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Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat

Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat

Titel: Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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beobachtete sie die Clowns: Martina jonglierte mit Kegeln, ließ sie geschickt durch die Luft wirbeln und ging dann dazu über, sie Carlo zuzuwerfen. Doch der bekam keinen einzigen zu fassen. Jeder Kegel landete an seiner Brust, und staunend sah er zu, wie sie von dort zu Boden fielen. Die Kinder lachten wie verrückt.
    Sofia wandte den Blick ab und ging im Geiste noch einmal ihren Auftritt durch. Es war im Grunde wirklich ganz einfach. Sie brauchte sich nur den Servierwagen mit den Torten zu schnappen und ihn in die Manege zu Carlo und Martina zu schieben. Dann machte sie kehrt und verschwand wieder hinter der Bühne. Fünf, sechs Schritte, viel mehr waren es nicht. Das würde sie wohl hinbekommen. ›Sechs Schritte, du lässt den Wagen stehen und machst dich davon. Fertig.‹
    Jetzt sah sie, dass sich Martina und Carlo schon zu ihr umgedreht hatten und auf sie warteten, während das Publikum verstummt war. Sie schluckte.
    ›Okay, dann mal los!‹
    Sie ergriff den Servierwagen und schob ihn durch den Vorhang. Hier und da klatschte zaghaft ein Zuschauer, doch der überwiegende Teil des Publikums beobachtete sie stumm. Sofia stellte sich vor, was die Leute sahen: einen Clown mit todernster Miene, der einen Servierwagen schob. Sehr lustig! Sie ging weiter. Drei Schritte hatte sie schon zurückgelegt. Es war wirklich nicht einfach, mit diesen Tretern vorwärts zu kommen, und auch der Wagen rollte nicht gut. Die Schuhe waren so lang wie Goofys Latschen, vielleicht sogar noch länger, und sie verbogen sich jedes Mal, wenn sie einen Fuß vom Boden hob. Und wenn sie ihn wieder aufsetzte, stob eine Wolke aus Sägespänen auf.
    ›Du machst das gut‹, ermunterte sie sich selbst. ›Gleich hast du’s hinter dir.‹
    Vier Schritte.
    ›Kurz und schmerzlos. Siehst du, wie leicht das ist.‹
    Fünf Schri… Da passierte es: Beim fünften Schritt verhakten sich die Riesenlatschen und brachten sie aus dem Gleichgewicht, sie stolperte und stürzte nach vorn.
    Es war wie in einem Horrorfilm. Wie in Zeitlupe erlebte Sofia mit, wie sie, ihren dicken Clownshintern in die Höhe gereckt, mit dem Gesicht in die Torten eintauchte. Es gab ein ohrenbetäubendes PLATSCH … Dann Stille. Der Augenblick dauerte eine Ewigkeit. Dann lachte jemand im Publikum auf, und sein Lachen steckte die anderen an, sprang über wie ein Funke im trockenen Unterholz, der einen ganzen Wald in Brand setzt, während Sofia mit dem Gesicht in der Sahnetorte steckte, die fast so groß war wie sie selbst, und kaum noch Luft bekam.
    Endlich packte sie jemand am Hosenboden und zog sie hoch. Durch Sahne und Biskuitbrösel, die ihr die Augen verkleisterten, erkannte sie undeutlich Martinas grinsendes Gesicht. Sie versuchte, eine Entschuldigung zu stammeln, doch dabei kam ihr ein Stück Tortenboden in den Hals, und sie musste husten. Das Publikum tobte vor Lachen.
    Begleitet von immer lauter werdendem Beifall und Gelächter rannte Sofia hustend davon, so schnell es die Quadratlatschen erlaubten. Den Kopf gesenkt, schoss sie durch die Kulisse, entfloh den Zirkuskollegen, die ihr lächelnd nachsahen. Das eine oder andere »Donnerwetter, du hast wirklich was drauf« oder »Mensch, das war ja ein Galaauftritt« hörte sie gar nicht mehr. Sie rannte in die Garderobe, schlug die Tür hinter sich zu und hockte sich vor den Spiegel. Es war geschafft. Gott sei Dank, sie hatte es wenigstens hinter sich.
    Sie blickte in ihr Spiegelbild und fand ihr Gesicht so traurig und lächerlich wie noch nie. Der Drang zu weinen war übermächtig, aber sie hielt die Tränen zurück. Denn vor einigen Monaten hatte sie sich geschworen, dass sie von nun an endlich stark sein wollte, dass Schluss damit sei, dass alle Welt auf ihr herumtrampelte. Aber eine enorme Wut überkam sie: auf Lidja und auf Alma, die Zirkusbesitzerin, und auf alle Leute, die hier arbeiteten. Doch vor allem auf Professor Schlafen, ihren Adoptivvater, der eines Tages plötzlich seine sieben Sachen gepackt, sich davongemacht und sie hier unter diesen Fremden allein gelassen hatte. Das hatte sie tief gekränkt, und sie wusste nicht, wie sie ihm das jemals verzeihen sollte.

2
Wie Sofia zum Zirkus kam
    Anfangs hatte Sofia geglaubt, der Professor wolle sie für ihre Unfähigkeit bestrafen. Schließlich waren seit ihrer ersten Auseinandersetzung mit Nidhoggr mittlerweile neun Monate vergangen, und seitdem hatte sie nichts Ordentliches mehr zuwege gebracht. Klar, damals hatten sie die erste Frucht erobern können – eines der fünf

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