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Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Titel: Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Alderwood
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Weib!«
    Gerun fuhr entsetzt zusammen und schaute sich um. Doch da war niemand zu sehen. Die Pferde hatten inzwischen selbst zum Wasser gefunden, der schmale Weg und die Wiese hier waren menschenleer. Aus dem nahen Wald krochen schon die ersten schwarzen Schatten der Nacht. Kam die krächzende Stimme von dort? Wer verbarg sich zwischen den Baumstämmen? Wollte er ihnen Böses? Gerun tastete nach dem Jagddolch an Nadifs Gürtel, der einzigen Waffe, die man ihm gelassen hatte.
    »Huh, soll ich jetzt Angst bekommen vor dem großen scharfen Messer?« Der Unsichtbare lachte keckernd.
    »Wo steckst du? Zeige dich, du Feigling!« Gerun zerrte den Dolch aus der Scheide und streckte ihn in die Luft. Das war keine besonders eindrucksvolle Geste, denn sie hockte noch immer neben Nadif auf dem Boden, und vor allem, sie zitterte vor Angst, was auch dem unaufmerksamsten Beobachter nicht entgehen konnte.
    Das Lachen hielt an und schien näher zu kommen. Gerun fuhr herum. War da nicht eben so etwas wie ein Windhauch hinter ihrem Rücken gewesen?
    »Wie ich schon sagte: Dummes Weib!«, ertönte die Stimme jetzt von der anderen Seite. Und nah, sehr nah!
    Hinter Nadifs zusammengerolltem Körper wurden die durchscheinenden Konturen einer kleinen Gestalt sichtbar. Verblüfft ließ Gerun den Dolch sinken. Das Männlein, das aus dem Nichts heraus nach und nach menschenähnliche Formen annahm, war das hässlichste Ding, das sie je in ihrem Leben gesehen hatte. Sein knubbelrunder Bauch war mit einem grünen Wams bekleidet, aus dem dürre Arme und Beine wie die zittrigen Gliedmaßen einer Spinne hervorragten. Auf einem ebenso dürren Hals schaukelte ein überproportionierter Kopf, den eine schiefe Hakennase und hervorquellende Augen zierten. Der breitrandige Hut wurde von abstehenden, spitz zulaufenden Ohren gehalten. Die Krönung seiner Erscheinung waren jedoch zwei schwarzbraune, ledrige Flügelchen auf seinem Rücken, für die extra Schlitze in das Wams eingearbeitet waren.
    »Oh!«, machte Gerun.
    »Oh!« Der kaum kniehohe Wicht stampfte mit dem Fuß auf. »Mehr könnt ihr Menschen wohl nicht sagen? Kaum lasse ich mich einmal sehen, bekomme ich immer nur ein so dämliches Oh zu hören!«
    »Oh, doch!« Gerun schob den Dolch wieder an seinen Platz in Nadifs Gürtel. »Also, ich will damit sagen, dass ich doch etwas anderes von mir geben kann als Oh! Bist du ein Waldgnom oder ein Kobold?«
    »Wie bitte? Kobold? Gnom?« Wieder stampfte das Wesen mit seinem klitzekleinen Stiefel auf. »Erkennt man denn nicht deutlich, dass ich ein Elf bin? Hier, sieh her: Spitze Ohren!«
    Der Kleine zupfte an den struppigen Haarbüscheln, die seine Ohren zierten wie bei einem Luchs. Dann spreizte er die Flügel, was ihm das Aussehen eines verunglückten Käfers gab. »Und Flügel! Elfenflügel! Sieht man doch ganz deutlich, dumme Menschin!«
    »Ich heiße Gerun!«, erwiderte die junge Frau und stopfte sich die Haarsträhnen, die sich unter ihrer Haube hervorgestohlen hatten, wieder zurück. Langsam ließ das Zittern der Hände nach. Der Elf machte keinen gefährlichen Eindruck. Wenn er überhaupt ein Elf war! Gerun war mit zahllosen Geschichten um die unheimlichen und zauberkundigen Wesen aus der Anderswelt aufgewachsen, aber ihr wäre nicht im Traum eingefallen, dass sie tatsächlich existierten.
    »Du siehst überhaupt nicht aus wie ein Elf! Elfen sollen durchscheinende, zierliche Geschöpfe sein, die in bunten Farben glimmern und elegant mit Libellenflügeln von Blüte zu Blüte gleiten!«
    »Von Blüte zu Blüte? So ein Unfug! Was sollen wir da? Nektar rüsseln wie die Bienen? Ein guter Schluck Branntwein ist mir lieber! Habt ihr welchen dabei?« 
    »Das weiß ich nicht. Ich habe noch nicht nachgesehen, was in den Satteltaschen an Proviant vorhanden ist. Kannst du nicht sehen, dass ich mich hier um einen Kranken sorgen muss? Wie heißt du überhaupt?«
    »Meinen wirklichen Namen kann deine faule Menschenzunge sowieso nicht aussprechen. Aber du darfst mich Nuffl nennen!«
    »Nuffl?« Gerun verschluckte ein Lachen, um den merkwürdigen Zwerg nicht zu kränken. »Also gut, Nuffl, möchtest du dann mit mir etwas essen? Aber zunächst muss ich mich um Nadif kümmern! Vielleicht kann ich ihm etwas Wasser einflößen und kalte nasse Wickel um seine Waden machen. Ich wünschte, ich könnte ihn zu einem Heiler bringen!«
    »Was hat der Mensch?« Der Elf trat noch etwas näher und beäugte Nadifs entstelltes Gesicht. Fachkundig nickte er. »Drachenatem, ganz

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