Drachenritter 02 - Der Drachenritter
unterwiesen habt, bin ich auch jetzt wieder Euer Schüler. Macht Ihr nur; ich werde Euch zuschauen und zuhören und dabei lernen, wie es gemacht wird.«
»Ausgezeichnet!« sagte Brian. »Also gut. Ich glaube, wir werden Meister Steward ein wenig warten lassen, damit er sich darüber den Kopf zerbrechen kann, ob es mir mit den hundertzwanzig Männern und dem Hängen tatsächlich ernst war. Ruft einstweilen Euren obersten Bewaffneten und laßt uns ein wenig mit ihm reden.«
Jim hob den Kopf.
»Theoluf!« bellte er.
Am Ausgang zur Wendeltreppe tauchte augenblicklich eine Gestalt auf und näherte sich der Tafel. Wahrscheinlich drängten sich dort sämtliche Burgbediensteten wie die Sardinen. Theoluf trat an den Tisch und verneigte sich.
»Mylord?«
Theoluf mochte Mitte Dreißig sein. Allerdings hatte ihn das beschwerliche Leben, das er führte, genau wie Sir Brian vorzeitig altern lassen. Er war immer noch in guter körperlicher Verfassung, wirkte jedoch alt. In mancherlei Hinsicht, dachte Jim, als er ihn so betrachtete, ähnelte er John Steward. Beide hatten Mumm und wußten es auch. Theoluf war allerdings kleiner als der Verwalter. Er hatte schmalere Schultern und wirkte daher eher drahtig als kräftig. Das lederne Panzerhemd mit den Stahlplatten und das Schwert und den Dolch, die rechts und links an seinem Schwertgürtel hingen, trug er mit großer Selbstverständlichkeit. Wie Steward hatte er schwarzes Haar, das allerdings kürzer geschnitten war, und er trug einen Helm ohne Nasenschutz, den er nun zum Zeichen der Ehrerbietung abnahm.
»Theoluf«, sagte Jim, »ich möchte, daß Ihr mir genau zuhört und diesem braven Rittersmann ehrlich und aufrichtig Rede und Antwort steht.«
»Jawohl, Mylord«, erwiderte Theoluf.
Theoluf hatte einen schwachen Akzent, den Jim nicht so recht einzuordnen wußte. Jim hatte den Eindruck, er sei irgendwo zwischen Skandinavisch und Germanisch anzusiedeln, was seltsam war in einer Welt, in der jedermann, Wölfe und Drachen eingeschlossen, dieselbe Sprache zu sprechen schien. Allerdings war es nur ein Hauch von Akzent. Die dunklen Augen in seinem V-förmigen Gesicht richteten sich auf Sir Brian.
»Sir Brian?«
»Theoluf«, sagte Sir Brian, »wir kennen einander.«
»Ja, das tun wir, Sir Brian«, antwortete Theoluf mit einem schwachen, schroffen Grinsen. »Als Sir Hugh de Malencontri noch Baron war, standen wir auf entgegengesetzten Seiten dieser Zinnen.«
»So ist es«, sagte Sir Brian mit fester Stimme, »doch auch wenn sich bisweilen unsere Klingen gekreuzt haben, weiß ich doch, daß Ihr Eurem gegenwärtigen Lord, nämlich Sir James, ein braver und verläßlicher Diener seid. Oder irre ich mich da?«
»Keineswegs, Sir Brian«, antwortete Theoluf. »Wem Theoluf dient, dem dient er aus vollem Herzen. Ich kämpfe jetzt für Sir James und würde notfalls für ihn sterben – gegen wen er auch in die Schlacht ziehen mag.«
»Niemand verlangt von Euch zu sterben«, sagte Sir Brian, »bloß daß Ihr einige Fragen beantwortet und mit der Wahrheit nicht hinter dem Berg haltet. Ihr habt gewiß schon gehört, was in Frankreich geschehen ist und daß Sir James und ich uns dorthin begeben. Wir beabsichtigen, unsere Streitkräfte zu vereinen. Desgleichen wißt Ihr, daß Sir James gegenüber seinem Lehnsherrn verpflichtet ist, ein eigenes Aufgebot zu stellen. Nun möchte ich von Euch wissen, ob es hier, abgesehen von den bereits bewaffneten Kriegern, Männer gibt, die für diese Aufgabe geeignet sind.«
»Ich wollte, es wäre so«, antwortete Theoluf, »aber diese Strohköpfe haben keine Ahnung von Waffen und noch weniger vom Kämpfen – geschweige denn, daß sie wüßten, was Krieg eigentlich bedeutet.«
»Ich glaube Euch«, sagte Sir Brian, »aber ich finde, da seht Ihr zu schwarz, Theoluf. Wie ich gerade eben zu Sir James sagte, sind Leute schon mit weniger in den Krieg gezogen. Hier bleiben uns noch zwei bis drei Wochen, und unterwegs werden wir noch mehr Zeit haben. Es liegt an Euch und an den Bewaffneten, die Ihr mitnehmt, dafür zu sorgen, daß die ausgewählten Männer einsatzbereit sind, wenn es soweit ist. Es wurden schon Schlachten von Männern geschlagen und gewonnen, die noch nie im Leben eine Waffe in der Hand gehalten haben. Euch ist aber doch wohl klar, daß einige Eurer besseren Leute hierbleiben müssen, um Malencontri und Lady Angela zu verteidigen?«
Theolufs Miene verdüsterte sich. Er zögerte einen Moment.
»Wenn es denn sein muß«, sagte er schließlich. Er
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