    Fliegenbein drückte ihm den Rucksack in die Hand. »Da, deine Sachen, und jetzt lass uns hier verschwinden.«
    »Verschwinden?« Der Zwerg sah den Homunkulus misstrauisch an. »Was soll das? Ist das eine Falle?«
    »Unsinn!«, zischte Fliegenbein und zog ihn hinter sich her. »Du hast mir zwar fast meinen schönen Plan verdorben, aber die Kobolde sollen dich trotzdem nicht kriegen. Außerdem brauche ich dich als Boten.«
    »Was redest du da?« Widerwillig folgte der Steinzwerg ihm durch die dunklen Gänge. »Was für ein Plan? Du hast uns verraten! Du hast Nesselbrand in die Wüste geschickt. Weißt du, dass ich Tage damit verbracht habe, ihn aus dem heißen Sand zu buddeln? Das hab ich dir zu verdanken.«
    »Unsinn!«, raunte Fliegenbein. »Alles Unsinn. Ich bin kein Verräter. Ich bin Nesselbrands treuer Panzerputzer, seit mehr als dreihundert Jahren, länger, als du Gipskopf Steine klopfst. Meinst du, da werde ich so mir nichts, dir nichts zum Verräter? Nein, die Raben sind schuld! Die Raben haben Lügen über mich verbreitet. Sie konnten mich noch nie leiden. Aber ich werde dafür sorgen, dass Nesselbrand endlich wieder auf die Jagd gehen kann. Ich, Fliegenbein, nicht diese elenden Krummschnäbel. Und du wirst mir helfen.«
    »Ich?« Verdattert stolperte Kiesbart hinter ihm her. »Wieso? Was...?«
    »Psst!« Fliegenbein hielt ihm die Hand vor den Mund. »Keinen Mucks jetzt, verstanden?«
    Kiesbart nickte - und sperrte Mund und Augen auf. Sie hatten die große Höhle erreicht.
    Noch nie in seinem Zwergenleben hatte Kiesbart solche Wunder gesehen. Die Steine blendeten ihn. Seine Ohren rauschten von ihren Stimmen, unzähligen, nie gehörten wundersamen Stimmen. Als der Homunkulus ihn unsanft weiterzog, erwachte Kiesbart wie aus einem tiefen Traum.
    »Was ist? Willst du hier versteinern?«, zischte Fliegenbein und zerrte den Zwerg weiter durch den glitzernden Bauch der Erde. Er schleifte Kiesbart vorbei an den schlafenden Kobolden, vorbei an der Ratte, die schnarchend neben ihrem Flugzeug lag, und an dem Menschenjungen, der sich wie eine Katze zusammengerollt hatte. Kiesbart bemerkte keinen von ihnen. Er blickte nur hinauf zu den leuchtenden Mondsteinen, folgte den schimmernden Mustern an den Höhlenwänden - und stolperte über den Schwanz eines schlafenden Drachen. Erschrocken blieb er stehen.
    Zwei Silberdrachen lagen vor ihm. Dicht beieinander, so dicht, dass sie kaum voneinander zu unterscheiden waren.
    »Zwei?«, raunte er dem Homunkulus zu. »Wieso nur zwei? Wo sind die anderen?«
    »In einer anderen Höhle«, zischte Fliegenbein, »und nun komm endlich! Oder willst du da immer noch stehen, wenn sie wach werden?«
    Hastig stolperte Kiesbart weiter. »Wie viele sind es?«, flüsterte er. »Sag schon, Fliegenbein. Seine Goldheit wird mich bestimmt danach fragen.«
    »Zwanzig«, zischte Fliegenbein über die Schulter, »vielleicht mehr. Komm.«
    »Zwanzig«, murmelte Kiesbart und blickte sich noch einmal zu den schlafenden Drachen um. »Das sind eine Menge.«
    »Je mehr, desto besser«, raunte Fliegenbein zurück. »Ich wette, das wird er sagen.«
    »Ja, du hast Recht. Das sagt er bestimmt.« Kiesbart nickte und versuchte nicht mehr nach den Steinen zu sehen. Aber immer wieder vergaß er über den Wundern, die ihn umgaben, dass er auf der Flucht war. Erst als sie die Höhle hinter sich ließen, war der Zauber gebrochen. Der Homunkulus zog ihn einen endlosen Tunnel entlang, der nach oben führte. Vor einer großen Felsplatte endete er. Kiesbart blickte sich verwirrt um, aber Fliegenbein zog ihn ohne ein Wort durch einen schmalen Nebengang nach draußen.
    Der Mond hing schon am Himmel. Hinter den weißen Gipfeln verblasste ein letzter Streifen Abendrot. Der See, in dem Nesselbrand wartete, lag dunkel zwischen den Bergen. Die Raben kreisten über dem Wasser.
    »Da, dein Hut.« Fliegenbein stülpte dem Steinzwerg den Hut auf das struppige Haar. »Kannst du die Stelle hier später allein wieder

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