Drachenritter 04 - Der Drache im Krieg
soviel magische Kraft zuschrieb wie nur möglich.
»Oh, ich bin hauptsächlich aus schlichter Neugier gekommen«, sagte er. »Ich habe gehört, daß Ihr das älteste und weiseste Geschöpf in allen Meeren wäret. Mit jemandem wie Euch wollte ich gern einmal reden.«
»Ah, hm, nun ja«, sagte Granfer, während er geistesabwesend einen Fisch zu sich heranzog und verschluckte, der aussah, als wöge er ungefähr zweihundert Pfund und beinahe die Form eines Basketballs hatte. »Das kommt von allein, wenn man so viele Erinnerungen hat, versteht Ihr, und sich so vieler Dinge entsinnt. Aber woran könnte ich mich erinnern, das für Euch von Bedeutung wäre, kleiner Magier?«
»Nun«, sagte Jim. Er hatte beabsichtigt, sich ganz allmählich vorzutasten, aber es war doch ein wenig schwierig, einige hundert Meter unterhalb der Meeresoberfläche und von Angesicht zu Angesicht mit dem größten Tintenfisch, den die Welt vermutlich je gesehen hatte, ungezwungen Konversation zu treiben. Er und Granfer hatten so wenig gemeinsam für eine schlichte Plauderei. »Der Zufall will, daß wir auf der Insel, auf der ich und diese beiden Gefährten von mir leben, Spuren von Seeschlangen entdeckt haben.«
»Einer dieser beiden Gefährten ist ein Silkie, nicht wahr?« fragte Granfer.
»Jawohl, das bin ich!« versetzte Giles streitlustig. Er schämte sich seines Silkie-Blutes nicht. Er lief nur nicht herum und posaunte die Tatsache aus, daß er es in seinen Adern hatte.
»Dachte ich mir doch. Ja, das habe ich mir gedacht«, sagte Granfer, während er sich den nächsten großen Fisch heranzog und verschlang. Um an die Fische heranzukommen, streckte er die Fangarme so weit aus, daß Jim ihnen nicht einmal mit der Rundumsicht, über die er nun verfugte, folgen konnte.
»Ich kenne die Zeichen des Blutes. Ja, ich würde sie bei jedem Landbewohner erkennen.«
»Ich sprach von Seeschlangen«, bemerkte Jim.
»Ach ja, Schlangen«, sagte Granfer. »Eine von denen kommt öfter auf ein Schwätzchen bei mir vorbei. Hat wegen ihrer Größe nicht soviel Angst vor mir. Und um die Wahrheit zu sagen, ich glaube sowieso nicht, daß mir eine Schlange schmecken würde. Da ist mir Kabeljau doch tausendmal lieber. Geht nichts über einen Kabeljau. Köstlich!«
»Also«, sagte Jim, »vielleicht wißt Ihr, warum wir auf unserer Insel plötzlich diese Geschöpfe zu sehen bekommen.«
»Er redet von dieser merkwürdig geformten, ziemlich großen Insel«, warf Rrrnlf an den Kopffüßler gewandt ein. »Vor der Küste der großen Landmasse, die sich ewig und ewig hinzieht - oder jedenfalls fast.«
»Ja, ja. Ich hatte mir schon gedacht, daß das die Insel ist, von der der kleine Magier sprach«, erwiderte Granfer. Er seufzte. Es war ein seltsames, ächzendes Geräusch, das Jim für einen Augenblick in Erstaunen versetzte, bevor er es erkannte. »Ziemliche Einzelgänger, die Schlangen. Fast genau solche Einzelgänger wie die Seeteufel - was, Rrrnlf?«
»Viel schlimmer als wir. Wenn sie sich versammeln, verstößt das gegen die Natur, oder es muß einen sehr guten Grund dafür geben.«
»Welcher Grund ist es denn diesmal?« fragte Jim Granfer ohne jede Umschweife.
»Oh, einfach ein Grund, habe ich mir sagen lassen«, erwiderte Granfer. »Meine Güte! Ich habe versucht, sie zu beruhigen, müßt Ihr wissen. Aber es hat nichts genutzt. Erst neulich hat es ein Drache aus demselben Land, aus dem ihr kommt, kleiner Magier - ein Drache namens Gleingul - geschafft, ganz allein eine Schlange zu töten. Das war auf irgendwelchen Sandbänken, an einem Ort, den man Grauer Sand nennt.«
»Das war vor ungefähr einem Jahrhundert, Granfer«, warf Rrrnlf ein.
»Hm? So lange? Na jedenfalls, das hat ihnen ziemlich zugesetzt. Er erschwerte den Umgang mit den Schlangen - und ich sage ihnen das immer wieder, wenn ich mit ihnen rede -, daß sie sich die Dinge zu sehr zu Herzen nehmen. Aber nein, sie sind fest entschlossen, die Drachen von diesem Eiland wegzuputzen. Natürlich haben sie dabei auch die Drachenhorte im Sinn...«
»Merkwürdig«, brummte Rrrnlf, »daß sowohl Drachen als auch Schlangen solche Horte haben.«
»...na jedenfalls«, fuhr Granfer fort, »diesmal gibt es nichts, was die Schlangen aufhalten könnte. Also werden sie ausnahmsweise mal alle an einem Strang ziehen. Übrigens hilft ihnen dabei irgendein Landbewohner, wie Ihr es seid, kleiner Magier; nur daß er auf diesem großen Stück Land lebt, von dem Rrrnlf gerade sprach. Das, das sich ewig und ewig
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