Drachenritter 02 - Der Drachenritter
hinüber. »Ihr kommt mir gerade recht!«
»Das sagen alle zu mir«, murmelte Carolinus. »Eigentlich bin ich hier, weil ich Euch etwas mitzuteilen habe. Im Moment fällt es mir bloß nicht ein.«
»Carolinus ist gerade angekommen, Jim«, sagte Angie. Sie wandte sich anmutig wieder zu dem Magier herum, der wie gewöhnlich mit einem langen, ziemlich schmuddeligen roten Gewand und einem schwarzen Käppchen bekleidet war, das einen scharfen Kontrast bildete zu dem dünnen, weißen Bart, über dem seine blauen Augen Jim und Angie durchdringend anfunkelten. »Oder möchtet Ihr statt dessen vielleicht lieber Milch?«
»Nein, wie es scheint, habe ich den Magengeschwür-Dämon dank Eures Milch-Zaubers endgültig ausgetrieben«, erwiderte Carolinus. Er nahm den Krug, der auf dem Tisch stand, und füllte den vor ihm befindlichen Becher halb mit Wein. »Ich muß schon sagen, ich bin froh, ihn endlich loszusein. Milch ist das übelschmeckendste Nahrungsmittel, das je erfunden wurde. Und so was zwingt man hilflosen Säuglingen auf! Barbarisch!«
»Ich glaube, Säuglinge sehen das vielleicht ein wenig anders als Ihr, Magier«, meinte Angie beschwichtigend.
»Bloß deshalb, weil sie noch nicht alt genug sind, um selbständig zu denken«, sagte Carolinus. Nachdem er daran genippt hatte, stellte er den Becher wieder ab. »Was war es nur, was ich Euch mitteilen wollte? Es hatte etwas mit Eurer Reise nach Frankreich zu tun.«
»Oh«, machte Jim. »Ihr habt bereits davon gehört?«
»Wer im Umkreis von fünfzig Meilen hätte noch nicht davon gehört?« entgegnete Carolinus. »Nicht, daß ich es nötig hätte, solange zu warten, bis das allgemeine Geschwätz auch zu mir gelangt. Ich habe es erfahren, gleich nachdem Ihr Euch dazu entschlossen hattet. Und da dachte ich mir, wenn Ihr schon eine solche Torheit vorhabt, dann sollte man Euch warnen…«
Er brach ab und trommelte mit den Fingerspitzen nervös auf die Tischplatte.
»Aber wovor bloß?« murmelte er vor sich hin; dann verstummte er und kramte offenbar intensiv in seinem Gedächtnis.
Jim und Angie bewahrten eine Weile höfliches Schweigen. Dann, als es den Anschein hatte, als sei Carolinus völlig in Gedanken versunken, ergriff Angie das Wort.
»Gehe ich recht in der Annahme, Magier, daß Ihr es nicht unbedingt billigt, daß Jim beabsichtigt, nach Frankreich zu gehen?« fragte sie.
»Oh! Das!« rief Carolinus, der plötzlich wieder zu sich gekommen war. »Ach, ich weiß nicht. Wäre keine schlechte Erfahrung und so. Zumal für einen jungen Magier, der in jeder Beziehung noch viel lernen muß.«
Er blickte Jim durchdringend an.
»Daß Ihr Euch bloß nicht umbringen laßt!« sagte er. »Wäre eine große Verschwendung; ständig lassen sich irgendwelche Leute ohne guten Grund umbringen. Was wir damals am Verhaßten Turm getan haben, diente immerhin einem guten Zweck. Aber einfach so nach Frankreich zu eilen, um einen jungen Kerl zurückzuholen, der dort gar nichts verloren hatte – lächerlich!«
»Ich werde mein Bestes tun«, versprach Jim ernst. »Aber wo wir gerade von Frankreich sprechen, ich bin sehr froh, daß Ihr gekommen seid. Der Zeitpunkt hätte nicht besser gewählt sein können. Ich möchte Euch eine wichtige Frage stellen…«
»Es würde mir bestimmt wieder einfallen, wenn ich bloß aufhören könnte, daran zu denken«, murmelte Carolinus. »Es liegt mir auf der Zunge, ich komme bloß nicht auf die rechten Worte.«
»Wißt Ihr«, Jim räusperte sich, »es gibt da nämlich ein kleines Problem. Ich habe oben einen großen Sack voll erlesener Juwelen…«
»Was Ihr nicht sagt«, meinte Carolinus versonnen. »Ich muß sagen, ich habe mir nie viel daraus gemacht. Aber eine Menge Leute sind ganz erpicht darauf – ach, jetzt hätte ich es beinahe gehabt! Beelzebub und Schwarze Donnerglocken!«
»Juwelen!« echote Angie. »Hast du Juwelen gesagt, Jim?«
»Ja, ja«, meinte Jim, »davon erzähle ich dir später, Angie. Und zwar die wertvollsten Juwelen aus dem Schatz eines jeden Klippendrachen.«
»Ah, ja.« Carolinus nahm noch einen Schluck aus dem Becher. »Ein Paß. Natürlich. Hätte selbst darauf kommen sollen. Aber man kann nicht an alles denken; außerdem ist es nicht so wichtig wie diese andere Sache, an die ich mich zu erinnern versuche.«
»Jim! Du hast die Juwelen für den Paß?« fragte Angie. »Wo sind sie? Ich würde sie mir gerne mal anschauen.«
»Oben in der Kemenate«, sagte Jim, noch immer ganz mit Carolinus beschäftigt. »Die Sache ist
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