Drachenritter 04 - Der Drache im Krieg
fortbewegte.
Er bemerkte auch, daß jede dieser Einheiten, sobald sie sich formiert hatte, landeinwärts zog. In der Zwischenzeit verringerte sich die Anzahl der Neuankömmlinge aus dem Meer immer weiter.
Dennoch sah es, grob geschätzt, so aus, als wären mindestens zehntausend Schlangen an Land gekommen. Einen Augenblick lang verspürte Jim ein dumpfes Gefühl der Verzweiflung. Diese Bataillone da unten verfügten über genug Kampfkraft, um sowohl die englische Armee als auch sämtliche Drachen Englands zu überwältigen, falls diese es überhaupt wagten, sich in einen Kampf mit den Schlangen einzulassen. Irgendwie mußte er dafür sorgen, daß sein Plan, einen tatsächlichen Zusammenstoß zu vermeiden, auch wirklich funktionierte. Schon die Anzahl der Schlangen ließ keinen Zweifel daran, daß sie die Drachen würden vernichten können. Die Gedanken überschlugen sich in seinem Kopf, aber bisher hielten die Einzelheiten dieser Idee einer genaueren Überprüfung einfach nicht stand. Bisher gab es nichts als Hoffnungen.
Gerade in diesem Augenblick war es, daß ihm ein anderer kleiner Punkt auffiel, der möglicherweise ganze tausend Fuß über Secoh und ihm kreiste. Er heftete seinen teleskopischen Drachenblick auf den Punkt und fand seinen unmittelbaren Verdacht bestätigt. Es war ein anderer Drache.
»Secoh!« rief er dem Sumpfdrachen zu, der nicht weit von ihm entfernt in der Luft schwebte. »Wir werden mit diesem Drachen da oben reden.«
Er hatte kaum ausgesprochen, da begann er, ohne sich noch einmal nach Secoh umzusehen, auf den Punkt über ihm zuzusteuern. Er hatte den Eindruck, daß er sehr rasch aufstieg, bemerkte dann jedoch, daß der Punkt gleichzeitig zu ihm hinunterkam. Einen Augenblick später schwebten er und der andere Drache Flügel an Flügel nebeneinander, und wenige Sekunden darauf erschien Secoh an der anderen Seite des unbekannten Drachen.
»Mylord! Mylord!« rief Secoh. »Erkennt Ihr Iren? Ihr erinnert Euch sicher, daß er einer der drei Repräsentanten der französischen Drachen war, mit denen Ihr in dem Wirtshaus in Brest gesprochen habt.«
»Oh? Oh!« sagte Jim, denn Tatsache war, daß er den französischen Drachen ohne Secohs Hilfe wohl nicht erkannt hätte. Jim hatte das Stadium erreicht, da es ihm möglich war, die meisten der Cliffsidedrachen zu unterscheiden, aber wenn es darum ging, Drachen zu identifizieren, die er weniger gut kannte, dann versagte er recht häufig.
»Iren!« rief er nun. »Ich hätte nicht erwartet, Euch hier zu sehen.«
»Und warum nicht?« fragte Iren aufgebracht. »Wir sind französische Drachen, und Ihr habt sowohl unser Wort als auch unsere Juwelen. Der eine oder andere von uns hält diese Geschöpfe da unten ständig im Auge, seit sie aus dem Meer kommen. Sie sind jetzt alle an Land - alle, die zählen -, jetzt, da ihr Anführer hier ist.«
»Ihr Anführer? Ihr meint Essessili?«
»Wie auch immer er genannt wird«, sagte Iren, als würde schon allein die Erwähnung der Seeschlange ihm bitter aufstoßen. »Er ist vor kurzer Zeit hier angekommen, und vom Augenblick seiner Ankunft an begannen sie sich zu Gruppen zu formieren und landeinwärts zu ziehen, Richtung Norden.«
»Habt Ihr gesehen...?« Jim brach ab, weil er nicht recht wußte, wie er Rrrnlfs Dame beschreiben und gleichzeitig ihre Bedeutung geheimhalten konnte. »Habt Ihr gesehen, ob Essessili irgend etwas bei sich hatte, sagen wir etwas wie den Galionskopf eines Schiffes?«
»Er hatte nichts bei sich«, antwortete Iren. »Was spielt es für eine Rolle, ob er etwas bei sich hatte?«
»Ach, wahrscheinlich gar keine«, entgegnete Jim eilig. »Es war nur so ein Gedanke von mir. Da Ihr hier Wache gehalten habt, hattet Ihr wahrscheinlich auch Brest im Auge oder von wo auch immer die französischen Georgs Segel Richtung England setzen wollen.«
Iren nickte.
»Wißt Ihr, ob Eure Georgs bald aufbrechen werden?« fragte Jim.
»Sie sind bereits aufgebrochen«, antwortete Iren.
Die drei Drachen schwebten nun alle zusammen in großen, trägen Kreisen über dem Ufer und den Seeschlangen. Die Friedlichkeit ihres mühelosen Flugs durch die Luft stand in scharfem Gegensatz zu dem Aufruhr, der in Jim tobte.
»Unsere Georgs«, fuhr Iren fort, »haben noch mehr von diesen unaussprechlichen Geschöpfen da unten bei sich; für den Fall, daß einige ihrer Boote Hilfe benötigen. Daher müßten diese Boote in den nächsten zwei Tagen diesen Teil der Küste erreichen - denn genau hier liegt, wenn ich recht
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