Drachenritter 04 - Der Drache im Krieg
hinzieht.«
»Ich glaube, ich weiß, wer das ist«, sagte Jim.
»Zufälligerweise hält er sich in der Nähe der Westküste auf, nicht weit von eurer Insel entfernt«, fuhr Granfer fort, »und er und einige seiner Leute wollen Eure Insel für sich. Soweit ich gehört habe, ist es dieser Landbewohner, der die Sache mit den Seeschlangen vereinbart hat. Sie sollen Eure Insel zur selben Zeit angreifen wie seine Freunde - er und seine Freunde, um Eure Freunde niederzuschlagen, und die Schlangen, um die Drachen niederzuschlagen.«
»Verstehe«, sagte Jim. Granfer war ein geschickter Lügner. Carolinus hatte gesagt, Ecotti könne nicht der Kopf sein, der hinter alledem stecke. »Das wirft eine ganze Reihe von Fragen auf.«
»Vielleicht kann ich eine davon beantworten, ohne daß Ihr sie stellen müßt«, sagte Granfer. »Der Landbewohner ist ebenfalls ein Magier.«
»Ich weiß, wen Ihr meint«, erwiderte Jim scharf. »Aber er ist kein Magier. Er ist ein Hexenmeister. Das ist ein Unterschied.«
»Ein Unterschied, ja?« wiederholte Granfer. »Nun, heutzutage kommt es selten vor, daß ich etwas hinzulerne; aber jetzt habe ich etwas gelernt. Ich wußte nicht, daß es verschiedene Arten von Magiern gibt.«
»Gibt es auch nicht«, sagte Jim. »Es gibt Magier und Hexenmeister.«
»Und doch verfügen beide über Magie; zumindest dachte ich das«, meinte Granfer. »Worin besteht der Unterschied?«
»Ich fürchte, da bedürfte es eines Magiers mit umfangreicherem Wissen, als ich es habe, um das zu erklären«, sagte Jim. »Aber ich weiß, von wem Ihr sprecht. Sein Name ist Ecotti.«
»Ah«, sagte Granfer mit einem neuerlichen Seufzen. »Wie Ihr Magier mich doch erstaunt. Kleiner Magier, Eure Fähigkeit, die Hand auszustrecken und aus dem Nichts einen Namen aufzugreifen und dann noch recht zu haben - das ist schon bemerkenswert.«
»Also zur nächsten Frage«, sagte Jim. »Wie nimmt Ecotti Verbindung mit den Seeschlangen auf?«
»Wisset«, sagte Granfer, »daß ich ihnen sehr davon abgeraten habe. Ich sagte, es würde nicht klappen. Ihr werdet auf einen anderen Magier stoßen, sagte ich. Auf der Insel muß es zumindest noch einen anderen Magier geben. Und was wird dann aus euch? Aber wollte er auf mich hören? Nein.«
»Wen meint Ihr mit >er« wollte Jim wissen.
»Ah, hm«, sagte Granfer, »ich weiß nicht, ob es ihm recht wäre, wenn ich Euch sage, wer er ist. Was würde Euch das auch nutzen?«
»Wenn ich wüßte, wer er ist, könnte Rrrnlf mir wahrscheinlich helfen, ihn zu finden ...«
»Ich kann alles und jeden in den Weltmeeren finden«, schaltete Rrrnlf sich grimmig ein. »Und mit etwas Zeit auch an jedem Ort an Land. Nichts kann einen Seeteufel aufhalten.«
»Würdet Ihr das tun, Rrrnlf?« fragte Granfer in einem Tonfall, in dem so viel Sehnsucht mitschwang, wie es einem Geschöpf von mehreren Tonnen Gewicht überhaupt zuzutrauen war.
»Ich bin dem Magier verpflichtet. Außerdem ist er vielleicht in der Lage, mir dabei zu helfen, meine gestohlene Dame wiederzufinden. Ich weiß, es war eine Schlange. Und wer es auch war, ich werde ihn finden. Und wenn ich ihn finde ...!«
»Zweifellos werdet Ihr ihn finden, Junge«, beschwichtigte Granfer den Seeteufel. »Ich zweifle nicht im mindesten daran...«
»Einen Augenblick mal, Granfer«, meldete Jim sich zu Wort. »Ihr habt mir noch immer nicht gesagt, wie Ecotti mit den Seeschlangen Verbindung aufnimmt und wie es zu der Übereinkunft gekommen ist, daß sie den französischen Streitkräften helfen wollen. Ich spreche von den Leuten auf der größeren Landmasse, von denen Ihr vorhin geredet habt, die England angreifen wollen, unsere Insel.«
»Oje, oje, oje«, sagte Granfer. »So viele Fragen. Ich habe im Laufe der Jahrhunderte so viele beantwortet, daß es mir schwerfällt, mich daran zu erinnern, an welchem Ort ich bin. Manchmal denke ich...«
Wieder einmal hatten Granfers Fangarme sich blitzartig bewegt. Diesmal kamen sie ineinander verwoben wie ein Netz aus dem Nichts - und das Netz fing die Blase ein, drückte sie hinunter und schob sie unter Granfers Leib. Die Dunkelheit des Schlicks schloß sich so vollkommen um Jim und die anderen, daß sie sich plötzlich in tintenschwarzer Finsternis wiederfanden.
»Ich werde eine Weile über diese Frage nachdenken.«
Granfers Stimme sickerte zu ihnen hinunter, gedämpft durch den Schlick über ihnen und seine Körpermasse. Jim befahl der Blase, sich zu bewegen. Sie rührte sich ein wenig, aber zwischen dem Schlick und
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