Drachenritter 04 - Der Drache im Krieg
kosten würde.«
Jim sah seinen Plan ein zweites Mal empfindlich gestört.
»Das ist sehr einfach«, erklang Angies entschiedene Stimme. »Rrrnlf wird ihn hinbringen. Rrrnlf kann ihn nicht nur gefahrlos an allen Seeschlangen vorbeibringen, die ihnen unterwegs begegnen könnten, Rrrnlf kann ihn tragen und die Entfernung auf diese Weise in kürzester Zeit zurücklegen. Außerdem würde Rrrnlfs Anwesenheit bei der Armee Sir Johns Argumenten gewiß einigen Nachdruck verleihen.«
Jim sah sie mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Bewunderung an. Er hatte sich an ihre hervorragende Verwaltung der Burg gewöhnt, ganz zu schweigen davon, daß sie in Zeiten seiner Abwesenheit den ganzen Grundbesitz von Malencontri beaufsichtigte, aber als sie sich diesem Kriegsrat beigesellt hatte, hatte er nicht wirklich geglaubt, daß sie irgendwelche Entscheidungen herbeiführen würde. Plötzlich schämte er sich.
»Das ist eine ideale Lösung, Angie!« sagte er. »Perfekt!«
Dann fiel ihm noch etwas ein.
»Aber wird Rrrnlf da mitmachen?« fragte er. »Vergeßt nicht, er will nicht weg von hier, weil er darauf wartet, daß Essessili hier auftaucht, und er möchte sich die Gelegenheit, seine Dame zurückzubekommen, gewiß nicht entgehen lassen.«
Die Hilfe kam aus einem unerwarteten Lager.
»Das dürfte wohl nur eine Kleinigkeit sein«, sagte Carolinus und zwirbelte sich die rechte Spitze seines Schnurrbarts, »ich glaube, da kann ich helfen.«
Sie verlegten ihre Zusammenkunft in den Burghof.
Der schlafende Rrrnlf und die gut verschnürte Seeschlange neben ihm - die überraschenderweise ebenfalls eingeschlafen war - boten einen ehrfurchtgebietenden Anblick. Die beiden gewaltigen Körper vermittelten Jim und den anderen das Gefühl, tatsächlich so >klein< zu sein, wie Rrrnlf sie liebevoll zu nennen pflegte.
»Wacht auf!« rief Brian und trat gegen den ihm am nächsten liegenden Teil des gewaltigen Körpers des Seeteufels, bei dem es sich zufällig um die Wade seines Beines handelte. Anscheinend hätte er ebensogut gegen einen Berg treten können. Er trug eine dunkelblaue, slipperähnliche Fußbekleidung, die Männern von vornehmem Geblüt, wenn sie nicht in ihrer Rüstung steckten oder irgend etwas taten, wofür Stiefel notwendig waren, als Schuhwerk diente. Aber die Spitze besagten Schuhs hinterließ in dem Fleisch des Seeteufels nicht einmal eine Delle, und Rrrnlf schlief weiter.
»Ich glaube, ich kann ihn wecken«, sagte Angie. Sie zog sich eine Nadel aus dem Haar, so daß es ihr locker über die Schultern fiel, dann trat sie vor Rrrnlfs Füße hin, beugte sich vor und rammte die Nadel in die Spitze der großen Zehe, die aus Rrrnlfs Sandalen hervorlugte.
»Ba! Was?« brüllte Rrrnlf, der augenblicklich erwachte, aufsprang und eine Verteidigungshaltung einnahm, in der er seine großen Hände zum Angriff erhob.
Einen Augenblick herrschte verwirrtes Schweigen. Rrrnlf war gerade erwacht und wußte nicht warum. Die Menschen zu seinen Füßen kämpften um ihr Gleichgewicht, nachdem der Boden nach Rrrnlfs plötzlichem Aufsprung erzittert war. Angie war die erste, die sich erholte.
»Ich habe Euch geweckt«, sagte sie zu Rrrnlf. »Ich mußte deshalb eine Nadel in Eure große Zehe pieksen. Es tut doch nicht weh?«
»Ich glaube nicht«, entgegnete Rrrnlf benommen. Dann griff er hinunter, um seine rechte große Zehe abzutasten. »Hm ... vielleicht doch.«
Er richtete sich auf und blickte auf sie alle hinunter.
»Warum?« fragte er.
»Weil wir Euch brauchen«, sagte Angie. »Jim, erklär du es ihm.«
»Spart Euch die Mühe«, meldete Carolinus sich entschieden zu Wort. »Ich kümmere mich darum. Rrrnlf, Ihr sollt Sir John Chandos dorthin tragen, wo die Armee sich versammelt hat. Ihr sollt dafür sorgen, daß ihm unterwegs niemand Schaden zufügen kann, schon gar nicht die Seeschlangen.«
»Ha!« sagte Rrrnlf. »Als hätten sie da auch nur die geringste Chance, wenn ich ihn trage. Aber einen Augenblick mal, kleiner Magier. Ich kann Euren Sir John nirgendwo hintragen. Essessili kommt hierher. Ich muß auf ihn warten.«
»Nichtsdestoweniger«, entgegnete Carolinus, »ist es notwendig, daß Ihr Sir John zur Armee bringt. Wenn Essessili in Eurer Abwesenheit herkommen sollte, werden wir dafür sorgen, daß er bleibt, bis Ihr wieder da seid. Ich glaube kaum, daß Ihr länger als einen Tag für den Hin und Rückweg brauchen solltet.«
»Wohl kaum«, sagte Rrrnlf. »Trotzdem, kleiner Magier - es tut mir leid, aber ich werde nichts
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