Drachenritter 04 - Der Drache im Krieg
auf der gerodeten Fläche zwischen der Burg und den ersten Bäumen begegnet sein, aber bisher hatte Jim ihm nicht die leiseste Aufmerksamkeit geschenkt.
Jetzt war er sich des Luftzugs zwischen den/Baumstämmen bewußt, bezeugt durch das leise Stöhnen, das sich ihm von mehreren Seiten gleichzeitig zu nähern schien. Es war nur ein Wind, und Jim war - sagte er sich - nicht im mindesten abergläubisch; wenn auch die Situation zu der Art zählte, die man nicht gerade als angenehm bezeichnen würde.
Dennoch, sie hatten ihr Ziel beinahe erreicht. Es lag keine fünf Minuten zu Fuß vom Waldrand entfernt; und noch während Jim dies dachte, hatten sie es auch schon erreicht.
Es war der Stamm einer jungen Ulme, der gut einen Meter oberhalb des Erdbodens abgebrochen war. Ein Riß lief von oben nach unten durch den Stumpf. Jim und Amyth blieben vor dem Baumstumpf stehen, und Jim griff in eine der Innentaschen seines Wamses. Es war eine der Innentaschen, die Angie dort eingenäht hatte, und wenn sie auch gänzlich gegen die Mode des Mittelalters verstieß, so verschaffte sie ihm den Vorteil, etwas unauffällig bei sich zu tragen. Diese Welt befand sich noch in dem Stadium, in dem die meisten Gegenstände in Säcken oder Beuteln getragen wurden, die man für gewöhnlich an Gürtel- oder Schulterriemen befestigte.
Aus der Tasche nahm er ein Stück rotgefärbten Stoffes in der Größe eines Taschentuches. Diesen band er um den oberen Teil des Ulmenstumpfes und klemmte einen Teil des Stoffes fest in den Spalt, so daß der Wind das Tuch nicht einfach wegwehen konnte.
»So«, sagte er zu dem Bewaffneten, »jetzt treten wir ein paar Schritte zurück. Ich werde ein wenig Magie wirken...«
Ein Blick auf den Mann zeigte ihm, in welch tiefe Furcht sein Bewaffneter plötzlich verfallen war. Es war schon schlimm genug, nachts in diesen Wald zu gehen. Aber in unmittelbarer Nähe zu sein, wenn Magie ausgeübt wurde, selbst wenn es sein eigener Herr war, der sie wirkte, das überstieg beinahe den Mut des Bewaffneten.
»Entzündet die andere Fackel«, sagte Jim mitleidig, »und laßt mir die Fackel da, die Ihr bei Euch tragt. Dann könnt Ihr Euch zurückziehen.«
»Vielen Dank, Mylord«, sagte Amyth erleichtert.
Die Zähne des Mannes hatten buchstäblich zu klappern begonnen. Er entzündete die zweite Fackel und machte sich davon. Jim sah zu seiner Belustigung, daß er sich so weit wie möglich entfernte, ohne sich zwischen den Bäumen zu verlieren; gute dreißig Meter mochten es sein. Jim konnte noch das Licht der Fackel, aber sonst nichts mehr von dem Mann sehen. Jim wandte sich wieder dem Baumstumpf zu.
Mit der ersten Fackel, die größtenteils niedergebrannt war, trat Jim ungefähr vier Schritte von dem Baumstumpf zurück. Obwohl die Revisionsabteilung ihm den Rang dritter Klasse zugestanden hatte - Carolinus hatte sie nur durch die pure Drohung, sein eigenes Konto aufzulösen, so hoch hinaufgehandelt -, wußte Jim, wie wenig er im Grunde von wirklicher Magie verstand. Aber er lernte hinzu.
Während des vergangenen Winters hatte er sich ein wenig weiter in das Studium der Magie vertiefen können und war erstaunt gewesen festzustellen, wieviel es da zu lernen gab. Es ließ sich mit Mathematik vergleichen, dachte er jetzt. Je weiter man sich von der Arithmetik zur Algebra hinaufarbeitete und schließlich der höheren Mathematik näherte, um so komplizierter wurde die Lösung für ein Problem. Im Falle der Magie bedeutete das, daß man mehr als die einzeiligen Befehle benutzen mußte, deren er sich die meiste Zeit bedient hatte - und sich wahrscheinlich wenn möglich auch in Zukunft bedienen würde.
Glücklicherweise hatte er beim Aufbau eines Befehls ein gewisses Maß an Freiheit. Das einzige, was hier vonnöten war, war die Anwendung eines gewissen Schutzzaubers. Er würde den Baumstumpf umrunden, um einen Zauber darum zu legen. Auf diese Weise würde nur Aragh der Wolf - für den die Nachricht bestimmt war -, er selbst oder Angie in dessen Nähe kommen können.
Was Jim brauchte, war im Grunde dieselbe Art von Zauber, mit der Carolinus sein Haus vor den Vagabunden geschützt hatte. Er dachte einen Augenblick lang nach und schrieb einen entsprechenden Befehl auf die Innenseite seiner Stirn.
Dann begann er, im Kreis um den Baumstumpf zu schreiten.
In dem Augenblick, in dem er den Kreis vollendete, kam es jedoch zu einer Störung - aber es war bereits zu spät, um ihn von der Vollendung seines Zaubers abzuhalten.
Es war ein
Weitere Kostenlose Bücher