Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis
riesengroße Espressokanne, als die Orion sich zeigte.
» Ja, gut, aber weißt du auch etwas über die Sterne?«
Sofia zuckte die Achseln. » Nur ein bisschen …«
» Und wie sieht es mit Botanik aus?«, fragte der Professor weiter.
Botanik. Sofia fiel dabei ein, wie sie in der zweiten Klasse Bohnen hatten keimen lassen. » Gemüse haben wir mal durchgenommen. Die Schwestern haben uns gezeigt, wie man aus Samen Nutzpflanzen wachsen lässt«, erklärte sie etwas hochtrabend in dem Versuch, diese lange zurückliegende Erfahrung gut zu verkaufen.
» Hm …« Der Professor kniff die Augen zusammen, so als wolle er sie noch aufmerksamer betrachten. » Und Mythologie? Altnordische Sagen? Griechische Sagen?«
Sofia fühlte sich immer unwohler. Klar, sie hatte Sagenbücher gelesen, und das hatte ihr sogar Spaß gemacht, weil sie die Geschichten spannend fand. Doch über die bekanntesten Mythen war sie nie hinausgekommen. Mittlerweile war sie sich sicher, dass der Professor einen schlechten Eindruck von ihr bekommen musste. Sie gab es auf: » Nein, tut mir leid, in Mythologie bin ich auch keine große Leuchte«, murmelte sie, während sie noch mehr zusammensackte auf ihrem Stuhl und nur noch den Wunsch hatte, sich in Luft aufzulösen.
Professor Schlafen schwieg eine Weile, so als bedenke er ihre Worte. Dann schlug er sich mit der flachen Hand auf die Oberschenkel und machte Anstalten aufzustehen. » Nun ja, da müssen wir wohl ein wenig nachhelfen. Aber das habe ich auch nicht anders erwartet.«
Sofia blickte ihn fragend an.
» Ich wohne gar nicht weit von hier entfernt. In einem alten Anwesen am Albaner See. Weißt du, wo das ist?«
Von diesem See hatte sie schon mal gehört. Der lag südlich von Rom in einer Hügellandschaft, die für ihre Herrenhäuser bekannt war. Dort wurde, wie sie wusste, auch ein guter Wein angebaut, und die Römer machten gerne Ausflüge dorthin, um Grillferkel, die dortige Spezialität, zu essen. Sie nickte schwach.
» Na wunderbar«, murmelte der Professor. » Ich habe mich dorthin zurückgezogen, um mich ganz meinen Forschungen zu widmen. Es ist ein sehr ruhiger, abgeschiedener, ja in gewisser Weise mystischer Ort. Du wirst bei mir lernen und mir auch bei meiner Arbeit zur Hand gehen. Das heißt, du kümmerst dich um die Ordnung in der Bibliothek, schreibst Sachen für mich heraus …«
Und damit begann er, eine ganze Liste von Aufgaben herunterzuleiern, von der Sofia wenig mitbekam. Zwei Worte hatten ihre Aufmerksamkeit gefesselt. Du wirst, hatte der Professor gesagt.
» Das heißt, Sie wollen mich wirklich zu sich nehmen?«, fragte sie sichtlich beeindruckt.
Der Professor hielt inne. » Ja, natürlich, was glaubst du denn? Morgen komme ich dich abholen.«
Sofia schluckte. » Aber haben Sie denn keinen schlechten Eindruck von mir? Ich meine, ich hab doch kaum was gewusst von den Sachen, die Sie mich gefragt haben, und außerdem …«
» Darauf kam es mir nicht an«, unterbrach er sie. » Ich wollte bloß wissen, wie weit du bist. Damit du mir richtig helfen kannst, musst du noch eine Menge lernen. Das verstehst du doch, oder? Aber du wirst sehen, auch das Lernen wird dir Spaß machen.«
Sein wohlwollendes Lächeln stimmte Sofia hoffnungsvoll, und dennoch wusste sie nicht, was sie antworten sollte. Etwas Unfassbares ging da vor sich, und sie hatte Mühe, sich klarzumachen, dass sie nicht träumte.
Der Professor bemerkte ihre ungläubige Miene und versicherte ihr noch einmal: » Glaub mir, Sofia, dass du mit mir kommen wirst, stand von vorneherein fest. Dazu brauchte ich dich gar nicht zu treffen. Das wusste ich bereits, als ich endlich herausgefunden hatte, wo du steckst: Das Schicksal hat uns zusammengeführt, Sofia, und es hat alles seine Richtigkeit.«
Tja, vielleicht stimmte es ja tatsächlich.
» Natürlich wird die erste Zeit nicht ganz leicht für dich. Es wird ja alles ganz neu für dich sein. Aber mein Haus ist sehr schön, vor allem wunderbar gelegen, und du wirst dich schnell eingewöhnen …«
» Das ist es ja gar nicht«, unterbrach ihn Sofia, » ich bin nur so durcheinander, weil ich es nicht fassen kann. Dass ich diesen Tag einmal erleben würde, habe ich schon nicht mehr geglaubt …«
Und während sie das sagte, verzog sich ihr Gesicht zu einem befreiten Lächeln, dem ersten, seit dieses Gespräch begonnen hatte.
» Aber jetzt ist er da«, antwortete der Professor, wobei er ihr Lächeln erwiderte. » Und es musste so kommen, denn es stand in den
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