Drachenritter 06 - Der Drache und der Dschinn
jetzt verlassen, Sir James, Sir Brian. In einer halben Stunde sehen wir uns wieder.«
Er ging hinaus.
»James«, sagte Brian, »wollt Ihr wirklich einen Dämon heraufbeschwören?«
»Nicht direkt, Brian«, antwortete Jim. »Ich muß Euch etwas gestehen. Bis jetzt hatte ich noch keine Gelegenheit dazu. Kurz vor meiner Abreise habe ich mit Carolinus gesprochen - über das Weihnachtsfest beim Grafen - Ihr erinnert Euch...«
»Wie könnte ich das vergessen?« meinte Brian.
»Nun, damals habe ich recht freizügig von der Magie Gebrauch gemacht, und zwar weil ich über ein besonderes Guthaben verfüge. Bevor mir die Vormundschaft über den jungen Robert zugesprochen wurde, führte ich eine Unterhaltung mit Carolinus, und er führte besondere Gründe an, die ich lieber für mich behalten würde. Gründe, die dafür sprechen, mich weniger freizügig der Magie zu bedienen. Ihr müßt mir einfach glauben - es sind sehr schwerwiegende Gründe.«
»Das habe ich nicht geahnt, James.« Brian schaute besorgt drein.
»Macht Euch deshalb keine Sorgen«, sagte Jim. »Allerdings muß ich nun mit magischer Energie sparsamer umgehen. Deshalb werde ich auch keinen Dämon beschwören - das sollte ein Magier sowieso nicht tun. Wenn ich mir statt dessen das Aussehen eines Dämons verleihe, wird das die gleiche Wirkung haben. Aus diesem Grund muß ich die nächsten zwanzig Minuten über allein sein. Wärt Ihr deshalb so freundlich - ich weiß, es ist unter Eurer Würde, aber wir sind hier Fremde, und ich traue den Bediensteten nicht -, vor der Tür Wache zu halten, damit ich nicht gestört werde? Ich glaube, wenn Ihr sagt, ich sei hier am Zaubern, wird keiner eintreten wollen.«
»Den Gefallen tue ich Euch mit Freuden«, antwortete Brian. »Es wird Euch bestimmt niemand stören.«
»Danke, Brian«, sagte Jim.
»Das ist doch eine Kleinigkeit.«
Als Brian hinausgegangen war, sammelte sich Jim und stellte sich vor, auf dem Tisch stünde ein Schminkkasten. Dies erforderte weit weniger magische Energie, als wenn er sein Aussehen verändert hätte. Er stellte sich genau vor, was er wollte und was die gewünschten Dinge bewirken sollten. Sowohl die Fangzähne wie auch die grüne Hautfarbe sollten in dem Moment verschwinden, da er sie nicht mehr brauchte. Die Hörner sollten nahtlos aus seinem Schädel entwachsen und ebenfalls wieder verschwinden, wenn der Zeitpunkt gekommen war ... und so weiter. Schließlich benötigte er noch Stiefel, die es ihm einerseits erlaubten, ganz natürlich darin zu gehen, seine Beine aber um gut einen halben Meter verlängerten.
Eine Weile geschah nichts. Dann, einhergehend mit einem leisen Knall verdrängter Luft, materialisierten die gewünschten Gegenstände auf dem Tisch, an dem Jim eben noch mit Brian und Sir Mortimor zusammengesessen hatte.
Die Gegenstände waren alle klein, abgesehen von den Stiefeln, deren Schäfte den Eindruck erweckten, als würden sie ihm bis über die Knie reichen. Er beschloß, sich die Stiefel bis zuletzt aufzuheben.
Statt dessen probierte er zunächst die Fangzähne an, indem er sie so an die oberen Zähne anlegte, daß sich die spitzen Eckzähne, die beinahe sein Kinn berührten, über die Unterlippe hinunterbogen.
Sie paßten hervorragend. Was die grüne Hautfarbe betraf, so brauchte er bloß ein wenig Schminke auf dem Handrücken zu verreiben, und schon breitete sie sich über die ganze Haut aus. Die beiden Hörner hafteten so mühelos an seinem Kopf, als wären sie von allein daran festgewachsen. Die einzige Schwierigkeit bestand darin, sie auf gleicher Höhe anzubringen. Er wünschte, er hätte sich in einem Spiegel bei der Arbeit zusehen können; dann wurde ihm klar, daß es nur einen geringen Aufwand an Magie erforderte, sich einen zu verschaffen.
Er stellte ihn sich vor. Auf dem Tisch erschien der gewünschte Spiegel. Jim betrachtete sein Spiegelbild. Die Fangzähne und die grüne Haut allein machten schon viel aus. Er hatte vorher nicht bedacht, daß die unter der Oberlippe vorspringenden Fangzähne die Gesichtshaut verzerren würden.
Vielleicht sollte er diesen Trick einmal bei Robert ausprobieren - doch das hätte Angie niemals erlaubt.
Robert war ihm zur unrechten Zeit eingefallen. Auf einmal stellte er sich vor, wie ihn der zehnjährige Robert, nachdem Brian eben ein Erlebnis zum besten gegeben hatte, fragte: »Und was hast du in der Schlacht gemacht?«
Auf einmal fühlte er sich niedergeschlagen. Eigentlich sollte Brian Robert erziehen. Aber Jim hatte mit
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