Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat

Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat

Titel: Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
Vom Netzwerk:
sie selbst. Und diese Schwäche rührte sie und machte Lidja noch liebenswerter. »Verzeih mir, wie konnte ich nur so dumm sein!«
    Sie spürte, wie Lidjas Hände ihren Rücken streichelten und wie sie das Gesicht an ihrer Schulter verbarg. Dann löste sie sich plötzlich von ihr. »Komm, wir haben noch viel zu tun«, erklärte sie mit fester Stimme und war mit einem Mal wieder die Lidja, die Sofia kannte, stark, selbstbewusst, entschlossen. »Wir essen noch was zu Mittag, und dann machen wir uns an die Arbeit und lernen ein paar Stunden.«

    Eines konnte Sofia immerhin durchsetzen. Den Clown musste sie nicht mehr geben. Lidja kam ihr dabei sogar zu Hilfe.
    »Als Clown fühlt sie sich einfach unwohl. Deshalb sollten wir sie nicht dazu zwingen«, sagte sie, als sie alle zusammen bei Tisch saßen.
    Die beiden Clowns blickten sie bestürzt an. »Aber wieso denn? Sie macht das doch großartig«, wandte Martina ein.
    »Das bezweifle ich ja gar nicht. Ganz im Gegenteil, ich denke da genau wie ihr. Aber sie hat eben keine Lust dazu. Es sind nun mal nicht alle Menschen für große Auftritte geschaffen. Später vielleicht, da kann sie es ja noch mal probieren.«
    ›Nie im Leben‹, dachte Sofia, nickte aber brav.
    »Aber zumindest die Torten für unsere Nummer kannst du uns doch noch bringen?!«
    Sofia erstarrte vor Schreck. Sie wollte sich schon mit einem lauten »Nein!« Luft zu machen, als Lidja ihr zuvorkam. »Ja, das macht sie. Aber ungeschminkt. Und nicht als Clown. Sie kann eines von meinen Kostümen dazu anziehen.«
    »Aber nicht so ein knappes, sondern ein ordentliches«, stellte Sofia sogleich klar. »Und diese Quadratlatschen will ich nie mehr sehen. Ich mache das nur, wenn nicht die geringste Gefahr besteht, dass ich irgendwie mit diesen verfluchten Torten in Berührung komme.«
    Martina und Carlo nickten ein wenig betrübt. Sofia war fast erleichtert: Mit diesem Kompromiss konnte sie leben.
    Vor der Vorstellung wurde sie an die Kasse gesetzt. Diese Aufgabe hatte sie schon mehrmals übernommen. Hier musste sie den Eintritt kassieren, die Karten abreißen und dabei die Leute anlächeln. Das war entschieden besser, als sich kopfüber in Tortencreme zu stürzen. Außerdem machte es ihr sogar Spaß, dort zu sitzen. All die fremden Leute zu beobachten, brachte sie auf andere Gedanken. Jedes Gesicht schaute sie sich genau an und versuchte zu erraten, was für ein Leben sich wohl dahinter verbarg.
    Ein älteres Paar mit einem kleinen Jungen an der Hand: sehr wahrscheinlich Großeltern mit ihrem Enkel.
    Ein junges Mädchen mit einem gut aussehenden Jungen: bestimmt ein Pärchen, das einen schönen Abend verleben möchte.
    Die meisten Besucher waren natürlich Kinder, wie es im Zirkus üblich war: Kinder überall, Kinder in der Warteschlange, um sich auf Orsolas Rücken fotografieren zu lassen, lachende Kinder, weinende Kinder, trotzige Kinder oder solche, die brav neben den Eltern herliefen. Familien.
    Halb traurig, halb neugierig, beobachtete Sofia sie. Wie mochte es sich wohl anfühlen, eine Mutter zu haben, von der man vor dem Einschlafen zugedeckt wurde und einen Gutenachtkuss bekam?
    Sie dachte an ihre eigene Mutter, die der Professor nie erwähnte. Und wenn sie versuchte, ihn etwas über sie zu fragen, wich er aus und wechselte rasch das Thema. Er hatte ihr noch nicht einmal gesagt, ob sie noch lebte oder schon tot war. Dabei musste er es doch wissen. Schließlich hatte er ihren Vater kennengelernt und einmal beiläufig erwähnt, dass sie keine Drakonianerin war. Bestimmt wusste er noch mehr über sie.
    ›Würde sie noch leben, hätte sie garantiert nach mir gesucht. Dann wäre sie irgendwann im Waisenhaus aufgetaucht und hätte mich dort herausgeholt. So machen das Mütter‹, dachte sie wieder einmal.
    »He!«
    Sofia schrak auf.
    Sie war so in Gedanken versunken, dass sie die Warteschlange vor der Kasse ganz vergessen hatte.
    »Entschuldigung«, murmelte sie, ohne den Kopf zu heben, und legte eine Hand auf den Block mit den Eintrittskarten. »Wie viele bekommen Sie noch mal?« Sie hob den Blick.
    Und erstarrte.
    Vor ihr stand kein Erwachsener, sondern ein Junge, etwa ein Jahr älter als sie. Er hatte einen Lockenkopf, aber nicht aus so schrecklich störrischen krausen Haaren wie sie selbst, diesem roten Stroh, das auf ihrem Kopf ein unentwirrbares Knäuel bildete. Seine geschwungenen Locken fielen ihm sanft in den Nacken und sahen aus wie Schnecken, die ein Bildhauer modelliert hatte. Er hatte dunkelbraune

Weitere Kostenlose Bücher