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Drachenspiele - Roman

Titel: Drachenspiele - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blessing <Deutschland>
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solches Umweltverbrechen schreiben darf. Aber so lange können wir nicht warten. Wenn Sie das Material mit nach Hongkong
nehmen und der Presse geben, wird es Schlagzeilen machen. Vielleicht sogar international. Was meinen Sie?«
    Paul nickte wortlos.
    Â»Das wird die Behörden hier unter Druck setzen. Ein guter Anwalt in Shanghai, Chen vielleicht, müsste damit für die Familie einiges erreichen können.«
    Â»Sie vertrauen Chen? Er war heute sehr kurz am Telefon …«
    Â»Chen ist in Ordnung«, versicherte Wang.
    Â»Ich dachte«, wandte Paul ein, »kein Richter wäre bereit, den Fall …«
    Â»Nicht offiziell natürlich. Mit diesem Material wird Sanlitun ernste Probleme bekommen und bei geschicktem Verhandeln zu Konzessionen bereit sein. Das versichere ich Ihnen.«
    Â»Soll ich das alles mitnehmen?«, fragte Paul noch immer ungläubig.
    Â»Ja. Und kein Wort darüber, von wem Sie die Unterlagen haben. Niemals. Sie kennen China. Sie wissen, was das für mich bedeuten würde.«
    Paul nickte noch einmal. »Aber ich frage mich … Ich meine, weshalb gehen Sie dieses Risiko ein, warum helfen Sie …« Er war nicht in der Lage, den Satz zu Ende zu bringen.
    Wang zuckte mit den Schultern. »Wenn ich das wüsste«, antwortete er, nun wieder mit dem Anflug eines ironischen Lächelns im Gesicht. »Als Journalist muss man eine Menge aushalten. Ich habe mich daran gewöhnt, ich will nicht sagen, zu lügen, aber die Wahrheit zu verschweigen. Als ich hörte, dass Yin-Yin verschwunden ist, wusste ich, was sie mit ihr vorhaben.« Er machte eine nachdenkliche Pause. »Vielleicht sind sie einfach zu weit gegangen.« Er steckte die Papiere wieder in die Tasche und gab sie Paul. »Lassen Sie sie nicht
aus den Augen. Legen Sie sie unter ihr Kopfkissen. Nehmen Sie sie mit auf die Toilette. Für Yin-Yin sind sie so gut wie eine Lebensversicherung.«
    Paul war überrascht, wie schwer die Tasche in den Händen lag. Er wollte so schnell wie möglich zurück ins Hotel, um die Papiere in Ruhe studieren zu können.
    Â»Es ist vielleicht am besten, Sie bleiben heute Abend auf Ihrem Zimmer«, schlug Wang vor. »Wie kommen Sie morgen zurück nach Shanghai?«
    Â»Ich habe einen Fahrer mit Wagen. Auf dem Weg werde ich noch bei Da Long anhalten. Am Nachmittag rede ich mit Chen, übermorgen fliege ich zurück nach Hongkong.«
    Â»Sprechen Sie auf keinen Fall am Telefon darüber, solange Sie in China sind.«
    Â»Keine Sorge.«
    Wang stand auf. »Ich muss zurück in die Redaktion. Vorher bringe ich Sie wieder zum Hotel.«
    Sie gingen denselben Weg so schweigend zurück, wie sie gekommen waren. Paul umklammerte die Tasche mit beiden Armen, er war zu sehr in Gedanken vertieft, um zu reden. Wenn es stimmte, was Wang sagte, hielt er Material in den Händen, von dem er früher als Journalist geträumt hatte. Die Tageszeitungen in Hongkong würden sich darauf stürzen, zumindest Apple und die South China Morning Post . Das Asian Wall Street Journal sollte Interesse haben, die International Herald Tribune ebenso wie die BBC. Spätestens ihre Berichte würden für Yin-Yins Freiheit und eine Entschädigung Da Longs sorgen. Er durfte jetzt nur keinen Fehler machen und wollte sich so schnell wie möglich mit Chen beraten.
    Wang verabschiedete sich vor dem Grand New Era. Paul hatte es plötzlich eilig, weil er dringend auf die Toilette
musste. Das Klo in der Lobby wurde gerade gereinigt, der Fahrstuhl dauerte zu lang, er nahm die Treppen in den zweiten Stock, lief den Flur entlang, zog hastig seine Schlüsselkarte durch den Spalt über der Klinke, musste es ein zweites und ein drittes Mal versuchen, bis endlich das grüne Lämpchen leuchtete. Er stieß die Tür auf, steckte die Karte in die Dose neben dem Eingang, ging sofort ins Bad und legte die Akten neben das Waschbecken. Er hörte ein Geräusch, und bevor er begriff, was geschah, war das Licht erloschen. Jemand hatte seine Zimmerkarte herausgezogen und die Stromzufuhr unterbrochen.
    Es war so finster, dass Paul nicht einmal die Umrisse der Toilette, der Dusche oder der Tür erkennen konnte.
    Â»Hallo?« Er wünschte, seine Stimme hätte fester geklungen.
    Statt einer Antwort vernahm er heftiges Atmen nur wenige Meter von ihm entfernt. Es stank nach Knoblauch. Paul spürte das Pochen seines Herzens bis in den Hals, er streckte die

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