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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Männer«, mahnte ein älterer Krieger. » Im Augenblick stehen wir unter dem Schutz des Flusses, und ich hoffe, er führt uns nach Hause.«
    Kemaq sah, dass sein Bruder drauf und dran war, den Streit noch zu verschärfen, also stand er schnell auf und sagte: » Dieser Mann hat Recht. Der Frühlingsfluss verbirgt uns mit seinem Schilf vor den Fremden, aber er wird uns nicht nach Hause führen, wenn wir hier sitzen und streiten. Lasst uns weitergehen, denn wir haben genug gerastet.«
    Die Männer erhoben sich aus dem Schilf. Kemaq zählte zwanzig, und einige waren verwundet. Der Yunga nickte ihm zu: » Es heißt, das Glück sei mit dir, Chaski. Ich denke, es wäre gut, wenn du uns weiter führen würdest.«
    » Aber ich bin der Priester Intis!«, rief Qupay aufgebracht.
    » Das wissen wir, Priester«, entgegnete der Yunga, » und wir werden gerne zu dir kommen, wenn wir wieder im Tempel sind und deinen Rat zu unseren Opfern brauchen, doch hier draußen vertraue ich lieber auf die Erfahrung eines Läufers, der das Land in den Beinen hat, wie man so sagt.«
    Kemaq war nicht besonders glücklich über diesen Vorschlag. Er war ein Läufer, gewohnt, Botschaften zu übermitteln und klare Aufträge auszuführen, und nicht darin geübt, anderen den Weg zu weisen. Er zögerte. Qupay sandte ihm einen ausgesprochen eisigen Blick zu, aber ihm sollte man, da stimmte Kemaq dem Yunga insgeheim zu, die Führung besser nicht überlassen. Er seufzte: » Gut, wir werden dem Fluss stromaufwärts folgen, bis wir den Fuß der Berge erreichen. Dann sehen wir weiter.« Sie brachen auf, und die Unverletzten stützten die Verwundeten. Kemaq bat den Yunga, zunächst vorauszugehen. Er wollte mit Qupay reden. Sein Bruder kam ganz am Ende des Zuges, und sein Gesicht war wie versteinert, als er, ohne Kemaq eines Blickes zu würdigen, an ihm vorüberschritt.
    Es war bereits Nachmittag, als die Kanonen der Konquistadoren rumpelnd zurück auf den großen Platz gerollt wurden. Mila saß auf der obersten Plattform des Mondtempels und lauschte. Drüben im Palast sprachen die drei Obersten des Ordens mit Pizarro und seinen Hauptleuten. Doch was hieß » sprach«? Sie stritten so laut, dass Mila es bis zum Tempel des Mondgottes hatte hören können – bis jetzt, da die Kanonen auf den Platz gerollt wurden und der Lärm ihrer eisenbeschlagenen Räder alles übertönte.
    » Glaubst du, was Don Francisco sagt?«, fragte sie Nabu. Noch auf dem Schlachtfeld hatte Pizarro seine Arkebusiere streng verhört, aber keiner von denen wollte es gewesen sein, und sie beschworen ihre Unschuld samt und sonders bei der Jungfrau Maria und allen Heiligen. Der Drache antwortete nicht, und Mila hörte jemanden herankeuchen.
    Nabu knurrte. » Der Stinker. Der hat mir gerade noch gefehlt.«
    » Ah, Comtesse Mila!«, rief der Alchemist.
    » Er soll mir nicht zu nahe kommen«, brummte Nabu.
    Um die Situation zu entschärfen, erhob sich Mila und ging dem Alchemisten entgegen. Sie hörte ihn mit Papieren rascheln, als er näher kam.
    » Ich grüße Euch, Meister Nabu«, rief der Gelehrte übertrieben freundlich.
    Der Drache schnaubte nur verächtlich, und Mila hörte, dass er sich abwandte.
    » Ich grüße Euch, Meister Albrecht, was führt Euch hierher?«, fragte sie nun ihrerseits.
    » Die Wissenschaft, die Wissenschaft, Comtesse. Ich will mir diesen Tempel endlich näher ansehen.«
    » Was interessiert Euch daran?«, fragte Mila höflich.
    » Ach, wenn Ihr es nur sehen könntet, Comtesse! Die bunten Farben jedes einzelnen Stockwerks, die Reliefs mit den Drachen, die Regenbogen gleichen, die abstrakten und strengen Muster dazwischen, oder die Statuen, die sie hier aufgestellt haben.«
    Mila wusste gar nicht, dass es am Tempel Statuen gab. Nabu hatte sie nicht erwähnt, und wieder einmal fiel ihr auf, wie viel sie versäumte.
    » Statuen?«
    » Ja, die Priester würden sie am liebsten zerstören, glaube ich, aber sie sind zu sehr damit beschäftigt, den Heiden in dieser Stadt das Christentum näherzubringen.«
    » Davon habe ich gehört«, gab Mila zurück. Tatsächlich hatte sie erfahren, dass die Priester sofort nach der Schlacht aufgebrochen waren, um die Indios zu bekehren. Die Waffenknechte des Ordens hatten sie begleitet. Mila fröstelte, denn zur selben Zeit waren die Konquistadoren draußen auf dem Schlachtfeld noch damit beschäftigt gewesen, den gefallenen Indios ihren Gold- und Silberschmuck zu rauben.
    » Aber Ihr macht ein betrübtes Gesicht, Comtesse. Ist etwas nicht

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