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Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat

Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat

Titel: Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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er wieder Besitz von der Erde ergriff, die einmal sein eigen war.
    Der Junge zitterte und wand sich, um sich aus Ratatoskrs eisernem Griff zu befreien.
    »Halt still, du hast nichts zu fürchten. Es ist sein Reich, das wiederaufersteht. Aber sieh genau hin: Das ist nur ein matter Abklatsch dessen, was passiert, wenn unser Herr leibhaftig auf die Erde zurückkehrt.«
    Dann hellte sich plötzlich alles auf. Ein einzelner Lichtfunke schlich sich in die Finsternis und schaffte es ganz allein, einen sanften Schein zu verbreiten. Die harte schwarze Rinde des Nussbaums schien sich zu öffnen und offenbarte ein strahlendes Herz. Nach all der Dunkelheit gewöhnten sich Fabios Augen nur mühsam an die Helligkeit, aber dann erkannte er, wie sich in diesem Licht eine Gestalt abzuzeichnen begann. Schlank und feingliedrig, trat ein junges Mädchen Schritt für Schritt aus dem Innern des Baumes. Langsam schälten sich die Umrisse seines schlichten weißen Gewandes heraus, und je klarer es hervortrat, desto beruhigender und wärmer wirkte das Blütenweiß des Stoffes. Die Taille war mit einem goldenen Band umgürtet, während die Arme entblößt waren und keinerlei Schmuck trugen. Das Haar war lang und kastanienbraun, die Augen waren geschlossen. Das Mädchen schien zu schlummern. Die Hände waren auf Brusthöhe gefaltet, so als verberge es dort etwas Helles, Warmes, Wohltuendes.
    Fabio überkam ein Gefühl unermesslichen Friedens, und all die Angst, die er gerade noch ausgestanden hatte, war mit einem Mal verflogen.
    ›Idhunn!‹
    Das war der Name des Mädchens, und allein schon diesen Namen zu denken erfüllte sein Herz mit einer Sanftmut, wie er sie noch nie erlebt hatte. Fabio war so bewegt, dass ihm die Tränen kamen. Dabei erkannte er sie eigentlich nicht, hatte keinerlei Erinnerung an ihren schlanken Körper oder ihre braunen Augen, die sich nun langsam öffneten. Doch er spürte, dass er auf bestimmte Weise mit ihr verbunden war, dass er sie liebte, ja, er liebte sie, wie er nur seine Mutter geliebt hatte, in lange zurückliegenden Zeiten, als es in seinem Leben noch Herzenswärme gegeben hatte.
    Idhunn schlug die Augen auf, und ihre Blicke trafen sich: Fabio war, als blitze so etwas wie Verständnis bei ihr auf, so als habe sie ihn wiedererkannt. Voller Zuneigung sah sie ihn an, aber auch voller Bedauern, wie jemand, der einen geliebten Menschen wiederfindet, von dem er viel zu lange getrennt war.
    Einen Moment lang kam es ihm so vor, als strecke Idhunn lächelnd eine Hand zu ihm aus, und schließlich erkannte er den Gegenstand, den sie an der Brust verborgen hatte: eine strahlend hell leuchtende, golden glitzernde Kugel. Doch da stießen ihre Finger gegen eine unsichtbare Barriere, und schwarze Blitze zuckten auf. Wie aus dem Nichts entstand um sie herum ein Käfig aus finsteren Blitzen, der sie daran hinderte, aus dem Innern des Nussbaumes hervorzutreten. Das Lächeln wich aus ihrem Gesicht und machte Entsetzen Platz. Sie kniff die Augen zusammen, und ein verzweifelter Schrei entfuhr ihrem Mund.
    Das helle Licht, das ihre Gestalt verströmt hatte, erlosch, und Fabio sah nun den gesamten zerstörerischen Wald, der Benevent heimgesucht hatte.
    Endlich ließ Ratatoskr ihn los. Der Junge sank zu Boden und starrte dabei unentwegt auf Idhunn, die sich in ihrem Käfig hin und her warf. Sobald sie aber die Stäbe berührte, stoben schwarze Funken auf. Sie schrie vor Schmerz, die linke Hand verkrampft an der Stirn, während sie mit der rechten die Kugel an sich presste, die immer noch leuchtete, als einzige Lichtquelle in dieser Dunkelheit.
    Mit einem Ruck drehte sich Fabio zu Ratatoskr um. »Lass sie frei!«
    Der lächelte böse. »Beruhig dich. Gleich ist alles vorüber.«
    Da hob Fabio die Hand, und eine Klinge blitzte auf, die er Ratatoskr mit einer raschen Bewegung an die Kehle setzte: »Ich habe gesagt, du sollst sie freilassen.«
    Ratatoskr grinste weiter. »Du kannst mir nichts anhaben. Hier nicht. Das ist mein Territorium, hier befehle ich. Schau dich nur um: So wird die ganze Welt aussehen, wenn Nidhoggr wiederkehrt.«
    Fabio stieß ihn fort und rannte zu dem Mädchen. Er würde es befreien, würde den Käfig aufbrechen und es in Sicherheit bringen. Doch während er noch zu ihm lief, erlahmten plötzlich seine Beine und eine entsetzliche Kälte durchfuhr seine Glieder.

17
Im Wald verirrt
    Das Erste, was sie spürte, war ein stechender Schmerz im Kopf. Sofia betastete das Mal auf der Stirn. Diese einfache Bewegung

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