Drachenritter 03 - Der Drache an der Grenze
wahr, sie wäre immer noch die Herrin der Burg de Bois de Malencontri. In dieser Welt und in dieser Zeit war es allerdings so gut wie ausgeschlossen, daß sie nach seinem Tod allein zurechtkäme.
Die einzige Lösung wäre, daß sie abermals jemanden heiratete, der dann die Rolle des Burgherrn übernähme. Irgendeinen Mann des vierzehnten Jahrhunderts, der nicht die leiseste Ahnung von all den Dingen hatte, die sie wußte und an die sie sich erinnerte.
Kurz gesagt, wenn ihn der Wurm jetzt tötete - was keineswegs ausgeschlossen war -, dann wäre Angie wirklich übel dran.
Doch jetzt war keine Zeit mehr, sich den Kopf zu zerbrechen. Er hatte den Wurm bereits fast erreicht. Um genau zu sein, war er noch zehn Meter von dem Wurm entfernt, und näher wollte er ihm auch nicht kommen -jedenfalls im Moment noch nicht.
Jim und der Wurm waren sich jenseits des Schlachtfelds begegnet, wo keine Gefallenen herumlagen. Trotz seiner guten Reflexe und seiner früheren Leistungen als Volleyballspieler setzte er lieber auf seinen Verstand als auf seine Muskeln und verließ sich vollkommen darauf.
Der Wurm bewegte sich langsam; wenn dies seine Höchstgeschwindigkeit war - der Wurm am Verhaßten Turm war gewiß nicht schneller gewesen -, hatte Jim vielleicht eine Chance. Er wendete Gorp herum und begann den Wurm zu umkreisen.
Gorp, der bei näherem Hinsehen beschlossen hatte, daß er den Wurm nicht mochte, gehorchte ihm nur allzu gern. Der Wurm wandte ihnen den Kopf nach, doch Jim beschleunigte das Tempo immer mehr, erst zum Kanter, dann zum Galopp - bis er den Wurm in rasendem Tempo umkreiste. Mittlerweile hatte der Wurm an Ort und Stelle mehrere Drehungen vollführt und die Vorwärtsbewegung eingestellt.
Wie Jim gehofft hatte, umkreiste er das Wesen schneller, als dieses ihm zu folgen vermochte. Der Wurm versuchte zwar, ihm ständig das Gesicht zuzuwenden, blieb aber stetig hinter ihm zurück, bis Jim in einer guten Position war, ein Stück weit rechts hinter dem Wesen.
»Jetzt, Gorp!« rief Jim. Er hob Zügel und Speer und trieb Gorp zum zweitenmal im Laufe ihrer gemeinsamen Geschichte die spitzen Sporen in die Flanken.
Gorp machte einen Satz und galoppierte unmittelbar auf den Wurm zu. Jim umklammerte den Lanzenschaft, konzentrierte sich und - betete.
Es war höllisch schwer, in vollem Galopp, während die Lanzenspitze mit jeder Bewegung des Pferdes auf und nieder und hin und her schwankte, mit dem drei Meter langen Lanzenschaft zu zielen.
Er konzentrierte sich darauf, die Spitze möglichst tief zu halten. Besser, er trieb sie in den Boden, als daß sie gänzlich über den Rücken des Tiers hinwegrutschte.
Alles vollzog sich in Sekundenschnelle. Im Nu hatte Gorp den Wurm erreicht, und nach ein paar weiteren Schritten würde ihm nichts anderes übrigbleiben, als über ihn hinwegzusetzen. Jim umklammerte den Lanzenschaft und zielte unmittelbar auf die hintere Flanke des Wurms.
Im nächsten Moment trafen sie zusammen, und die Lanze drang ein.
Dann setzte Gorp über den Wurm hinweg, und Jim ließ die Lanze in dem Moment, da er die Spitze eindringen spürte, los, um nicht aus dem Sattel geschleudert zu werden.
Hinter dem Wurm angelangt, bemühte sich Jim, sein verängstigtes Pferd zu beruhigen. Als er Gorp wieder unter Kontrolle gebracht und gewendet hatte, sah er, daß der Wurm den Lanzenschaft abgebrochen hatte und sich am Boden wälzte. Er bemühte sich verzweifelt, das hervorstehende Ende des durchgebrochenen Lanzenschafts mit dem Maul zu erreichen und herauszuziehen. Doch das gelang ihm nicht; die Lanze hatte ihn vollständig durchbohrt.
Offenbar sind ein paar lebenswichtige Organe verletzt, dachte Jim frohlockend. Mindestens eines hatte er mit Sicherheit getroffen. Die inneren Blutungen wirkten sich bereits zu seinem Vorteil aus.
Doch nun kam der schwierige Teil. Der Wurm war zwar von der Lanze verletzt worden, in seinem Kampfeswillen jedoch ungebrochen. Jim schaffte es, Gorp etwa zehn Meter vor dem Wurm zum Stehen zu bringen. Mit dem Schild am Arm sprang er von Gorps Rücken.
Er zog das Schwert aus der Scheide und versetzte Gorp mit der flachen Klinge einen Klaps, um ihn wegzuscheuchen. Dann rannte er in spitzem Winkel auf das Hinterteil des Wurms zu, um sich so weit wie möglich der Stelle zu nähern, wo die Lanze das Wesen durchbohrt hatte. Das Schwert hielt er dabei hoch erhoben, und die Klinge funkelte in der Sonne wie eine Speerspitze der Kleinen Leute.
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Er rannte so schnell er konnte. Wenn es ihm
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